PR 2707 – Messingträumer

ist ein einziger spiegelneuronaler Komplex.«
    »Weswegen es ihm so leicht gefallen ist, Interkosmo zu lernen«, vermutete Zennor. »Und weswegen er seine Mimik so gestalten kann, dass wir ihn mittlerweile mühelos verstehen.«
    Doey presste wieder die Lippen aufeinander. »Ich weiß nicht, ob wir ihn verstehen«, sagte sie. »Aber er ist exzellent darin, uns das Gefühl zu vermitteln, dass wir es tun.«
     
    *
     
    Der Anruf überraschte Zennor nicht. Er nickte dem Funker zu, der ihm die Mitteilung gemacht hatte: Cantanzaro wünsche ihn zu sprechen – unter vier Augen.
    Zennor zog sich in seine Kabine zurück und ließ sich verbinden. Cantanzaro, kompakt, stabil, die dichten weißen Haare zu Stoppeln geschoren, schaute ihn aus dem Holo an.
    »Ich habe den Bericht erhalten«, sagte der Administrator. »Es wurde keine unmittelbare Gefahr festgestellt, die von dem Fremden ausginge.«
    »Was eine mittelbare Gefahr nicht ausschließt«, sagte Zennor.
    »Ohne jeden Zweifel«, sagte Cantanzaro. »Ohne jeden Zweifel.«
    »Also werden wir ihn nicht nach Rhea lassen.«
    »Wäre das klug?«
    »Wir können davon ausgehen, dass er als Spion kommt.«
    »Ohne jeden Zweifel«, stimmte der Administrator zu.
    »Bestenfalls kommt er wirklich als Propagandist. Aber warum sollten wir ihm Gelegenheit geben, für unsere Feinde zu werben?«
    »Wir sollten ihn verhaften und verhören. Und sein Schiff konfiszieren.«
    Zennor nickte.
    »Habt ihr ihn nicht schon verhört?«
    Zennor verzog unwillig den Mundwinkel.
    »Und sein Schiff? Steckt es nicht voller terranischer Technik? Oder Technik, die von der terranischen ununterscheidbar ist?«
    »Auf den ersten Blick«, sagte Zennor und berichtete dann von dem fremdartigen Material, das der Tesqire Flexopärm genannt hatte.
    »Ich soll also den Kontakt verweigern. Am besten Leute an Bord des Bumerangs schicken und es besetzen. Was, wenn das Schiff eine Falle ist? Was, wenn die Onryonen nur darauf warten, dass wir ihnen einen Vorwand zum Eingreifen bieten?«
    Zennor sagte: »Das müssen wir riskieren.«
    »Müssen wir?« Der Administrator schien nachzudenken. »Wir sind nicht das einzige System, das Besuch von einem Tesqiren erhält.« Er nahm eine Infofolie in die Hand und aktivierte sie. »Ein Bumerang-Schiff mit dem Namen SANFT UND HEILSAM IST DAS SCHWERT DES WEISEN RICHTERS ist im Wega-System aufgetaucht. Eine DAS GESETZ DIENT DEM BEHERRSCHTEN BIS IN DEN TOD befindet sich im Illema-System. Ein Schiff, dessen Name so lang ist wie eine Gesetzesvorlage des Galaktikums zur Regelung des Umfangs der Wetterkontrolle in Naturschutzreservaten, kreist im Orbit von Swoofon. Und so weiter. Sieben Tesqiren. Und das nur im Hoheitsgebiet der Liga. Nach noch unbestätigten Meldungen operieren die Bumerang-Schiffe auch im Kristallimperium. Und wer weiß, wo sonst noch.«
    »Und wie reagieren die dortigen Verantwortlichen?«
    »Unsere oxtornischen Freunde haben den Bumerang landen lassen.« Der Administrator strich sich grinsend über den Bürstenschnitt. »Du kennst die Oxtorner ja: unbesiegbar, unverwundbar, durch körperliche Robustheit gefeit gegen Tod und Teufel.«
    Sie lachten beide.
    »Und Joschannan?«, erkundigte sich Zennor.
    »Maharani wird nicht von Schiffen geplagt, die wie juristische Weisheiten heißen. Jedenfalls noch nicht . Der Resident, wenn das Sinn deiner Frage war, lässt allen Administratoren freie Hand.« Er lächelte. »Vordergründig jedenfalls. Timeo Danaos et dona ferentes.«
    »Wie bitte?«, fragte Zennor.
    »Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen«, übersetzte Cantanzaro. »So sprach der Priester Laokoon, als er das Geschenk der Danaer, das Trojanische Pferd, vor den Toren der Stadt Troja sah.«
    »Du meinst, der Tesqire bringt uns ein unheilvolles Geschenk?«
    »Ich meine, der Tesqire ist möglicherweise das Geschenk. Und das ist auch Joschannans Meinung. Die Frage ist ...« Er zögerte und schaute Zennor an.
    »Die Frage ist, wer das Geschenk auspackt«, erriet Zennor.
    Der Administrator nickte. »Wer es auspackt und wo es zum ersten Mal ausgepackt wird. Und da würde der Resident es lieber sehen, es würde auf einer Welt wie Rhea ausgepackt und nicht auf Maharani. Oder auf einer anderen Welt von überregionaler Bedeutung.«
    »Wozu besprichst du das alles mit mir? Du hast deine Entscheidung längst getroffen, oder?«
    »Ich kenne dein Dossier, Freeman. Sehr beeindruckend. Besonders deine USO-Vergangenheit.«
    »Die ich nie verhehlt habe.«
    »Warum auch?«