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PR 2682 – Schlacht an der Anomalie

PR 2682 – Schlacht an der Anomalie

Titel: PR 2682 – Schlacht an der Anomalie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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einem Wesen, über das wir so gut wie nichts wissen, das seine Macht aber durch die Nutzung der Anomalie deutlich zur Schau stellt?
    Trauer befiel ihn und Hass. Es war nicht fair! Warum ausgerechnet er? Was hatte das Schicksal gegen ihn, um ihn für alle Zeiten als den Verlierer der Schlacht von Redondo zu brandmarken? Es war einerlei, ob er diese Auseinandersetzung überlebte oder nicht – er würde für immer als »Der Lirbal, der Redondo verloren hat« in die Geschichte eingehen.
    Das Leben hatte keinen Sinn mehr. Er hatte lange genug gelitten. Es war Zeit, den entscheidenden Schritt zu tun ...
    Was dachte er da bloß?
    Craton Yukk trank einen Schluck Wasser und atmete tief durch. Er steckte in einer Krise. War, ohne es zu ahnen, in ein Jammertal geschlittert, in eine weitere depressive Phase, wie es immer wieder in Verbindung mit dem Ritual des Aufbruchs passierte.
    Er nestelte die Maske vom Gesicht, blieb am Halsflansch seines Schutzanzugs hängen und schaffte es irgendwie, das Gerät ohne Beschädigung zu lösen. Es spielte keine Rolle mehr, ob er sich verbarg oder sich zeigte. Niemand achtete mehr auf ihn. Die Leitoffiziere, Adjutanten und Berater waren allesamt mit sich selbst beschäftigt.
    Ein einzelner Feuerleitoffizier murmelte vor sich hin, im Zwiegespräch mit der Bordpositronik. Vielleicht besprach er eine neue Angriffsstrategie, die den Kristallkugeln galt. Viel wahrscheinlicher war jedoch, dass er unsinniges Zeug vor sich hin brabbelte. Alle anderen Mitglieder der Zentralebesatzung saßen oder standen lethargisch da und warteten – ja, auf was warteten sie eigentlich?
    Craton Yukk atmete tief durch. Genoss das Gefühl der Freiheit, das mit den üblichen Schuldgefühlen einherging. Was er tat, war verboten, war wider den guten Geschmack und ein Sakrileg gleichermaßen.
    »Du musst das Kommando abgeben«, forderte ihn OHLT zum wiederholten Male auf.
    »Noch nicht. Ich habe alles unter Kontrolle.«
    »Du lügst dir selbst in die Maske, Craton Yukk. Es sind wichtige Entscheidungen zu treffen. Du behinderst mich!«
    »Und du brauchst mich«, entgegnete er mit schwerer Zunge. »Ich bin alles, wovor sich QIN SHI noch fürchten muss. Wenn ich nicht mehr da bin, laufen deine Automatismen so ab, dass der Gegner sie jederzeit vorhersehen kann. Sein taktisches Vermögen hat er längst unter Beweis gestellt; er ist uns zumindest ebenbürtig.«
    Jedes Wort, jeder Gedanke belastete ihm Verstand und Gemüt. Dennoch gab er weiterhin Anweisungen, wie um der Positronik zu beweisen, dass er nach wie vor in der Lage war, eigenbestimmt zu denken und zu handeln.
    Er überließ einen Sektor nahe der Anomalie zur Gänze den Feinden und gab jegliches statische Verhalten auf. Alle Walzen unter seinem Kommando rasten nunmehr mit 30 Prozent Lichtgeschwindigkeit dahin, traten immer wieder in den Linearraum ein und erschienen dort, wo der Feind am wenigsten mit ihnen rechnete.
    Die Flotte nutzte nun dieselbe Rochade-Strategie wie QIN SHIS Armada. Und sie war ihm in diesem einen Punkt tatsächlich überlegen: Sie konnte bei wesentlich geringeren Geschwindigkeiten in den höherdimensionalen Raum tauchen, öfter zur Überraschung der Kommandanten der Zapfenraumer.
    Craton Yukk verzeichnete mit seinen Anweisungen einige Erfolge. Immer wieder justierte er nach, ließ große und kleinere Pulks an Schiffseinheiten bilden oder zwei bis drei Walzen auf wesentlich größere feindliche Patrouillen los. Er überraschte. Er sorgte für Unruhe. Er bewies genau das, was OHLT ihm absprechen wollte: Kompetenz. Kompetenz, die Erfolg mit sich brachte.
    Er hatte QIN SHIS Truppen aus dem Konzept gebracht. Die Feinde konnten sich auf die wechselnden Taktiken der heimischen Flotte nicht einstellen. Craton Yukk war ihnen stets einen Schritt voraus.
    Vielleicht ist es meine Gleichgültigkeit, die mich Oberhand gewinnen lässt, dachte Craton Yukk. Ich habe mit meinem Leben abgeschlossen und jegliche Vernunft abgelegt.
    Ein klein wenig Hoffnung machte sich in ihm breit, denn jenes Zählwerk, das die vernichteten Schiffseinheiten beider Seiten darstellte, neigte sich leicht zugunsten des Reichs der Harmonie. Es waren die Kristallkugeln, die ein deutlicheres Plus für die Heimatflotte verhinderten.
    Und dann ...
    ... geschah der Aufbruch.
     
    *
     
    Der Schock vereinnahmte ihn zur Gänze. Schier unerträglicher Schmerz machte, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
    Er stolperte, er fiel. Er lag auf dem Boden und wand sich. Er wollte weinen;

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