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PR 2723 – Nur 62 Stunden

PR 2723 – Nur 62 Stunden

Titel: PR 2723 – Nur 62 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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die Vitalimpulse eines Zellaktivators viel, viel früher bemerken und Alarm geben müssen. Doch sie hatte mit ihren Gefühlen zu kämpfen gehabt. Hatte auf der Toilette gesessen, weinend, um in Gegenwart ihrer Partner keine Schwäche zu zeigen.
    Nun saß sie in ihrem Schlafzimmer fest, hatte alle verfügbaren Verteidigungsmechanismen aktiviert und versuchte fluchend, endlich den Schutzanzug überzuziehen und seine lebenserhaltenden Funktionen zu aktivieren.
    Sie dachte nach. Drei Wände. Eine breite Fensterfront, die Jalousien sind vorgezogen. Der Sichtschutz nützt so gut wie nichts. Eine Ausgangstür, daneben der Zugang zu den Nassräumen. Der geplante Fluchtweg führt durch die Decke, hoch ins letzte Geschoss, von dort aus aufs Dach und durch Entlüftungsschächte in die Tiefe. Hinab in die Kanalisation. Alles ist geplant, alles ist vorbereitet.
    Rings um sie war Geschrei. Lärm. Gestank. Noch war sie allein im Raum, doch das würde sich bald ändern.
    Der Anzug maß ein geruchloses Betäubungsgas an. Gerade rechtzeitig konnte sie auf autarke Sauerstoffzufuhr umschalten. Dennoch befiel sie Übelkeit, ihr Verstand funktionierte plötzlich langsam und träge. Toio ließ sich Dentorium spritzen, ein araisches Aufputschmittel, das ihren Geist rasch wieder klar werden ließ. Die Wirkung des Dentoriums hielt etwa eine Stunde an, dann würde sie für den Einsatz des hochtoxischen Mittels mit üblen Magenkrämpfen und Halluzinationen büßen.
    Toio drehte sich rasch im Kreis. Die Terraner bearbeiteten eine Wand mit Desintegratoren, von oben und unten maß ihr Anzug ebenfalls ungewöhnlich hohe energetische Werte an. Ihre Feinde griffen sie von allen Seiten her an.
    Mobile Schutzschirme, von ihr an die Innenwände gelegt, sicherten den Raum. Noch. Die Leistungskapazität des Steuergeräts, auf dem Schwarzmarkt in Terrania erstanden, war nicht sonderlich hoch. Toio hatte drei, bestenfalls vier Minuten, dann würden die Schirme implodieren.
    »Ergib dich!«, sagte jemand mit ruhiger Stimme über Funk. Der Terraner nutzte alle verfügbaren Frequenzen. »Wir werden dir nichts tun.«
    Der Teil einer Wand stürzte ein, Staub erschwerte ihr den Blick nach draußen. Sie brauchte einen Plan, rasch, rasch!
    »Ich verhandle!«, antwortete Toio auf derselben Frequenz. »Aber nur mit Attilar Leccore.«
    »Es gibt nichts zu verhandeln. Du ergibst dich, du bleibst am Leben.«
    Schemenhafte Gestalten wurden jenseits des Schutzschirms sichtbar. Groß gewachsene, in SERUNS gepackte Kämpfer. Sie starrten sie an, von den Energien der Schutzschirme in gelben und roten Tönen farbverzerrt.
    So ruhig wie möglich bereitete sie sich auf den Kampf vor. Sie trug zwei Waffen bei sich. Einen handlichen Nadler, der ihr kaum weiterhelfen würde, und einen Kombistrahler, den Toio vorsorglich auf höchste Leistung justierte. Sie würde mit dem Thermostrahler arbeiten. Er würde ihr nichts nützen. Dort draußen wurden energetische Prallwände errichtet, denen sie unmöglich beikommen konnte. Sie musste auf ihr Glück vertrauen. Auf Zeit spielen. Darauf hoffen, dass Lan rechtzeitig zurückkehrte und sie in Sicherheit brachte.
    War er überhaupt entkommen? Vielleicht lag er nebenan, bewusstlos oder tot.
    »Ich habe Bostich bei mir!«, sagte sie, sprang übers Bett zu einem Bereich, den die Angreifer nicht einsehen konnten. »Ich töte ihn, falls ihr mich nicht in Ruhe lasst!«
    Der Beschuss ließ nach. Kommandos ertönten. Erschütterungen im Boden, die sie bislang noch gar nicht wahrgenommen hatte, endeten ebenfalls.
    Toio hielt ihre Waffe gegen ein Kissen, das vom Bett gepurzelt war. Es war nicht zu sehen, was sie hielt. Die Hauptsache war, dass die Angreifer glaubten, sie würde etwas halten.
    »Ich brauche bloß den Finger zu krümmen. Wollt ihr das riskieren? Wollt ihr das?« Sie ließ die Stimme schrill und panisch klingen. Die Terraner sollten glauben, dass sie kurz davor stand, die Beherrschung zu verlieren.
    Fünf Sekunden vergingen.
    Dann zehn.
    Warum, verflucht noch mal, verstrich die Zeit so langsam?!
    Toio rann Schweiß über den Nacken, den Rücken entlang nach unten. Ihr war heiß, ihr war kalt. Dieser Einsatz war anders als alle zuvor. Sie hatte keine Kontrolle über die Situation. Sie war darauf geschult, für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Doch sie sah keine Möglichkeiten für ein Entkommen. Lan Meota war ihr einziger Rettungsanker.
    Fünfzehn Sekunden Ruhe, die die Terraner benötigten, um sich auf die neue Lage einzustellen.

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