PR 2700 – Der Techno-Mond
nichts mehr zu sehen. Nur die beiden Raumschiffe, die in weitem Bogen abdrehten.
Sichu Dorksteiger löste die Augen vom Okular des Fernrohrs, ließ sich wie betäubt gegen die Lehne sinken.
Abgeschossen. Sie hatten die STARDIVER abgeschossen. Unwillkürlich suchte ihr Blick die nächste Uhr.
7.52 Uhr Terra-Standardzeit.
19. Juni 1514 NGZ.
Weiter wollte sie im Moment nicht denken.
*
»Unbekannte Raumschiffe durchdringen den Repulsor-Wall!«
Oberst Valsolda kniff die Augen zusammen. »Können wir irgendwelche Strukturlücken anmessen?«
»Negativ.« Die Frau am Orterpult hüstelte. »Aber etwas in der Art muss da ja wohl sein.«
»Sind die Wissenschaftler wach?«
»Schon lange«, erklang die flache Stimme Doktor Awrats. »Alle Aufzeichnungen laufen. Es hat eine Schießerei in der Äquatorregion gegeben.«
»Ist uns nicht entgangen«, sagte Valsolda. »Wer immer sich da auf Luna eingenistet hat, scheint interne Streitigkeiten auszutragen.«
»Orterkontakt!«, rief die Offizierin. »Dreißig unbekannte Raumschiffe haben den Wall passiert. Gehen in Orbit um Luna. Starke Schutzschirme.«
»Dass sie was von Schutzschirmen verstehen, war klar«, knurrte Valsolda. »Wissenschaftssektion? Habt ihr das?«
»Positiv. Den Impulsmustern zufolge scheint es sich um Schirme ähnlich unseren Paratrons zu handeln.«
»Gut zu wissen.« Valsolda wandte sich an die Funkzentrale. »Versucht, Funkkontakt zu den fremden Schiffen herzu...«
In diesem Moment flammte das Holo der Kommunikationsanlage auf – selbsttätig! –, und der Kopf eines Fremden erschien, der einer bislang völlig unbekannten Spezies angehörte.
Nichts, was nicht viele der Raumfahrer an Bord der Schiffe des Luna-Verbandes schon erlebt hätten.
Nur eben nicht in der Mondumlaufbahn, quasi vor Terras Haustür.
Der Fremde war humanoid, hatte lackschwarze Haut, die an poliertes Ebenholz denken ließ, goldfarbene Augen, eine vorspringende Mundpartie und ein kreisrundes Irgendwas auf der Stirn. Üppige schwarze Haare wuchsen vom Schädel entlang der Seiten des Kopfes bis hinab zum Hals, der in einem schreiend bunten, kompliziert geschnittenen Gewand verschwand.
So weit kein Anblick, der einen in den Straßen von Terrania City veranlasst hätte, sich nach dem Wesen umzudrehen.
Die Stimme schon eher.
»Mein Name ist Shekval Genneryc. Ich bin Kommandant des Raumvaters HOOTRI, Anführer des onryonischen Raumrudels, und ich spreche und handle im Namen und Auftrag des Atopischen Tribunals«, sagte der Fremde in geradezu mustergültigem Interkosmo. Seine Stimme klang weich und doch so bestimmt, als sei so etwas wie Widerspruch undenkbar für ihn. »Dem Tribunal liegen eindeutige Hinweise vor, dass der soeben gestartete, von Oberst Bennelong Eoura an Bord der GIOVANNI CABOTO geführte Verband den Auftrag hat, in die Kampfhandlungen im Ghatamyz-Sektor einzugreifen. Dies untersagen wir hiermit. Ich fordere die GIOVANNI CABOTO und alle Schiffe des Verbandes dringend und ultimativ auf, nicht weiter zu beschleunigen und insbesondere von einem Übertritt in den Linearraum abzusehen.«
Das Holo erlosch.
17.
»Wer ist das?«
»Was ist das für eine Spezies?«
»Onryonisch? Was heißt das? Dazu finde ich nichts. Ist das eine Gattungsbezeichnung? Onryonen?«
»Nie gehört.«
»Ruhe!«, befahl Oberst Valsolda mit donnernder Stimme.
Es kehrte etwas ein, was man annähernd so bezeichnen konnte. Doch die Aufregung der Besatzung war immer noch mit Händen zu greifen.
»Funkzentrale? Was ist da eben vorgefallen?«
»Ähm ... Es scheint, als könnten die Fremden unsere Kommunikationsanlagen fernsteuern. Sie haben sich mit Überrangkode draufgeschaltet. Wir haben keinen Finger gerührt.«
»Na toll.« Onryonisches Raumrudel. Atopisches Tribunal. Was glaubten die, wer sie waren? Er tippte auf die Schaltfläche, mit der er auf Rundspruch ging. »Valsolda an alle Einheiten des Luna-Verbandes: Alarmstufe rot. Volle Gefechtsbereitschaft herstellen.«
Er hob den Blick. Auf einem Schirm waren schachbrettartig Symbole aufgereiht, eines für jedes Schiff seines Verbandes. Es dauerte keine zehn Sekunden, bis das erste davon rot aufleuchtete. Die Rückmeldung erfolgte positronisch und automatisch. Hinter jedem Symbol, das die Farbe wechselte, standen Leute, die durch Gänge rannten, Waffenleitstände besetzten, Transformkanonen hochfuhren und was der Dinge mehr waren, die alles andere als automatisch abliefen.
Bei achtzig Prozent Bereitschaft sagte Oberst Valsolda:
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