PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen
über den Sollwerten: Die Splitterimmunen und die wenigen, die sich wie das Haus Trazyn aus ethischen Gründen gegen die Escaran-Harmoniebewahrer ausgesprochen haben, verstehen das generelle Ziel der Jyrescaboro. Sie werden keinen Konflikt mit dem Reich der Harmonie suchen. Ich habe sie alle einen Eid schwören lassen, bevor ich sie zu vollwertigen Mitgliedern der Jyrescaboro gemacht habe.«
»Und du gehst davon aus, dass sie sich diesem Eid verpflichtet fühlen?«
»Dafür stehe ich mit meiner Maske. Gewiss – nach Jahrhunderten absoluter Reichstreue stehen die meisten Verbannten der neuen Situation fassungslos gegenüber. Aber so stark die Abneigung, bei vielen sogar der Hass gegenüber dem Herzograt sein mag: Alle verstehen, dass wir dem Reich weder diplomatisch noch militärisch etwas entgegenzusetzen haben. Ab dem Moment, an dem das Reich der Harmonie uns als Gefährdung einstuft, wird niemand von uns mehr sicher sein. Sie verstehen, dass wir im Untergrund operieren müssen, um allen Splitterimmunen und Verbannten helfen zu können.«
Sie blickte kurz zu Ranhan und dann wieder zurück zum Herzog. »Ich zweifle deshalb nicht an den Mitgliedern der Jyrescaboro, weil sie nur dank unserer Organisation zumindest einen Hoffnungsschimmer auf ein gutes Leben haben. Zudem unternehmen sie alles, damit die Jyrescaboro genügend Ressourcen erhält, um weiter Flüchtlinge aufnehmen und operieren zu können. Täglich erhalten wir aus den Vorräten der verstoßenen Familien Nahrungsmittel, Maschinen und die dringend benötigten Medikamente.«
»Und wie steht es mit der Suche nach weiteren Welten mit annehmbaren Lebensbedingungen?«
Arjyana griff sich an das Handgelenk und rief über das Syrr-Datenarmband Informationen ab. »Derzeit habe ich die Position von vier Welten mit perfekten und einunddreißig Planeten mit annehmbaren Bedingungen erhalten. Noch habe ich aber nicht von allen neu aufgenommenen Mitgliedern der Jyrescaboro Rückmeldungen auf meinen Aufruf erhalten.«
Der Herzog nickte. »Dann sieh zu, dass wir diese Informationen rasch erhalten. Solange sich alle Verbannten auf Jyrescabat aufhalten, gehen wir ein hohes Klumpenrisiko ein. Zudem nehme ich an, dass auch Ranhan daran interessiert wäre, seine Versuche mit dem Syrr auf anderen Planeten fortsetzen zu können.«
Ein Aufzucken ging durch die Ranken, die Ranhan umspielten. Offenbar war er bisher auf diese Lösung noch nicht gekommen.
»Das werde ich tun«, sagte Arjyana.
Tryhan lächelte hinter seiner Maske. Die Tochter würde einst eine fähige Herzogin sein.
9.
Im Hintergrund zählte eine Automatenstimme den Countdown herunter. Die Monitoren an der Wand zeigten die Aufnahmen von fliegenden Kameras. Im Zentrum der Darstellung hing Graumann, der kleine atmosphärelose Brocken, der den Wachtplaneten als Rest eines ehemals großen Mondes umkreiste. Die übrigen Trümmer waren in der Atmosphäre verglüht. Bis Graumann herabstürzte, würde es noch ein paar Hunderttausend Urd dauern.
Merveres Draupadi beobachtete die zahllosen winzigen Reflexe, Lichtmücken gleich, die um den Brocken flitzten. Graumann hing über der Tagseite der Welt, sonst hätten die Einheimischen das Schauspiel bemerkt.
Ein Glück, dachte Draupadi. So können wir uns verabschieden, ohne dass sie jemals etwas von unserer Anwesenheit erfahren.
Eile war geboten. Bevor der dunkelgelbe Stern unter den Horizont sank, musste das Manöver abgeschlossen sein.
Draupadi betrachtete die Nahaufnahmen der Mondoberfläche. Metallene Stelzen arbeiteten sich wie überdimensionale Spinnenbeine durch das Geröll, klappten auseinander und wieder zusammen, bis sie ihre optimale Position am festen Boden erreicht hatten. Ihre spitzen Enden fraßen sich gierig in den Boden – Meißel aus Metall, die von Desintegratoren unterstützt wurden. Die Strahlwaffen frästen Zylinder in das feste Gestein, in die sich die Enden der Stelzen bohrten. Winzige Metalldorne in den Stelzen bohrten sich seitlich in den Fels und gaben ihnen Halt.
Die angewinkelten Stelzen bewegten sich prüfend hin und her.
»Die halten«, sagte Draupadi. »Zumindest so lange, wie sie müssen.«
Er blickte durch das Kameraauge einer Sonde, die ihre Position verließ und über die Oberfläche des Mondes schwebte. In Sichtweite ragten weitere angewinkelte Spinnenbeine auf. Die Stelzen wiesen alle in eine Richtung: auf eine riesige, zackenbewehrte Kröte, die im Staub des Kraterbodens ruhte. Grell leuchtende Augenkränze blendeten ihn.
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