PR 2722 – Altin Magara
wurde bei der Datenauswertung wegen vieler Störquellen ausgeblendet, die schwarze Zone links konnte das Observatorium Very Large Array von New Mexico aus nicht einsehen. [L. Rudnick et al., NRAO, AUI, NSF]
Die Schwierigkeit: Eine zufällige Dichteschwankung im Urgas, die bei der Strukturbildung ein Leerraum vom Ausmaß eines Superlochs hinterlassen hat, ist der Standardkosmologie zufolge sehr unwahrscheinlich – vielleicht 1 zu 1 Milliarde oder noch viel geringer. Dagegen wäre ein Sechser im Lotto bei einem einzigen abgegebenen Tipp fast schon ein leichtes Spiel.
Abdruck eines anderen Universums?
Wie könnte ein so großer Leerraum in den 13,8 Milliarden Jahren seit dem Urknall sonst entstanden sein? »Vielleicht durch den Einfluss anderer Universen«, lautet Laura Mersini-Houghtons verwegene Hypothese.
Das lässt eher an eine verrückte Science-Fiction-Idee denken als an seriöse Wissenschaft. Doch die Professorin an der University of North Carolina in Chapel Hill hat die Existenz eines solchen Lochs noch vor Rudnicks mutmaßlicher Entdeckung vorausgesagt. Mit ihrem Kollegen Richard Holman hatte sie bereits 2006 darauf hingewiesen, dass es riesige Leerräume geben könnte, wenn sich neben unserem Universum auch andere aus einem Quantenvakuum gebildet hätten. Der Urknall war demzufolge weder der absolute Anfang von allem noch ein einzigartiges Ereignis, sondern lediglich die Entstehung unseres Universums – als eines unter vielen. Je nachdem, wie stark die Energie im Quantenvakuum schwankte und wie das Verhältnis von Energie und Gravitation aussah, kollabierten die neuen Sprösslinge entweder sofort wieder, oder sie wurden durch den als Kosmische Inflation bezeichneten Aufblähungsprozess gleichsam groß und stark.
Obwohl die Paralleluniversen längst viel zu weit voneinander entfernt wären, um noch in Kontakt zu treten, sind sie doch nicht vollkommen isoliert voneinander. Denn von Anfang an gab es quantenphysikalische Verschränkungen zwischen ihnen.
Diese »spukhaften Fernwirkungen«, wie Albert Einstein sie genannt und 1935 vorausgesagt hat, sind von Quantenphysikern seit 1980 nachgewiesen und die Grundlage von Quantenteleportation und -kryptographie. Auf kosmischen Skalen wären sie eine Art Verbindung mit unseren Nachbaruniversen.
»Ein solcher verschränkter Zustand bleibt erhalten«, sagt Laura Mersini-Houghton. »Obwohl die Inflation unsere Region rasch aus der Reichweite der anderen Universen katapultierte, sollten diese noch immer in Quantenbeziehungen zu unserem stehen.« Dies ist letztlich eine Folge des Energieerhaltungssatzes. Und die Wechselwirkung führt dazu, dass die Nachbaruniversen gleichsam an unserem ziehen: Wo der Effekt besonders stark war, wurde die Galaxienbildung unterdrückt – ein gigantischer Leerraum war die Folge.
So könnte das Superloch den Weg weisen zu einem Kosmos, der viel größer und exotischer ist, als es sich die meisten Astronomen vorzustellen wagen – und dabei stünde das nächste Universum doch quasi vor unserer kosmischen Haustür.
Statistische Schimäre?
Aber nicht alle Astronomen waren von der Existenz des Lochs überzeugt. So vermuteten Kendrick Smith von der University of Cambridge und Dragan Huterer von der University of Michigan in Ann Arbor, das Superloch sei ein statistisches Artefakt der Datenauswertung. Auch bezweifelten sie, dass die verminderte Radiostrahlung sich ohne Weiteres mit de WMAP Cold Spot deckt.
Unterstützung für Rudnick kam dagegen von Jason McEwen und seinen Kollegen aus Cambridge: Bei einer unabhängigen Auswertung des NVSS-Katalogs hatten die Astronomen ebenfalls eine Abnahme der Radiostrahlung in der Himmelsregion festgestellt.
Rudnick nahm die Kritik trotzdem ernst – und die Himmelsregion mit dem VLA noch genauer ins Visier. Und tatsächlich hatte sich die Datenlage inzwischen geändert.
Kein Riesenloch im All
»Der Cold Spot erfreut sich bester Gesundheit«, sagt Rudnick mit Blick auf die neuen Planck-Messungen, »aber die Indizien für den Leerraum sind kollabiert.« Das zeigten zum einen die genaueren Radioastronomie-Daten. »Wenn es ein großes Loch vor dem Cold Spot gäbe, würden wir in dieser Richtung weniger Galaxienhaufen sehen als in anderen. Für die relativ hellen Radioquellen der NVSS-Himmelsdurchmusterung war das der Fall. Aber mit neuen Beobachtungen, die auch schwächere Quellen nachweisen konnten, fiel der Vergleich schlechter aus – der Unterschied nahm ab,
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