PR 2682 – Schlacht an der Anomalie
annähernd 60 Prozent der Lichtgeschwindigkeit dahin, glitten immer wieder in den Linearraum und tauchten unerwartet woanders auf, Lichtsekunden entfernt, um dort über Walzenraumer der Verteidigungsflotte herzufallen.
Das Blatt wendete sich. Betroffen beobachtete Craton Yukk die Zählwerke. Wo ein Schiff des Feindes vernichtet wurde, explodierten im Gegenzug zwei oder mehr escalianische Einheiten. Und wo eine der 38 gewaltig großen Kristallkugeln auftauchte, wurde der bisherige Kampf auf Augenhöhe zu einem Abschlachten, dessen Ausmaße mit dem Verstand nicht mehr erfassbar waren.
War er noch immer in seinem Albtraum gefangen? War dies Schein oder Sein? Gaukelte ihm der Gegner nach wie vor etwas vor? Der Flottenkommandant versuchte, seine Nerven unter Kontrolle zu bekommen und einen Plan zu fassen. Eine Antwort zu finden auf die Angriffe des Feindes.
»Sie haben gewonnen«, sagte er leise. »Sie könnten jederzeit in die Tiefen des Raums abtauchen und entkommen, um anderswo im Reich der Harmonie Schaden anzurichten. Um Angst und Schrecken zu verbreiten, ganze Planeten zu zerstören.«
Die Positronik schwieg. Sie wusste mit seinem Gejammer nichts anzufangen.
Craton Yukk atmete tief durch. Seine Maske hatte die notwendigen Reinigungsarbeiten abgeschlossen, er fühlte sich ein wenig besser.
»Ich bin einsatzbereit«, sagte er mit fester Stimme.
»Die Gesundheitswerte, die mir deine Maske übermittelt hat, besagen Gegenteiliges.«
»Du brauchst mich!«
Diese Worte klangen lächerlich, selbst in seinen Ohren. Die Schiffspositronik war keinesfalls auf ihn angewiesen. OHLT analysierte die Kampfsituation und die Lage an Bord besser und kompetenter, als er es jemals könnte. Doch war sich der Rechner auch dessen bewusst, dass es in der Auseinandersetzung oftmals auf ein Momentum der Unberechenbarkeit ankam?
Die Geschichte lehrt uns: Wagemut, Verrücktheit und eine genau dosierte Dosis Wahnsinn haben schon so manche Schlacht entschieden, während ein Rechner dazu neigt, den Kampf zu früh aufzugeben. Weil die Logik ihm sagt, dass keine Chance mehr besteht. Er kennt keinen Optimismus, er folgt bloß Wahrscheinlichkeiten.
»Einverstanden«, sagte der Rechner. »Du stehst aber nach wie vor unter Kontrolle.«
»Tue ich das nicht immer?« Craton Yukk bemühte sich, amüsiert zu klingen. Der Versuch misslang jämmerlich.
5.
Er sah Raphael bildlich vor sich und dann wieder nicht. Das hagere Geschöpf, mehr als zwei Meter groß, blickte wie immer traurig drein. Das Bild formte sich in Perry Rhodans Gedanken – und war dann da, irgendwie.
Raphaels Gestalt war wie ein Fleck auf seiner Netzhaut, der sich zeigte, wohin auch immer er in der Zentrale von MIKRU-JON blickte. Er überlagerte Mondra Diamond, er vermengte sich mit Ennerhahl, er überdeckte Gucky zur Gänze.
Bist du für diese Darstellung verantwortlich?, fragte Rhodan den Anzug der Universen. Es ist verwirrend. Schwindelerregend.
Wie so oft erhielt er keine Antwort. Also akzeptierte er die Gegebenheiten und konzentrierte sich auf Raphael. »Wann wird die Anomalie zusammenbrechen, und wie können wir es verhindern?«, richtete er seine Worte an das seltsame Geschöpf, das überall und nirgends zugleich war.
»Den genauen Zeitpunkt erkenne ich derzeit noch nicht«, antwortete Raphael. Sein Mantel umflatterte ihn wie von einer Windbö erfasst, die es nicht gab, nicht geben durfte. »Sobald QIN SHI die Anomalie verlässt, löst sie sich auf. Anders gesagt: QIN SHI ist die Anomalie.«
»Kannst du das näher erklären?«
»Nein. Nur so viel: Ihr werdet sterben.«
Rhodan schluckte. Das roboterhafte Verhalten Raphaels bereitete ihm Sorgen. Sein Gesprächspartner tat wie immer geheimnisvoll und gab sich darüber hinaus so, als würde er einen nüchternen Tatsachenbericht abliefern. Legte das Wesen denn eigentlich Wert auf eine Unterhaltung mit ihm, oder wurde er vom Anzug der Universen dazu genötigt? Und in welcher Form vollzog sich eine Wechselwirkung zwischen den beiden?
Rhodan schweifte ab wie so oft in letzter Zeit. Es gab zu viele wichtige Dinge zu beachten, zu lernen, zu verarbeiten. Und er vergaß darüber, dass es um ihr Leben ging. Um das einer Flotte mit mehreren Tausend Besatzungsmitgliedern, einer Vielzahl von Freunden und nicht zuletzt um das der Frau, die er liebte.
»Es muss einen Ausweg geben. Es gibt immer einen.«
»Nein. Das Schicksal hat es ohnedies viel zu lange viel zu gut mit dir gemeint, Perry Rhodan.«
»Und was geschieht mit dir?
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