PR 2707 – Messingträumer
müssen.
Ihr Maskenbildner war ein Roboter. Er erklärte in seinem vage feminin klingenden Tonfall, dass sie mit einer Pharmasque versehen würden, einer pharmazeutischen Maske. Die Ganzkörpermaske würde nicht nur ihre Gesichtsproportionen und die Hautfarbe ändern, sondern auch Körpergeruch, Schrittlänge und -rhythmus sowie den Klang ihrer Stimme.
»Man wird ein neuer Mensch«, sagte der Roboter mit einem Ernst, der Rhodan lachen ließ.
»Eine Sonderanfertigung?«, fragte er Bughassidow.
Der Rheaner schüttelte den Kopf. »Du kommst nicht viel unter Leute, oder? Pharmasquen sind nicht nur auf den Welten der Liga beliebt und begehrt. Die meisten benutzen sie als eine Art Hyper-Make-up, zu ... nun ja ... erotischen Zwecken. Schließlich bedeutet pharmakon so viel wie Gift oder eben auch Zaubermittel.«
»Aha«, machte Rhodan und hob das Kinn, weil die Maschine seinen Kehlkopfbereich in Arbeit nehmen wollte.
Kurz darauf machte Rhodan seine ersten Schritte als neuer Mensch . Dieser neue Mensch ging ein wenig schleppender, zögerlicher als der alte. Sein Gesicht war tatsächlich nicht wiederzuerkennen. Am meisten aber irritierte ihn das herbe, etwas bittere Aroma, das ihn umgab – sein neuer Körpergeruch.
»Nun? Wie fühlst du dich?«, fragte Bughassidow, der vierschrötig und mit fiebrig glänzenden Wangen vor ihm stand, auch er ein neuer Mensch.
»Wie wird Marian uns erkennen?«, fragte Rhodan zurück.
»An meiner liebenswürdigen Art«, sagte Bughassidow. Sogar sein Lachen klang wie neu.
*
Sie erreichten das Museum für Automatische Kunst um 10 Uhr des 26. Juni 1514 NGZ. Marian Yonder erwartete sie, das Haar wie stets von dem Sturm zerzaust, der wohl nur in seiner Welt blies.
Yonder hatte darauf verzichtet, sich eine Pharmasque anlegen zu lassen. Den Gedanken, jemand außerhalb des Schiffes könne ihn erkennen, hatte er brüsk von sich gewiesen.
Das MAK – zumindest seine Fassade – erhob sich aus einer weiten Plaza. Es ragte hoch auf und schien ausschließlich aus losen, metallenen Bändern zu bestehen. Als hätte der Verband eines Titanen sich gelockert und fiele nun vollends auseinander. Es brauchte eine Weile, und man musste seinem Verstand mehr trauen als seinen Augen, damit man begriff, wie standfest und seriös das Gebäude wirklich war – sinnverwirrende Posbi-Architektur, dachte Rhodan. Man müsste Posbi sein, um seine Freude daran zu haben. Oder Kelosker.
Bughassidow trat auf Yonder zu und klopfte ihm kurz auf die Schulter. Rhodan registrierte, wie der Kommandant der KRUSENSTERN fast unmerklich zusammenzuckte. Berührung war Yonder offenbar nicht angenehm, aber er versuchte, seinen Widerwillen zu verbergen.
Sie hatten verabredet, nicht sofort zu dem Saal zu gehen, in dem sich das Plasmahirn befand.
Spielen wir also Touristen, dachte Rhodan. Oder wenigstens die kunstsinnigen Besucher.
Erst dem Übersichtsholo im Foyer entnahm Rhodan, wie weitläufig das MAK wirklich war. Das Holo zeigte auch, welche Abteilungen sich in diesem Moment des größten Publikumszuspruchs erfreuten. Yonder wies auf den Saal, in dem sich das Plasmahirn befand.
»Kein Publikumsmagnet«, bemerkte Bughassidow.
Yonder ging voran. Es war Rhodan recht, dass sie nicht den kürzesten Weg zum Plasmahirn nahmen, sondern den einen oder anderen Bogen schlugen, ohne aber große Umwege zu machen. Bei einigen Exponaten verweilten sie, wenn auch nie lang. Eine der Kunstmaschinen erzählte, was sie ganz- und halbzahlige Märchen nannte. Rhodan fand sie abstrus, aber eine Handvoll lauschender Kinder quietschte vergnügt und klatschte in die Hände. In einem hochgewölbten Saal regneten aus einer dunklen Wolke Schweigeperlen in eine mannshohe, transparente Traufe.
Rhodan betrachtete eine Weile das Geschehen auf einer Art ovaler Tischtennisplatte, auf der winzige Roboter – manche groß wie ein Fingernagel, manche winzig wie eine Wimper – irrwitzig schnelle Bewegungen ausführten, flitzten, rollten, Kapriolen schlugen, denen mit dem menschlichen Auge kaum zu folgen war. Der Titel des mechanischen Balletts lautete Dämonensport.
In einem anderen Raum meißelte ein dutzendarmiger Roboter aus einem Granitquader binnen einer Minute die Skulptur einer Menschenfrau, so unvorstellbar detailliert, dass Tausende einzelner Haupt- und Schamhaare sichtbar waren, ja das Rillengefüge der Fingerkuppen und die feinsten Strukturen ihrer steinernen Lippen. Dann löschte ein Desintegratorstrahl die Skulptur aus, sodass nichts
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