PR 2682 – Schlacht an der Anomalie
doch er fand keine Kraft, um Tränen hervorzupressen.
TAFALLA war es, der »die vier, die eins sind« verließ. Die Entität riss sich von TANEDRAR los, voll Bedauern und voll Trauer. Sie verließ den geteilten Geisteskörper und das Reich der Harmonie, um auf Patrouille zu gehen, uralten Routinen folgend.
Craton Yukk konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor derart intensiven Schmerz empfunden zu haben. Ihm wurde ein Teil seines Selbst entrissen, wie auch TANEDRAR einen Teil seiner Substanz verlor. Sie waren alle eins. Im gesamten Reich empfanden zig Billionen Lebewesen wie er. Sie fühlten den Verlust TAFALLAS.
Ankunft und Aufbruch bestimmten Craton Yukks Leben. Sie stellten Einschnitte dar, die mehr wogen und mehr bedeuteten als der Tod eines Elternteils oder die Geburt eines Kindes, im Besonderen für ihn, der er im Hochgefühl der Ankunft zur Welt gebracht worden war. Vielleicht steckte so etwas wie eine Resterinnerung tief in ihm, an jene Momente, da er aus dem Geburtskanal gerutscht war und seinen ersten Atemzug getan hatte, umgeben von Glückseligkeit und Zufriedenheit. Umso mehr schmerzte ihn das Ritual des Aufbruchs ...
Craton Yukk kämpfte sich zurück an die Oberfläche seines Seins. Er wunderte sich über sich selbst. Woher nahm er bloß all die Kraft? Lenkte ihn TANEDRAR, hatte ihm die Superintelligenz für die Dauer der Schlacht besondere Kräfte verliehen?
Nein. Vor der Entität waren sie alle gleich. TANEDRAR kannte keine Bevorzugung oder Benachteiligung. Was auch immer sie tat – es geschah, weil sie es so wollte und weil ihr Kampfgeist größer war als der der meisten anderen Bewohner Escalians.
Der Schutzanzug nahm seine körperliche und geistige Pein wahr. Er maß seine Körperwerte mehrmals in jeder Lil und stabilisierte seinen Metabolismus, so gut es ging. Antidepressiva taten ihre Wirkung nur mangelhaft. Gegen das Ritual der Ankunft war kein Kraut gewachsen. Die Trauer war so groß, dass man ihr mit nichts beikommen konnte.
»Ich versetze dich jetzt in den Tiefschlaf«, sagte die Anzugstimme, und die Schiffspositronik OHLT echote die Worte. Sie kamen von überall her, aus zig Lautsprecherfeldern. Die Geräte hatten sich synchronisiert, so, wie alles nun den von künstlichen Intelligenzen bestimmten Automatismen folgen würde. Die Umstellung erfolgte, sie war nicht mehr aufzuhalten.
»Nein«, sagte er, »neinneinnein ...« Er machte schwache, abwehrende Bewegungen, wollte sich den Anzug vom Leib reißen. »Ich muss die Kontrolle behalten! Gerade jetzt! Du wirst sehen ... QIN SHI ...«
Die Stimme versagte ihm. Er war zu schwach zum Reden. Es war ohnedies alles klar: Ihr Gegner hatte seinen Angriff punktgenau geplant. Er würde erbarmungslos zuschlagen, nun, da er nur noch seelenlose Maschinen gegen sich hatte.
»Du musst mich anhören!«, bat er kraftlos. »Ich weiß, was zu tun ist.« Craton Yukks Verstand war völlig klar; so glaubte er es zumindest. Doch sobald er den Mund öffnete, blubberten sinnlose, sinnentleerte Worte und Sätze heraus. Was geschah bloß mit ihm?
»Ich entziehe dir die Verantwortung«, sagte die Bordpositronik, »und übernehme das Kommando, im Verbund mit allen anderen Rechenknoten im Flottenbereich.«
Nein!
Es war falsch! QIN SHI wartete doch bloß darauf!
Seltsame Ruhe kehrte ein. All die üblichen Geräusche der Zentrale, das Ticken und Knistern, das Brummen im Hintergrund und das nur zu erahnende Vibrieren des Bodens; die vielen optischen Signale und das Flackern der Holobildschirme – dies alles setzte mit einem Mal aus. Es herrschte Totenstille.
Das Reich der Harmonie überantwortete sein Schicksal den Maschinen.
Es würde einige Lil dauern, bis die neuen Routinen griffen und jeglicher Einfluss von denkenden, fühlenden Wesen ausgeschlossen war. Lil, die zur Ewigkeit wurden und die Craton Yukk mit einer Klarheit aufnahm und empfand, als wäre er wieder völlig bei Sinnen.
Sein Geist sonderte sich vom Körper ab. Er konnte klar denken. Er war bei sich! TANEDRAR wollte, dass er weiterhin die Kontrolle behielt.
Es war zu spät. QIN SHI ließ seine Flotte mit aller Vehemenz angreifen. Der Feind spürte die momentane Verwundbarkeit der heimischen Truppen, und er reagierte so rasch, wie man es von einem Gegner dieser Güteklasse erwarten musste.
Die Kristallkugeln waren überall. Auch wenn es nicht mehr notwendig war, dass sie Angst und Schrecken verbreiteten, stellten sie den entscheidenden Faktor im Kampf um das Redondo-System dar.
Das verfluchte
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