Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2690 – Der fünfte Akt

PR 2690 – Der fünfte Akt

Titel: PR 2690 – Der fünfte Akt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
habt?«
    KÖNIG: »Ich habe es dahingeschenkt, mein Reich. Fremde Vögte regieren es nun. Der Statthalter ...«
    PRINZESSIN: »Aber Vater – und mich vergesst Ihr? Bin ich Euch nicht mehr lieb und teuer?«
    KÖNIG, erschrocken: »Aber sicher doch! Kannst du einem alten, unglücklichen Mann seine Worte verzeihen?«
    PRINZESSIN, zärtlich: »Ich habe sie bereits vergessen. Kommt, wir wollen nach draußen gehen. Nach vielen Tagen der Düsternis zeigen sich die Sonnen wieder einmal.«
    KÖNIG, winkt ab: »Geh nur nach draußen, wenn es dir beliebt. Ich werde hierbleiben. Es würde mir nur das Herz brechen, die stolzen Türme des Schlosses Elicon zu sehen. Und diesen Riss, der jeden Tag ein wenig breiter wird.«
    PRINZESSIN: »Ihr ladet viel zu viele Schuld auf Euch. Das Reich der Harmonie stand an seinem Scheidepunkt. Ihr musstet eine Entscheidung treffen!«
    KÖNIG: »Die falsche Wahl habe ich getroffen, Kind. Die falsche!«
    PRINZESSIN: »Ihr konntet nicht wissen, welches Leid uns alle erwartet. Niemand kann in der Zeit zurückgehen wie auf einer Straße und die andere Abzweigung wählen.«
    KÖNIG: »Nein, wissen konnte ich es nicht. Aber ahnen hätte ich es müssen. Und den mahnenden Worten des Narren hätte ich Gehör schenken sollen.«
    PRINZESSIN: »Wer glaubt schon einem Narren, wenn Kanzler und zukünftige Regentin es anders sehen wollten?«
    KÖNIG, aufbrausend: »Ich! Ich hätte ihm glauben sollen! Weshalb hält man sich sonst einen Narren, wenn seine Worte einen nicht zum Nachdenken anregen?«
    PRINZESSIN: »Ihr habt so entschieden, wie Ihr gedacht habt, dass es dem Reich am meisten nützt.«
    KÖNIG: »Habe ich das? Sahst du damals nicht die Gier in meinen Augen, als mir der Bote den Goldenen Nektar anbot? Die Gegenleistung für vier Teile aus fünf von Beranterroahs Erträgen? Habe ich nicht alle Argumente des Narren hinweggefegt, weil mich der Goldene Nektar bereits korrumpiert hat, bevor ich ihn überhaupt kostete?«
    PRINZESSIN: »Wir wollten damals alle vom Nektar trinken.«
    KÖNIG, sinnierend: »Der Goldene Nektar, der ein Leben ins Unnatürliche verlängert ... Ich kann nicht einmal klagen, dass die Worte des Boten falsch gewesen wären. Der Goldene Nektar wirkt – und schenkt mir ein unendlich anmutendes Leben voller Gram und Trauer! Fast scheint es mir der gerechte Lohn für die Habgier, die mich angetrieben hat.«
    PRINZESSIN: »Jetzt seid nicht so hart zu Euch, Vater. Ihr wolltet das Beste für mich, die ich zu jung gewesen wäre, den Thron zu besteigen und die drängenden Probleme anzugehen ... Ihr habt es gut gemeint!«
    KÖNIG, hebt die Hände: »Und wieder geht ein Reich unter, weil jemand die Hände im Spiel hatte, der es nur ›gut gemeint‹ hat.«
    PRINZESSIN: »Ihr macht mich traurig, wenn Ihr so sprecht.«
    KÖNIG: »Ich bin auch traurig, Kind. Zum ersten Mal seit dem Tod deiner Mutter ist der Spiegel des Sees der Tränen wieder angestiegen. Ich alter, nichtsnutziger Narr!«
    (Der Hofnarr kommt herein. In seiner Hand hält er eine Bilderkugel.)
    HOFNARR: »Wer spricht hier vom Narren?«
    KÖNIG: »Ah, gut, dass du kommst. Meine Tochter und ich, wir versinken in trüben Gedanken und könnten ein wenig Aufmunterung vertragen.«
    HOFNARR: »Mir ist nicht zum Scherzen zumute. Denn ich bringe traurige Kunde aus dem Reiche.«
    KÖNIG, beunruhigt: »Was ist geschehen?«
    HOFNARR: »Es ist eingetreten, was wir lange befürchtet haben: Beranterroah ist nicht mehr. Die Aufstände gegen die Besatzer wurden so blutig niedergeschlagen, dass niemand mehr da ist, der die Maschinen bedienen und die Kinder nähren kann.«
    KÖNIG: »Das kann nicht sein! Sag mir, dass du nicht sicher bist! Dass es nur Gerüchte sind!«
    HOFNARR: »Leider nicht, mein Regent. Schaut her: Diese Bilderkugel habe ich von einem Reisenden erhalten. Diese Bilder lügen nicht.«
    (Er gibt dem König die Kugel. Zusammen mit der Prinzessin sieht er sie sich an. Sie entgleitet seinen zitternden Fingern.)
    PRINZESSIN: »Es ist alles so gekommen, wie Ihr damals gesagt habt. Beranterroah ist ausgeblutet, und wir konnten es nicht verhindern. Im Gegenteil. Verursacht haben wir es.«
    HOFNARR: »Glaubt mir! Alles würde ich dafür geben, wenn ich mich damals geirrt hätte!«
    (Der Statthalter tritt auf.)
    STATTHALTER: »Da finde ich ja alle auf einem Haufen. Die ganze unglückliche Familie. Samt Haustier.«
    HOFNARR: »Ich frage mich, wer hier das Haustier ist. Der respektierte Hofnarr oder das schleimige Ding, das aus dem Sumpf der

Weitere Kostenlose Bücher