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PR 2700 – Der Techno-Mond

PR 2700 – Der Techno-Mond

Titel: PR 2700 – Der Techno-Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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gegründet. Stattdessen war ihm die Liga Freier Terraner gefolgt – offener, mit selbstbewussteren Bürgern, freiheitlicher wirkend auch auf andere sternfahrende Völker. Er wolle die Invasion des Konzils natürlich keineswegs idealisieren, aber: Ohne sie hätte niemals so etwas wie das Galaktikum entstehen können.
    Rhodan, der seit jeher gern mit Menschen diskutiert hatte, die die Welt anders sahen als er, hatte Choek kontaktiert und vorgeschlagen, sich einmal zu treffen, von Zeitzeuge zu Historiker. Bei ihrer ersten Begegnung hatten sie festgestellt, dass sie völlig gegensätzlicher Auffassung waren, einander aber trotzdem sympathisch fanden. So hatten sie sich – oft in Abständen von vielen Jahren – immer wieder verabredet, um aufs Neue zu versuchen, den anderen von der eigenen Sichtweise auf die Geschichte zu überzeugen.
    Choeks Blick auf das Solare Imperium war in Rhodans Augen zu sehr von den Vorstellungen des 16. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung geprägt. Ja, die machtpolitische Überdehnung. Ja, der aufgeblähte Militärsektor. Ja, die demokratische Erstarrung – derselbe Regierungschef, jahrhundertelang, einfach aus Gewohnheit. Alles richtig, pflegte Rhodan zu sagen, aber damals waren die Zeiten eben andere. Du bist nicht dabei gewesen. Stimmt, pflegte Choek zu erwidern, deswegen kann ich es von einem neutralen Standpunkt aus betrachten.
    Sie kamen praktisch nie zu einer Einigung. Das machte die Gespräche so interessant. Ja, natürlich würde ich heute vieles anders machen, räumte Rhodan bisweilen ein. Ich habe mich auch verändert. Womöglich dazugelernt. Soll man ja nie für unmöglich halten. Glaube ich gerne, sagte Choek manchmal. Aber ich schreibe nun mal über den damaligen Rhodan.
    An diesem bewussten Abend war die Diskussion besonders intensiv verlaufen. Choek, mittlerweile über hundertzwanzig Jahre alt und damit in einem Alter, in dem man allmählich an den Ruhestand denken sollte, würde die Erde verlassen. Und es gab noch so viele Dinge, die sie diskutieren mussten. Um sich letzten Endes wieder nicht einig zu werden.
    Es war schon spät, als sie schließlich vor die Tür traten. Der Historiker griff nach einer kleinen blauen Kugel, die er, zusammen mit ein paar anderen Elementen in anderen Farben, an einer dünnen Kette um das Handgelenk trug, und klopfte darauf, bis die Kugel sanft aufleuchtete: die derzeit übliche Art, einen automatischen Gleiter zu rufen.
    Während sie warteten, dass sich einer der vielen Lichtpunkte aus dem Strom der am Himmel Terranias entlangziehenden Fahrzeuge löste, meinte Rhodan: »Ich werde unsere Auseinandersetzungen vermissen. Plophos also. Plophos ist schön. Eine Reise wert. Mindestens.«
    »Offen gestanden wäre ich auch nach Oxtorne gezogen«, sagte Lorsang Choek lächelnd. »Wenn es jemandem in meinem Alter und mit meinem Beruf noch einmal widerfährt, dass eine Frau in einen Ehekontrakt einzuwilligen bereit ist ...« Er hielt schmunzelnd inne, korrigierte sich: »Jemandem in meinem körperlichen Alter.«
    Rhodan ignorierte die Anspielung auf seine relative Unsterblichkeit. Choek war Historiker und sich der Ungeheuerlichkeit, die es bedeutete, mit einem über dreitausend Jahre alten Menschen zu sprechen, mehr bewusst als andere. Aber was konnte man anderes tun, als es einfach hinzunehmen? Schließlich waren die Historiker glücklich, jemanden zu haben, den sie fragen konnten.
    »Mir ist es lieber, einer verlässt die Erde der Liebe wegen, als dass er es aus Angst tut«, sagte Rhodan.
    Jetzt sahen sie beide, dass ein Lichtpunkt Kurs auf sie genommen hatte.
    »Das wird der Gleiter sein«, sagte Choek. »Das heißt, mit etwas Glück bekomme ich noch die Röhrenbahn nach Hanoi.« Er seufzte. »Ich liebe die Strecke hinter dem Himalaja-Tunnel. Vor allem bei Nacht.«
    »Und wenn du die Bahn verpasst?«
    »Dann nehme ich eben den Transmitter. Aber ich mag Transmitter nicht. Wenn ich damit irgendwo ankomme, habe ich immer das Gefühl, getäuscht zu werden. Dass alles nur Kulisse ist. Ich spüre gern, wie und wohin ich mich bewege.«
    Der Gleiter tauchte nahezu geräuschlos über ihnen auf, sank auf Einstiegshöhe herab und ließ die Seitentür auffahren. »Guten Abend«, sagte eine dunkle, spürbar synthetische Stimme. »Gleiterdienst Heiteres Terrania, Wagen 21-21-3. Bitte steigen Sie ein und nennen Sie das gewünschte Ziel.«
    Choek fuhr herum, fast erschrocken, so als werde ihm jetzt erst klar, dass sie sich wahrscheinlich nie wiedersehen

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