PR 2696 – Delorian
Risiko.«
»Denk darüber nach! Leid und Tod werden schnell zum Weggefährten.«
»Oh ja. Wie viele Kriege haben wir gesehen, wie viel Leid und Tote? Das alles gehört zum Leben. Achtzehn Millionen Jahre habe ich nachgedacht, und jetzt, knapp dreitausend Jahre vor Christus, wird sich nichts daran ändern.«
Delorian wandte sich wieder den Kontrollen zu und vergaß den alten Chronisten.
Sein Ziel war Sanhaba im Khayd-System in einer der Milchstraße vorgelagerten Zwerggalaxis Ecloos – der lemurische Name von Draco oder UGC 1082.
Das Wissen um die weiten Bereiche der Planetenoberfläche einnehmenden, riesigen Stadt hatte er seit jeher. Aber zu wissen war das eine, die Stadt Aures endlich mit eigenen Augen zu sehen, eine völlig andere Erfahrung. Aures war eine sehr seltsame Stadt: gigantische Türme und ausgedehnte Kuppelgebäude. Kantige Rohlinge, die an behauene Felsen erinnerten, erhoben sich Seite an Seite mit filigranen Windharfen, zwischen deren kilometerlangen Seiten die Wolken hindurchfluteten wie Wasser durch eine Meerenge.
Wo der sanfte Schein des roten Mondes über der Stadt lag, wurde sie vollends zur Wunderwelt, in der Gegensätze miteinander verschmolzen. Eine schlafende Stadt, und doch lag zugleich das Flair vielfältigen Lebens über ihr. Auf sonderbare Weise erinnerte sie an die Maschinenstadt auf Wanderer, obwohl Aures ganz anders war.
Lange Zeit umkreiste die TOLBA Sanhaba im Orbit. Delorian analysierte, was ihm die Ortungen seines kleinen Raumschiffs präsentierten.
Aber da war mehr, sehr viel mehr. Empfindungen, die Technik nicht vermitteln konnte. Nicht nur über dem Planeten, sondern im Bereich des gesamten Sonnensystems nahm Delorian ein sonderbar zwiespältiges Fluidum wahr. Sehnsüchtig spürte er dem fernen Locken nach, das er wahrzunehmen glaubte. Zugleich wurde ihm jedoch bewusst, dass normalsterbliche Intelligenzen vor diesem Gefühl eher zurückweichen würden.
Offenbar war es nicht einmal leicht, sich diesem Sonnensystem überhaupt zu nähern. Er hatte es anfangs nicht bemerkt, obwohl er davon gewusst hatte und darauf vorbereitet gewesen war.
Das bestätigte seine Überzeugung, dass es einer besonderen Konstitution oder technischer Abschirmung bedurfte, um an Sanhaba überhaupt heranzukommen.
Aures bestand aus hochwertigen Nanomaschinen, die sich in betörender Form zusammenballten, aber gelegentlich auch als komplexe kalte Rohlinge aufragten. Das Sichtbare war nicht anders als die Spitze eines Eisbergs. Tatsächlich war die Erscheinung der planetenumspannenden Metropole nur der Teil von Aures, den ein Normalsterblicher überhaupt mit seinen Sinnen erfassen konnte. Der weitaus größere Teil der Stadt ragte bis in die sechste Dimension.
Aures, das wurde Delorian endlich aus eigenem Erleben bewusst, hatte eine eigene Sextabezugs-Frequenz und damit so etwas wie eine Seele. Was er spürte, war allerdings eine sehr alte, vor Einsamkeit kranke Seele.
Delorian landete mit der TOLBA in einem der Rohlings-Bezirke. Ihm war klar, dass er der Stadt eines Tages Bewohner zuführen und damit für ihre Genesung sorgen würde.
Alles in diesem Stadtviertel wirkte vage, war auf unbestimmbare Art unfertig. Delorian beobachtete jedoch sehr schnell, dass sich Aures veränderte. Aus kantigen Blöcken formte sich ein großes Gebäude und wuchs zu einer Kuppel wie jener, die Delorian auf Wanderer schon oft betreten hatte. Nur war diese hier auf Aures etwas größer, sauberer und heller. Vor allem haftete ihr der Eindruck von Fremdartigkeit an.
Aures war einsam und krank, und beides würde eines Tages ihren Tod herbeiführen. Bald spürte Delorian deutlich, dass die Stadt ihn bei sich halten wollte und nicht davor zurückschreckte, ihn zum Gefangenen zu machen.
Aures beizustehen, ihr zu helfen, dazu war der Chronist bereit – doch gefangen nehmen ließ er sich nicht. Innerhalb eines Sekundenbruchteils löste Delorian seinen Avatar auf. Als reines Bewusstsein setzte ihm die Kuppel keinen Widerstand entgegen. Ein einziger Gedanke brachte Delorian vor das Gebäude – und musste feststellen, dass er die Stadt unterschätzt hatte. Aures griff erneut nach ihm, war in der Lage, auch sein Bewusstsein aufzuspüren.
Diesmal entkam er dem Zugriff nur knapp. Die Stadt veränderte sich, versuchte ihn zwischen klobigen Mauern einzuschließen, einzelne Wände wurden mit einem Mal selbst für ihn undurchdringlich. Mehrmals wurde das Bewusstsein des Chronisten zurückgeschleudert und entkam nur knapp der
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