PR 2688 – Die zweite Wirklichkeit
stumm und schwieg. Rhodan schloss die Lider, um nicht sehen zu müssen, was die Peaner ihm vorgaukelten. Er verließ sich ganz auf das Tastgefühl seiner Finger. In seiner Vorstellung existierten die Äste und der Stamm unmittelbar neben ihm nicht. Also durfte er auch keinen Widerstand spüren.
Da ist nichts! Seine Finger glitten vorwärts, ohne auf Widerstand zu stoßen. Er streckte die Arme aus, um den Stamm zu berühren. Er war nicht da. Langsam öffnete Rhodan die Augen und sah sich um.
Der Baum stand einen Meter links von ihm.
Es kann nicht sein! Er war unmittelbar vor mir!
Rhodan startete einen zweiten Versuch. Er schloss die Augen, ignorierte die Umgebung und wartete ab, bis sich in seinen Gedanken das Abbild einer freien Lichtung von doppelter Größe manifestierte. Wenn er zwanzig Schritte oder mehr ging, würde er an eine der Hütten stoßen. Er verband die Vorstellung mit dem Aussehen eines Peaners.
Der Terraner machte den einen entscheidenden Schritt nach vorn. Er spürte keinen Widerstand. Da, wo er jetzt stand, war der Baum. Daran gab es keinen Zweifel. Diesmal riss er die Augen blitzschnell auf. Fast zum Greifen nah sah er den Schatten einer Hütte. Er streckte die Arme nach ihr aus, aber da tauchten die Äste und der Stamm in seinem Blickfeld auf und löschten den Eindruck wieder aus.
Der Baum stand unmittelbar vor ihm, und das konnte nicht sein.
Rhodan ließ den Blick schweifen. Der Abstand zum Nachbarbaum stimmte nicht. Und die Gefährten schienen weit weg in einer Raumkrümmung zu stecken, seltsame Wesen mit in die Länge gezogenen Körperauswüchsen. Bevor er blinzeln konnte, verzog sich der Raum in grotesker Weise. Anschließend schnappte er wie ein Gummiseil zusammen, und alles war wie vorher. Dort, wo er stand, waberte der Baum. Er packte ihn mit beiden Händen und riss ihn auseinander. Der Baum quittierte es mit einem schmerzhaften Schlag gegen seinen rechten Oberarm.
Alles Illusion!, redete er sich ein. Wehr dich!
Die Suggestion war zu stark. Der Baum warf ihn von sich, und er stürzte rücklings zu Boden. Auch das konnte nur eine Täuschung sein. Rhodan kommunizierte mit der Mikropositronik seines SERUNS. Der stand aufrecht und filmte pausenlos die Umgebung. Als sich der Gleichgewichtssinn des Terraners wieder beruhigt hatte, spielte er ihm die Aufnahmen vor.
Für den SERUN hatte sich nichts verändert. Er stand an derselben Stelle, an der Rhodan seine Versuche begonnen hatte.
Die Suggestion beeinflusst auch die Technik! Ein interessanter Aspekt in Bezug auf das Verhalten bei Feindkontakt.
Sie konnten nur hoffen, dass die Peaner sie nicht als Feinde betrachteten, weil sie aus einer anderen Galaxis kamen. Angesichts der gewaltigen Bedrohung durch QIN SHI hätte es Rhodan nicht gewundert.
Die Gefährten versammelten sich um ihn. Sie tauschten ihre Eindrücke aus und zogen ein erstes Fazit. Besonders viel Mut machte es nicht.
»Wir werden noch viel üben müssen«, fasste Gucky es zusammen. Er als Multimutant hatte so gut wie keine Affinität zu seiner Umgebung. Die Peaner blockten ihn vollständig ab.
»Versuchen wir es zu zweit«, schlug Rhodan vor. »Einer handelt, der andere beobachtet. Oder wir handeln gemeinsam.«
Er fasste Gucky an der Hand. Den Baum ignorierte er und konzentrierte sich gleich auf die Hütte, die er gesehen hatte. Wenn die drei Dimensionen des Raumes stimmten, musste sie in der Verlängerung der Linie stehen, die er zu Gucky zog.
»Die Lichtung ist doppelt so groß«, sagte er leise. »Das sollten wir uns merken. Bäume gibt es hier keine.«
Sein Bewusstsein versank förmlich in dieser Vorstellung, und er sah die Gefährten neben einem Baumwesen stehen, das heftig gestikulierte. Rhodan setzte sich in Bewegung, aber er stieß gegen Gucky, der nichts von alledem sah.
Das Bild verblasste, der Wald kehrte zurück. Rhodan sah, dass er sich verändert hatte. Das Totholz war nicht mehr an der Stelle, sie befanden sich an einem anderen Ort.
»Wir konnten zwei Hütten erkennen und einen Baum«, berichtete Nemo Partijan.
»Versucht die Richtung zu bestimmen.«
Sie stimmte mit seinem Eindruck überein.
»Wir bilden eine Viererkette, halten diese Richtung ein und bewegen uns langsam vorwärts. Gleichzeitig versuchen wir, unsere Eindrücke stärker zu fixieren.«
Wieder erhaschten sie einen Blick in jene Welt, die ihnen noch immer verschlossen war. Rhodan hoffte, dass die Peaner endlich ein Einsehen haben würden. Aber er täuschte sich. Das Versteckspiel ging
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