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PR 2696 – Delorian

PR 2696 – Delorian

Titel: PR 2696 – Delorian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Intelligenzen im Kosmos nahezu unvorstellbar. Doch wer so lange lebte, gewöhnte sich an das Leben. Sich vorzustellen, dass es trotzdem eines Tages enden könnte, gehörte dann schon zu den Unmöglichkeiten.
    Weil das Leben zur Gewohnheit wird, sinnierte Delorian. Er ignorierte den spöttischen Blick des Alten, der genau nachvollziehen konnte, was der junge Mann in diesen Sekunden dachte.
    »Manche Wesen sind nach Jahrmillionen ihres Daseins vielleicht müde und des Wandels im Universum überdrüssig«, sagte Delorian.
    Der Alte schüttelte den Kopf. »Für den Chronisten von ES trifft das nicht zu. Ich kenne keine Lebensmüdigkeit. Ich stehe der Superintelligenz mit voller Kraft zur Verfügung. Auch das ist bereits durch die Große Zeitschleife festgelegt.«
    »Vorbestimmt!«, fand Delorian, war die treffendere Bezeichnung.
    Er begann, im Gesicht des Alten zu lesen. Aber das fiel ihm unglaublich schwer, als versuchte der greise Chronist, die Wahrheit vor ihm zu verbergen.
    Unmöglich!, durchzuckte es Delorian. Ich kann vor mir selbst keine Geheimnisse haben.
    Oder doch?
    Der Zweifel irritierte ihn.
    Er ging ein Stück über die Hochebene. Der Wind hatte aufgefrischt, ohne dass ihm dies aufgefallen war. In der Ferne türmten sich düstere Wolkenbänke auf, und das Meer schimmerte jetzt wie flüssiges Blei.
    Ein erster Blitz schien das Firmament zu spalten. Es dauerte lange, bis der dumpf grollende Donner heranrollte.
    Zwei Schmetterlinge flatterten gegen den Sturm an und wurden mitgerissen.
    Delorian bemerkte, dass der Alte nicht mehr neben ihm war. Zögernd wandte er sich um. Der Chronist war zurückgeblieben. Im Schutz großer blühender Büsche war er dem Wind nicht so ausgesetzt.
    »Kommst du?«, rief Delorian.
    Er erhielt keine Antwort. Sein älteres Ich traf auch keine Anstalten, weiterzugehen. Vielmehr ließ der Chronist sich im Gras nieder und lehnte sich mit dem Rücken an einen Felsblock.
    Delorian rief erneut. Danach setzte er seinen Weg fort. Es war das Ungestüm der Jugend, das ihn vorwärtstrieb.



Vielleicht blieb der Chronist zurück, um zu sterben. Der Gedanke elektrisierte Delorian. Er kannte Zukunft und Vergangenheit, trug das Wissen um eine kleine Ewigkeit in sich. Doch das allein war nicht alles, darüber hinaus gab es so manches, was sich ihm entzog. Ihm, dem jungen Delorian, der zwar vieles wusste, aber noch nicht selbst erlebt hatte.
    Er lief zurück.
    Der Greis lehnte unverändert an dem Felsen, als Delorian ihn erreichte, und er reagierte nicht. Sein Gesicht wirkte entspannt, als sei alle körperliche Last von ihm abgefallen.
    Erst als Delorian neben ihm niederkniete und ihn an den Schultern fasste, öffnete der Chronist zögernd die Augen. Einen Moment lang schien er Mühe zu haben, sich zurechtzufinden.
    »Was geschieht mit mir, sobald die Große Zeitschleife abgeschlossen sein wird?«, platzte Delorian heftiger als beabsichtigt heraus. »Gibt es danach für mich die Möglichkeit, frei und ungebunden über mein Leben zu entscheiden?«
    Die Frage bewegte ihn, seit er zu seiner Tätigkeit als Chronist der Wanderer-Entität gefunden hatte. Anfangs hatte er sie noch verdrängt, und auch jetzt war sie eigentlich unwichtig, schließlich hatte er erst einen winzigen Bruchteil der gewaltigen Spanne verwirklicht. Doch was ihn hin und wieder bewegte, würde wiederkommen. Drängender und womöglich schmerzhafter, je näher die Zukunft war, das Jahr 1291 NGZ ... der Zeitpunkt seiner Geburt.
    Der greise Chronist schwieg. Nachdenklich schaute er Delorian an, doch sein Blick ging durch das jüngere Ich hindurch und verlor sich in weiter Ferne.
    Im Raum ... oder in der Zeit?, fragte sich Delorian.
    Er ließ die Schultern des Alten wieder los.
    »Was geschieht mit mir, falls sich ES am Ende der Zeitschleife einfach verabschiedet? Die Superintelligenz wird meine Dienste dann nicht mehr benötigen, weil ich die Zukunft nicht mehr kenne.«
    Der Greis blinzelte. Es hatte nicht den Anschein, dass er Delorians Problem in seiner ganzen Tragweite wahrnahm.
    »Ich werde nichts mehr wissen«, fuhr der junge Chronist ungewohnt heftig fort. »Ich werde stumm sein, taub und blind, eigentlich nicht anders als ein Neugeborenes. All mein Wissen wird nichts mehr wert sein, weil es bis dahin auf ES übergegangen ist.«
    Ein tiefer, bebender Atemzug erschütterte den Alten.
    »Du weißt keine Antwort«, stellte Delorian fest. »Hat dich das nie interessiert ...?«
    »Doch«, erklang es verhalten.
    »Oder hast du aufgegeben,

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