PR Action 20 Die Splitter Des Feindes
verurteilt.«
Lok-Aurazin sagte nichts. Stattdes-sen begann er, langsam und gemessen um die Ultima herumzugehen. Sein Blick schweifte durch den Raum, während er sprach.
»Weißt du, Verehrteste, was ich am
Naral-System immer besonders geschätzt habe? Euer Hierarchiesystem. Es baut auf dem Grundgedanken der Sklaverei auf. Im Gegensatz zu vielen anderen Völkern funktioniert bei euch das System. Und weißt du auch, warum?«
Unvermittelt riss er den Drehsessel zu sich herum, und von einem Moment zum anderen waren ihre Gesichter allenfalls eine Handbreit voneinander entfernt. Liarr starrte in die Augen des Magadonen, die sich tief in ihre Seele zu brennen schienen, und wäre abrupt zurückgewichen, hätte die Rückenlehne sie nicht daran gehindert.
Lok-Aurazin gab sich die Antwort selbst: »Weil ihr Ekhoniden ein so pflichtbewusstes und ehrenvolles Volk seid. Es würde euch nie in den Sinn kommen, euer System infrage zu stellen oder euch dagegen aufzulehnen. Es gibt ein genau festgelegtes Ranggefüge, das dafür sorgt, dass jeder auf seiner eigenen Sprosse der Hierarchieleiter steht. Du stehst ganz oben auf dieser Leiter. Du allein besitzt die Macht, die Wachstationen in Betrieb zu nehmen. Ist es nicht so?«
Er starrte ihr direkt in die Augen, und sein Gesicht füllte ihr gesamtes Blickfeld aus. Sie spürte seinen heißen, irgendwie bitteren Atem auf ihrer Haut. Mit eisernem Willen zwang sie sich zur Ruhe. Sie wollte den Kopf schütteln und ihm sagen, dass er unrecht hatte, doch bevor sie dazu kam, verzogen sich Lok-Aurazins Lippen zu einem gewinnenden Lächeln.
»Außerdem«, sagte er, und jetzt klang er beinahe fröhlich, »habe ich den hier.« Er tippte mit zwei Fingern auf den jadegrünen Hellquarz in seiner Stirn. »Du kannst mich nicht belügen!«
Liarr schwieg. Sie wusste zu wenig über Hellquarze und die Fähigkeiten, die sie ihren Trägern verliehen, aber sie wusste, dass die gläsernen Kinder über telepathische Fähigkeiten verfügten. Entsprechend musste sie davon ausgehen, dass Lok-Aurazin recht hatte: Sie konnte ihn nicht belügen. Und sie hatte ihn belogen.
3E
Andreas Kasprzak
Das wussten sie beide.
Lok-Aurazin brachte es auf den Punkt: »Du allein bist als Ultima im Besitz der Kommandokodes für die automatischen Wachstationen. Du hast die alleinige Befehlsgewalt über eure Flotte
- spätestens, seit praktisch das gesamte Parlament von Ekhas zu Marionetten der Opulu geworden ist. Damit liegt das Wohl und Wehe des gesamten Systems allein in deinen Händen.«
Liarr hielt seinem durchdringenden Blick stand. »Selbst wenn es so wäre«, sagte sie. »Wäre das nicht ein Grund mehr, dir nichts zu verraten?«
»Das ist eine Sicht weise der Dinge«, gab der Magadone zu. »Die andere ist, dass es damit allein in deiner Hand liegt, dein System zu retten.«
Bevor Liarr sich erkundigen konnte, was er damit meinte, fuhr Lok-Aurazin in gesprächigem, beinahe einschmeichelndem Tonfall fort:
»Heißt es nicht, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist? Nun, so, wie ich die Dinge sehe, haben wir trotz aller offenkundigen Differenzen zumindest einen gemeinsamen Feind. Die Opulu. Sie wollen euer System zerstören, weil ihr sie jahrelang gequält und gepeinigt habt. Und sie wollen mich vernichten, weil ich mich an ihren geliebten Kinderchen vergangen habe.«
Seine Stimme troff vor Spott. Dann wurde er wieder ernst. »Wie auch immer, die Opulu unschädlich zu machen ist zweifellos in unser beider Interesse, meinst du nicht?«
Mit einem Mal spürte Liarr, wie ihr Selbstvertrauen zurückkehrte. Offenbar war der Magadone doch nicht so allwissend, wie er immer tat. Unter Umständen gab es doch noch eine Möglichkeit, das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden, und mit einem Mal ärgerte sie sich darüber, dass ihr das nicht schon eher eingefallen war. Dann wären vielleicht einige Dinge anders gelaufen.
»Ich enttäusche dich ja nur ungern«, sagte sie. »Aber von den Opulu droht uns keine Gefahr mehr. Es gibt ein Friedensabkommen zwischen unseren Völkern. Sie werden uns nicht angreifen, weil sie wissen, dass du ihr eigentlicher Feind bist. Ihr einziger Feind! Wenn du stirbst, lassen sie uns in Frieden!«
Liarr gab sich alle Mühe, ihre Worte selbstbewusst klingen zu lassen, doch noch während sie ihr über die Lippen kamen, wusste sie, dass sich Lok-Aurazin davon nicht beeindrucken lassen würde.
»Das Problem dabei ist nur«, sagte er langsam, »dass ich nicht die Absicht habe, aus dem Leben zu scheiden.
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