PR 2684 – Ein Pfand für die Spenta
wissen, wohin er den Eiskriecher lenken musste. Was hatte Stradcoyo gesagt, bevor er ihn unterbrochen hatte? Die ersten Lebensjahrzehnte verbrachten die Eiskriecher in den oberen Schichten des Methansees und sanken später nach dem Erreichen einer kritischen Größe weiter in die Tiefe, wo sie Bestandteile ...
Paitäcc schloss die Augen, konzentrierte sich auf die Problemstellung.
Offenbar begann der Lebenszyklus an der Oberfläche und endete irgendwo in der Tiefe des Methansees, weil die Eiskriecher zu massereich wurden, um sich in den oberen Schichten zu halten.
Dazu kam, dass Stradcoyo erwähnt hatte, dass die Eiskriecher laut der terranischen Informationen einzig im Meer der Träume gesichtet worden waren.
Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sie sich nicht nur wegen der Energiezufuhr im Methansee aufhielten, sondern dass sie in schlechter mit Methan gesättigten Regionen der Atmosphäre nicht überleben konnten, weil ihr Körper zu viele schwere Partikel aufnahm und sank.
Paitäcc fühlte einen starken Schlag. Er riss die Augen auf.
Sie hatten das hintere Ende des Eiskriechers beinahe erreicht. Wellenbewegungen eilten durch seinen riesigen Körper, kreierten strudelartige Verwerfungen. Das war der Schlag gewesen, den der Anzug auszugleichen versucht hatte.
Paitäcc nahm die drei Agal-Atimpal in Fernsteuerung und dirigierte sie schräg nach oben. Zu viert glitten sie langsam über die obere Seite des Eiskriechers. Das fremdartige Lebewesen hätte sich mehrmals von allen Seiten um die KOKOLLUN legen können, so groß war es.
Der Sayporaner blickte auf die Umgebungsanzeige. Sie waren bereits viel weiter gestiegen, als er es angesichts ihrer Mission je erlaubt hätte.
Endlich erreichten sie das vordere Ende des Eiskriechers. Gewaltige knotenartige Verwerfungen ragten aus der Mitte auf, wo er bei einem anderen Lebewesen den Kopf oder das Gehirn vermutet hätte.
Ihm fehlte das Verständnis für dieses Lebewesen. Er wusste nur, dass sich der Eiskriecher durch den unkontrollierten Ogokoamo-Ausstoß hatte in die Flucht schlagen lassen. Also musste er zumindest über die Äquivalenz eines Nervensystems verfügen, über einen Fluchtinstinkt und in der Lage sein, Furcht zu empfinden.
Das war alles, was er in diesem Augenblick benötigte.
»Anzug«, murmelte er. »Ich werde gleich mit ernsthaften Angstzuständen konfrontiert werden. Ich benötige prophylaktische Injektionen von hoher Dosis.«
»Das ist nicht ratsam«, erklang die Stimme der Anzugautomatik. »Sie könnten dein Nervensystem schädigen. Du solltest ...«
Paitäcc fluchte.
Dann gab er den Agal-Atimpal den Angriffsbefehl.
Von einem Moment auf den anderen explodierte die Panik in ihm. Sämtliche Albträume, die er je in seinem Leben gehabt hatte, schienen sich zu einem einzigen, ultimativen Megaalb zu vereinigen.
Paitäcc versank in einem Meer aus Schreien, seelischer Pein und Todesangst.
Die Einstiche in Hals, Brust und Hinterkopf linderten die Furcht nur gerade so weit, um zu erkennen, dass der gewaltige Körper des Eiskriechers die Richtung geändert hatte und senkrecht in die Tiefe schoss.
Geistesgegenwärtig korrigierte er die Flugrichtung ihrer vier Anzüge, schrie dabei angesichts des Grauens, das ihn mit eiskalten Klauenhänden festhielt und unerbittlich durchschüttelte. Dann befahl er dem Anzug, die Flugbewegungen mit denen des Eiskriechers zu koppeln und erst anzuhalten, wenn dieser ebenfalls zum Stillstand gekommen war.
Tiefer, immer tiefer versanken sie im Meer der Albträume.
Paitäcc stierte mit tränenden Augen auf den Höhenmesser. Die Zahl ratterte unerbittlich nach unten.
Durchhalten, Paitäcc!, schrie er sich in Gedanken zu. Du hältst dies durch. Kein anderer Sayporaner würde dies schaffen!
Wieder spürte er die Einstiche der Injektionsnadeln. Der schwarze Schnee kam zurück, legte sich wohlig warm um seinen Geist.
Die Augen fielen ihm zu, gewaltsam riss er sie wieder auf, sah, dass sie das untere Ende des Methansees erreicht hatten. Die Konzentration an Methan nahm ab, dafür nahm der Anteil an Wasserstoff und Ammoniak zu. Und damit stieg auch die Temperatur, und die heißen Winde gewannen erneut an Kraft und Dynamik.
Die zuvor gleichmäßigen Wellenbewegungen an den Flügelseiten des Eiskriechers wurden zunehmend asymmetrisch. Der riesige Leib zog sich zusammen, verlor mehr und mehr seine Dreiecksform, verknüllte zu einem unregelmäßig geformten Ball.
»Wie lange noch?«, fragte einer der
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