Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2700 – Der Techno-Mond

PR 2700 – Der Techno-Mond

Titel: PR 2700 – Der Techno-Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
Ein langer, nicht enden wollender Schweif von demselben Blau, mäandernd wie ein Nordlicht. Ihm war, als könne er hören, wie das blaue Licht knisternd und wispernd eine Spur durchs Universum zog.
    Er hörte überhaupt so mancherlei.
    »Bodenkontrolle, General Pounder spricht.«
    General Pounder? Das war ebenfalls ein Name. Ein Name, den er schon gehört hatte.
    »Sie erreichen Ihren Umlenkpunkt in 72 Sekunden.«
    Beunruhigung wallte in ihm auf. Er hätte wissen müssen, was das zu bedeuten hatte, aber wusste es nicht, hatte es vergessen. Man hatte es ihm einmal beigebracht, doch es war lange her, so schrecklich lange ...
    »Noch drei Sekunden ... noch zwei ... eins ... Kontakt.«
    Eine andere Stimme. Eine, die ihm auch bekannt vorkam. Sehr bekannt.
    Was krachte da so laut, heulte, zwitscherte, als stünde ein 1000-Kilowatt-Störsender direkt neben der Rakete? Ultrahohes Pfeifen und Schrillen, das aus den Kontroll-Lautsprechern brach wie eine Wasserflut. Ein Gesicht, das sich zu einer Fratze der Panik verzerrte. Ein Gesicht, das ihm bekannt vorkam. Sehr bekannt.
    »Abweichung! Kein Zündimpuls. Wir fallen über den Landepunkt hinaus. Die Störungen verhindern den Empfang der Fernlenkimpulse. Wo kommen die her? Sie liegen genau auf unserer Frequenz. Perry ...!«
    Bully?
    Schlagartige Klarheit. Dies waren Erinnerungen an damals, an den Flug mit der STARDUST. Bully war nicht hier. General Pounder seit über dreitausend Jahren tot.
    Und der Mond, auf den sie zuflogen, war nicht der Mond, auf den sie seinerzeit zugeflogen waren.
    Mal ganz abgesehen von dem Raumschiff, mit dem sie sich bewegten.
    Körperlos!
    Erstaunlich, wie leicht man das akzeptierte, wenn es erst einmal begonnen hatte. Er war eins mit dem Schiff, geistig verschmolzen mit der Steuerung, war das Schiff. Und eigentlich kam es ihm eher vor, als sei das Schiff entstofflicht, nicht er selber. Als gäbe es gar kein Hindernis und auch kein Medium zwischen ihm und dem All.
    Was war mit den anderen? Er sah sie nicht, spürte nur ihre Gegenwart, kaum merklich, wie Träume in einem Traum, voller Zuversicht, wie Kinder. Ja, wie Kinder, die auf den Armen der Eltern einschliefen, bedenkenlos, darauf vertrauend, dass ihnen nichts passieren würde ...
    Wieder Erinnerungen. Ein Abend, irgendwann. Sommer, der Geruch des Goshun-Sees, Grillenzirpen, eine offene Tür, durch die warme Nachtluft hereinwehte. Und Michael und Suzan, die Zwillinge, vier oder fünf Monate alt, kleine menschliche Würmchen in weißen Stramplern, eingeschlafen auf seinem Bauch. Suzan mit halb offenem Mund. Michael die Arme ausgebreitet.
    Stundenlang hatte er so gesessen, so lange, wie er es ausgehalten hatte.
    Jahrtausende waren vergangen seither. Kaum zu glauben, wie wenig sich Erinnerungen darum kümmerten.
    Rhodan kehrte zurück in die Gegenwart, beunruhigt, wie leicht man sich im Zustand der Suspendierung in Erinnerungen verlieren konnte. Als fehle einem der Anker, den ein physischer Körper darstellte ...
    Es war anders als bei Strangeness-Effekten. Diese Erkenntnis hätte er jetzt gern irgendwo festgehalten, aber wie? Ein Nachteil der Sache. Denn darüber würde man diskutieren müssen.
    Später.
    Rhodan zwang sich zur Konzentration auf den Moment. Sie glitten auf den Mond zu, entstofflicht, durch eine Blase aus Hyperenergie dem Normalraum entrückt, Geistern gleich. Ja, genau – wie Geister in den alten Märchen, für die Burgwände und Verliestüren keinerlei Hindernis darstellten ...
    Halt! Das waren wieder Erinnerungen, das war wieder dieser Sog. Es erforderte ständige Wachsamkeit, dem nicht nachzugeben, sich nicht zu verlieren.
    Der Mond. Er kam näher. Das Technogeflecht glomm düster, schmutzig grün, bedrohlich. Wie damals, als ...
    Halt. Nein. Keine Erinnerungen. Im Jetzt bleiben. In diesem Moment.
    Distanz? Dreizehntausend Kilometer.
    Aha. Der Repulsor-Wall näherte sich. Nun galt es. Wie damals, als ...
    Jetzt.
    Jetzt galt es. Seltsam, so eine körperlose Existenz. Man konnte nicht vor Anspannung die Luft anhalten, spürte kein Herz im Hals schlagen, keine trockenen Hände, kein Kribbeln im Bauch. Und trotzdem war da Anspannung.
    Zwölftausend. Und erste Phänomene. Die Aufmerksamkeit erforderten, auf sich zogen, an sich banden.
    Das feenhafte Blau, in dem sie sich bewegten, dieser Hauch von Himmelsfarbe, der das All tönte, veränderte sich, zeigte abscheulich grüngraue Flecken, bekam Risse, begann zu flackern und zu flimmern. Ein Geräusch, als zögen irgendwo tausend Nägel

Weitere Kostenlose Bücher