PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel
war zu einem gemeinsamen Entschluss über das weitere Vorgehen gekommen, weitere Worte wären überflüssig gewesen.
Rhodan atmete tief durch und stand ebenfalls auf. Tess sah aus dem Augenwinkel, dass Benjameen versuchte, Blickkontakt mit ihr aufzunehmen, und wandte sich rasch dem Unsterblichen zu. »Gut gemacht, Perry, du hast gerade viele Leben gerettet.«
Rhodan winkte ab. »Ja, vorerst. Aber es war verflucht knapp. Ich hätte nicht geglaubt, dass Grek-0 auf meinen Vorschlag eingeht.«
Tess nahm Rhodan am Arm und wollte ihn hinausziehen. Solange Rhodan in ihrer Nähe war, würde Benjameen sich nicht trauen, ein vertrauliches Gespräch mit ihr anzufangen. »Wir beide sollten noch einmal unsere Analysen des Oszillationseffekts durchgehen ...«
Ich will nicht mit dir reden, Benjameen!, dachte Tess. Du hast doch keine Ahnung, was in mir vorgeht! Und ich auch nicht. Erst muss ich mit Raye sprechen.
Die beiden waren schon fast auf dem Gang, als Farue Märkings sich ihnen in den Weg stellte. »Perry Rhodan, ich muss mit dir sprechen. Unter vier Augen.«
»Selbstverständlich, Virth. Gehen wir in meine Kabine.« Er wandte sich an Tess. »Du entschuldigst uns? Wir besprechen den Effekt später, in Ordnung?«
»Ja . ja.«
Rhodan und der Virth verschwanden um die Biegung des Korridors.
Sie wollte den beiden folgen, natürlich in angemessenem Abstand, aber eine vertraute Hand schloss sich um die ihre.
Benjameen.
»Tess, warte ... bitte. Ich will mit dir sprechen.«
Tess Qumisha war zu spät dran.
Kapitel 6
Vergangenheit
»70 Deraft bis zur Zündung.«
Die Lautsprecherstimme hallte blechern durch Takegaths geschlossenen Helm. Sie war gefühllos wie die eines Computers, aber Takegath wusste, dass sie einem Nimvuaner gehörte, einem der Raketenmänner der ersten Stunde.
Man hatte den Alten, den letzten verbliebenen Veteranen der frühen Orbitalflüge, aus seinem kärglichen Heim gezerrt - die Regierung brauchte die Steuern für Wichtigeres als die Helden von Gestern -, in eine schlechte Karikatur eines Raumanzugs gesteckt und in das Kontrollzentrum gebracht. Das Propagandaministerium hatte auf bewegende Bilder gehofft, einen Mann, den Stolz und Rührung beinahe die Stimme versagen ließen, aber es wurde enttäuscht. Der Alte stand aufrecht vor der Wand aus Kameras, die sich vor ihm auftürmte, und sprach mit geschlossenen Augen den Countdown. Den Stehstuhl, den man für ihn bereitgestellt hatte, ignorierte er.
»60 Deraft bis zur Zündung.«
Misstraue deinen Gefühlen! Analysiere die Lage, dann handle!
Takegath erkannte die Maxime der Raketenmänner, die treibende Kraft hinter der kalten Stimme. Er selbst hatte die letzten Jahrzehnte nach ihr gelebt - so gut er konnte.
Er drehte den Kopf, um neben dem in die Helmscheibe integrierten Display durch das einzige Bullauge der Kommandokapsel zu spähen. Er sah ein wuchtiges Stahlgerüst, das einige hundert Meter neben ihnen aufragte, einen Zwilling des Startturms, an den die SONNENWIND lehnte. Die übrige Sternenstadt blieb Takegaths Auge verborgen, ihre Gebäude wuchsen in die Tiefe, geschützt von vielen Meter dicken Betonwänden, ihre Systeme gehärtet gegen den elektromagnetischen Puls eines Atomschlags der Pol-Koalition. Im Dunst des Horizonts glitzerte das Grün der Äquatorialebene so unversehrt wie an dem Tag, als er und sein Bruder Inahin vor dem Haupttor der Sternenstadt halb verhungert aus dem Unterholz gestolpert waren.
»50 Deraft bis zur Zündung.«
Inahin. Sein großer Bruder, der eigentlich sein kleiner war, ruhte auf der Konturliege neben ihm, die Augen geschlossen. Takegath holte die medizinischen Werte des Bruders auf das Helmdisplay. Blutdruck und Puls waren erhöht, aber blieben, wenn auch knapp, im normalen Rahmen.
»40 Deraft bis zur Zündung.«
Takegath rief die Werte von Bismaal und Flerink auf und blockte
gleichzeitig das Rufsignal des Kontrollzentrums ab. Der Präsident wartete darauf, einige weihevolle Worte mit den Helden des Äquatorialblocks zu wechseln. Er würde vergeblich warten. Takegath stellte sich vor, was sich jetzt im Kontrollzentrum abspielte. Der Präsident war für seine Wutausbrüche bekannt; wahrscheinlich hatte er die Führungsriege der Sternen-stadt bereits ihrer Positionen enthoben. Takegath hätte es begrüßt, es waren Männer und Frauen, die ihren Aufstieg ihrer unbedingten Treue zum Klan des Präsidenten verdankten, nicht ihren Fähigkeiten. Und was ihn selbst anging ... was sollte der Präsident tun? Den
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