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PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen

PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen

Titel: PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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mal zuzuhören, ohne dass man mich in der Nähe wusste.«
    »Dass du dich da mal nicht täuschst.« Der Major nickte. »Ich achte sehr wohl darauf, dass man mich bei meinen Ansprachen nicht unterbricht oder stört. Du wurdest von den Kameras hier und hier«, er deutete auf winzige schwarze Pünktchen an der Gangdecke, »registriert. Es steht mir nicht zu, den Befehlshaber der JULES VERNE zu vertreiben. Aber ich hätte es getan, wenn du in den Raum gekommen wärst.«
    »Ich verstehe.« Vor allem, warum du bei deinen direkten Vorgesetzten nicht sonderlich beliebt bist.
    »Du möchtest mit mir über den Onryonen sprechen?«, fragte Snijden.
    »Ja. Ich will wissen, wo ihr ihn aufgegriffen habt und wie die Umstände waren.«
    Snijden bat ihn, sich zu setzen. Er legte letzte Teile seiner Ausrüstung ab – über die Brust geklebte Sensorbänder, ein schmales Multifunktionsarmband, ein Vibro-Messer, das er unter dem SERUN am Unterschenkel getragen hatte, das ebenfalls an die Haut geklebte Notpak – und knabberte lustlos an einem Kraftriegel.
    »Wir entdeckten ihn abseits des eigentlichen Kampfgeschehens, in einer Nebenzentrale. TARAS hatten die Spur seiner Vitalimpulse verfolgt und ihn gestellt. Über die genauen Umstände kann ich nichts sagen. Fest steht, dass er sich mit allem, was ihm zur Verfügung stand, gegen die Roboter wehrte. Als ihm die Aussichtslosigkeit seiner Lage bewusst wurde, entschied er sich für Suizid. Wir konnten ihn gerade noch daran hindern.«
    »Was war mit der übrigen Besatzung?«
    »Wir haben alle anderen Bordmitglieder eliminiert.« Snijden warf den Kraftriegel angewidert quer über den Tisch. »Das Schiff war nur mit vier Onryonen besetzt.«
    »Vier? Bist du sicher?«
    »So sicher, wie man sein kann, wenn man für einen Einsatz gerade mal eine halbe Stunde Zeit zur Verfügung hat. Die meisten Räumlichkeiten waren versiegelt, dahinter befand sich nichts. Widerstand schlug uns hauptsächlich von gegnerischen Roboteinheiten entgegen. Kampfstarke Dinger, kann ich nur sagen. Sie bereiteten unseren TARAS gehörige Probleme.«
    »Ich möchte, dass das Bildmaterial und alles, was ihr mitgebracht habt, so rasch wie möglich ausgewertet werden.«
    »Wir haben es bereits an Oter übergeben.«
    »Ausgezeichnet. Habt ihr eine Positronik der Onryonen geborgen?«
    Snijden zögerte. »Nur Teile dessen, was wir in einer peripheren Anlage an uns bringen konnten. Die Zentrale des Raumers war großteils blockiert und vermint, die Zeit zu knapp für genauere Untersuchungen.«
    »Ich verstehe.« Bull starrte den Major an. Bislang hatte er kontrolliert und selbstbewusst gewirkt. Nun, da die Adrenalinzufuhr endlich gestoppt war, fiel er merklich in sich zusammen und war nur noch ein müder Mann mit zu vielen Falten im Gesicht.
    »Du sorgst dich gut um deine Leute«, sagte Bull und stand auf. »Das ist nicht selbstverständlich. Ich verlange von dir, dass du dich auch um dich selbst kümmerst. Du nimmst die nächsten vierundzwanzig Stunden frei, verstanden?«
    »Ja, Sir!«, sagte der Major, stand auf und salutierte reflexartig.
    »Ich kümmere mich darum, dass Suzie Quentin ebenfalls eine Freischicht bekommt. Sie hat ebenfalls eine Pause verdient. Unternehmt gemeinsam etwas.«
    »Aber ... Woher weißt du ...«
    Bull grinste. »Ich verstehe auch ein wenig von Menschenführung. Zudem haben die Wände an Bord der JULES VERNE Ohren. Und ja, ein wenig neugierig bin ich ebenfalls.« Er wurde gleich wieder ernst. »Manchmal glaube ich, dass ich Charakterzüge von Gucky übernommen habe.«
    Gucky ... Er verabschiedete sich mit einem knappen Nicken und verließ den Raum.

13.
    Der Stellvertreter
     
    Wawacoon versuchte es immer wieder. Seine Leihschwester hielt sich stets in seiner Nähe auf, machte anzügliche Bemerkungen, ließ ihn ihr Interesse spüren. Sie war ein richtiges Luder!
    Und sie hatte etwas an sich, dem er kaum widerstehen konnte. Ihre Bewegungen, ihre Stimme, der Duft ihres Haars, wenn sie an ihm vorüberschwebte ...
    Abanell wusste, dass sie ihn bloß als Hindernis auf ihrem Weg nach oben sah. Sie würde ihn verwenden, missbrauchen und wieder ausspucken. Alles war ihr recht, wenn sie nur an die Macht über die Sippe gelangte.
    Es gab mittlerweile viele kleinere und größere Händlergemeinschaften, die von Frauen beherrscht wurden. Sobald sie es einmal in den Rang einer Patriarchin geschafft hatten, gaben sie sich rücksichtslos, manipulativ und gerissen. Der Geschäftssinn war ihnen ohnedies angeboren.

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