PR 2704 – Die Rückkehr der JULES VERNE
auf. »Ich möchte noch einige Vorbereitungen treffen.« Die Hose rutschte beinah an seinem dürren Leib hinab. Ein Fixiermechanismus am Bund hinderte sie letztlich daran.
»Selbstverständlich.« Cheung nickte dem Agenten zu, der ohne weiteren Kommentar das Büro verließ.
Khosrau hatte einen Gang, als leide er unter einem Hüftschaden. Um kein Geld der Welt hätte sie geglaubt, dass dieser Mann ein hochdekoriertes Mitglied des Terranischen Liga-Dienstes war. Seine Gestalt wirkte lächerlich und bedrohlich gleichermaßen, sein Gehabe beunruhigte sie.
Cheung vergaß den Mann gleich wieder. Sie hatte andere Aufgaben zu erledigen. Scharfmacher meldeten sich nun vermehrt zu Wort. Sie nutzten die Gelegenheit, um zu provozieren und politisches Kleingeld zu machen, und sie erhielten immer mehr Unterstützung. Die Volksseele kochte hoch. Terraner waren gestorben, waren von den Onryonen hingerichtet worden.
»Ich brauche eine Konferenzschaltung mit allen verfügbaren Mitgliedern des Solaren Sicherheitsrats«, ordnete Cheung an. Sie starrte auf ihre Notizen. Eine Liste mit Angelegenheiten, die auf der Agenda standen, umfasste etwa fünfzig Punkte, und sie hatte noch nicht einmal die Hälfte abgearbeitet.
Es würde wieder sehr spät werden.
Oder sehr früh.
*
Ghiyas Khosraus Abreise ging im starken Reiseverkehr innerhalb des Solsystems unter. Die Onryonen störten sich nicht daran. Vorerst beließ es die politische Opposition bei belanglosen Drohungen. Niemand wagte es, innerhalb des Solsystems in den Linearraum zu wechseln, auch wenn der Druck in den Kontinentalparlamenten, in Abgeordnetenkammern und innerhalb des militärischen Korps stetig zunahm.
Cai Cheung wurde als schwach und wankelmütig dargestellt, an Arun Joschannan ließ man ohnedies kein gutes Haar.
Die Solare Premier ließ ihre politischen Gegner krakeelen. Sie hatte sich längst damit abgefunden, dass diese bloß in den wenigsten Fällen zur Zusammenarbeit bereit waren und auch nur dann, wenn sie selbst davon profitierten.
Ein Holo hielt sie über Ghiyas Khosraus Reise informiert. Es war zehn Uhr. Eben glitt die MORGIANA in eine Umlaufbahn um den Saturnmond Dione. Sie umkreiste den Gesteinsbrocken zweimal, bis der TLD-Agent das Prozedere einer letzten Sicherheitsüberprüfung durchlaufen hatte und ohne weitere Umschweife in Richtung Polyport-Hof GALILEO gelotst wurde.
Alles verlief völlig unspektakulär. Khosrau meldete sich ein letztes Mal und sagte einige belanglose Worte, bevor er in den Transferkamin einfädelte. Die auf dem Ponton-Tender GALILEO GALILEI stationierte Technikmannschaft lieferte eine Vollzugsmeldung. Die Einschleusung der Minor Globe war glatt vonstattengegangen.
Unmittelbar nach dem Abtransport traf eine Funknachricht der Onryonen ein, wiederum war es Shekval Genneryc, der sprach. Er verlangte eine Direktverbindung zu ihr – und ließ das Gespräch an die fünfzehn wichtigsten Nachrichtenstationen des Solsystems übertragen.
»Ihr nutzt die Freiheiten, die wir euch gewähren, in einem mitunter unerträglichen Maß aus«, beklagte sich der Onryone, ohne ein Wort des Grußes zu verlieren.
»Was meinst du damit?«
»Der Betrieb des Polyport-Systems ist nicht in unserem Sinne.« Die goldfarbenen Augen des Onryonen stachen deutlicher als sonst aus seinem dunklen Gesicht hervor. »Ich bitte euch, keine weiteren Transporte und Personenbeförderungen durchzuführen.«
»Handelt es sich um eine Bitte oder um einen Befehl?«
Genneryc bewegte seinen vorgestülpten Mund so, dass man meinte, ein Lachen erkennen zu können. »Du weißt, wie es gemeint ist, Solare Premier«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Ich hoffe, dass wir uns kein weiteres Mal über dieses lästige Detail in unserer Zusammenarbeit unterhalten müssen.«
»Zusammenarbeit?«
»Ich werde gegebenenfalls auf dieses Thema zurückkommen. Aber jetzt rufen mich andere Pflichten. Ich bitte dich, meinen Appell an eure Vernunft ernst zu nehmen und uns nicht zu provozieren.«
Die Verbindung brach ab, das Holo zeigte nur noch das einfache Symbol der LFT. Wenige Sekunden später avisierte die Positronik einen weiteren wichtigen Gesprächspartner.
Cheung war rechtschaffen müde, und sie hatte große Lust, die Arbeit für diesen Tag Arbeit sein zu lassen. Doch diesem einen Gesprächspartner musste sie noch einige Minuten ihrer Aufmerksamkeit schenken.
»Was für freundliche Leute diese Onryonen doch sind«, sagte Sichu Dorksteiger. Ihr grünes, attraktives Gesicht füllte
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