PR 2688 – Die zweite Wirklichkeit
starke Ähnlichkeit mit Peanern hatten. Sie besaßen allerdings mehr Äste und bewegten sich nicht von der Stelle. Ihr Wurzelwerk lag nicht auf der Oberfläche, sondern darunter.
Alaska orientierte sich nach den wenigen Geräuschen, die das baumähnliche Wesen verursachte. Nach zwanzig, dreißig Metern verschwamm der Wald vor seinen Augen, und er blieb stehen.
»Hilf mir!«
»Ich bin hier!«
Er entdeckte das Wedeln eines Arms und rannte los, um nicht gleich wieder den Anschluss zu verlieren. Diesmal hielt er sich dicht hinter dem Peaner und stellte bald fest, dass er nicht für Langstreckenläufe von fünfzig Metern geeignet war. Entweder gaukelte der Peaner ihm die Strecke nur vor, und sie legten in Wahrheit eine viel längere zurück, oder die Naturgesetze in dieser fremden Realität zehrten an seinen Kräften.
Er keuchte und suchte nach einem erträglichen Atemrhythmus.
Als der Baum anhielt, fühlte Alaska sich wie nach einem 1000-Meter-Lauf. Der Peaner deutete mit dem mittleren der drei Arme in ein kleines Tal, das sich vor ihnen auftat.
»Geh voraus, ich folge dir!«
Saedelaere ging in seinem gewohnten Tempo. Bald merkte er, dass das langsame Gehen den Peaner über alle Maßen anstrengte. Der Stamm schüttelte sich, und die Beine bebten. Das Laufgeräusch wurde immer unregelmäßiger.
Alaska fiel in Trab, und es wurde besser.
Der Weg führte leicht abwärts bis zu einer Felswand, in der ein dunkles Loch gähnte. Es war ein hoher Stollen, der in den Berg hineinführte. Der Boden blieb eben, dann neigte er sich abwärts. Anfangs war es völlig finster. Alaska orientierte sich an dem Schmatzen und Schleifen der Beine des Peaners, der jetzt wieder vorausging.
Nach einer Weile entdeckte er schummrige Helligkeit, ein grünliches Licht, das aus dem Boden, der Decke und den Wänden zu kommen schien.
»Du solltest die Systeme deines SERUNS aktivieren, um dich davor zu schützen«, sagte das Baumwesen.
»Wovor soll ich mich schützen?«
Er nahm es widerspruchslos zur Kenntnis, dass er keine Antwort bekam, und schaltete das Schirmsystem ein.
Von dem Höhlengang zweigten Stollen ab. Einige fielen so steil ab, dass ein Peaner sie unmöglich benutzen konnte.
Mit jedem Schritt schien das Gestein durchsichtiger zu werden. Alaska kannte den Effekt aus dem Wald von ihrer vergeblichen Suche nach den Peanern. Nun tauchte dieses Phänomen im Felsgestein wieder auf und erweckte den Eindruck, als sei es natürlicher Bestandteil des Planeten und nicht von der Suggestion der Peaner hervorgerufen.
Saedelaere entdeckte Linien, die das Material durchzogen. Im optischen Bereich blieben sie relativ unauffällig, nicht jedoch im Bereich der Hyperortung, die von der Mikropositronik aktiviert wurde und ein dreidimensionales Abbild auf seine Netzhaut projizierte.
Alaska kannte die Gitterstruktur, dieses Kristallmuster, das ihn seit jungen Jahren begleitete, als er noch ein vollkommen durchschnittlicher Techniker in der Milchstraße gewesen war. Es handelte sich um Hyperkristalle, die in das Felsgestein eingelagert waren. In den Galaxien der Lokalen Gruppen wurden sie seit Jahrtausenden in großem Maßstab abgebaut, künstlich angereichert und für die Antriebssysteme von Raumschiffen verwendet.
Die Gittermuster, die Alaska vor sich sah, gehörten hauptsächlich zu einer einzigen Sorte: Howalgonium.
Damit erklärte sich die Aufforderung des Peaners von selbst, er solle seinen SERUN einschalten. Ohne Schirmsystem hätte er die Nebenwirkungen einer so großen Menge Hyperkristalle kaum überlebt.
Der SERUN konnte die Wirkung auf so kurze Distanz dennoch nicht völlig neutralisieren. Alaska hatte Mühe, sich zu orientieren. Es war ähnlich wie in der Schwerelosigkeit. Die Bezugspunkte gingen verloren, man wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Das Geäst des Peaners wurde zu einem wilden Rankenbusch, das sich gierig ausstreckte.
Saedelaere schloss die Augen, schluckte ein paarmal und sah dann wieder hin. Der Peaner hatte sich ein Stück entfernt. Er folgte ihm, so schnell seine Beine ihn trugen, aber der Abstand blieb immer gleich.
Alaska bildete sich ein, an der Decke zu gehen. Die Mikropositronik redete pausenlos auf ihn ein, beschrieb seine Umgebung, den Schwerkraftvektor und dirigierte ihn, wenn er in die falsche Richtung ging. Er gewöhnte sich unerwartet schnell an diese ungewöhnliche Kooperation und kam sich wie ein Behinderter vor, der den Anweisungen eines Therapeuten folgte.
Das gesamte Felsmassiv durchzog ein
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