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PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

Titel: PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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nahm Takegath ein Tuch aus einer der vielen Taschen seiner Jacke und wickelte es um die blutende Hand. Er löste eine der Phiolen Droc aus dem Vorrat, den er stets über der rechten Brust trug, und trank die dunkelrote Flüssigkeit. Der süßliche Geschmack lag ihm noch auf der Zunge, als ihn bereits neue Stärke und Zuversicht durchströmte. Takegath warf die leere Phiole beiseite und setzte seinen Weg fort. Er stellte sich vor, wie einer der Kopfjäger sie finden und verzweifelt versuchen würde, die letzten Tropfen der lebensspendenden Flüssigkeit auszulecken. Seine Schritte wurden schwungvoller.
    Seine Gedanken kehrten zurück zu dem Vorfall. Dieser altertümliche
    Spiegel ... Handelte es sich um die verquere Laune eines vom Droc-Mangel betäubten Verstands oder um einen Anschlag? Der Vorgang war trivial und dazu keiner, gegen den er sich mit den Mitteln des Kommandanten zur Wehr setzen konnte. Machte Takegath ihn publik, würde er sich der Lächerlichkeit preisgeben. Der Gelbe Meister stand mitten in der Invasion einer ganzen Galaxis, und sein ranghöchster Diener regte sich darüber auf, dass jemand einen gläsernen Spiegel aufgehängt hatte? Die Kopfjäger würden ihn auslachen - und ein Kommandant, über den die Besatzung Witze machte, konnte sich seines Postens nicht mehr sicher sein.
    Aber konnte er das ohnehin noch? Die Zeichen für eine bevorstehende Meuterei mehrten sich. Zum ersten Mal war es vor einigen Tagen einem der Kopfjäger, dem Meisterdieb Chi-Lopi gelungen, in seine Kabine einzudringen. Die Abwehrsysteme hatten den Cyborg in Stücke gerissen. Ta-kegath wollte nicht glauben, dass er es mit der Tat eines einzelnen zu tun hatte. Die leichenstarren Finger von Chi-Lopi hatten ein »A« geformt. »A« wie in »Aph Kismati«?
    Handelte es sich bei diesem Spiegel tatsächlich um einen weiteren Anschlag, waren die Schlussfolgerungen weit reichend. Takegath änderte täglich seinen Weg in die Zentrale, folgte keinen Gewohnheiten. Der Grund dafür war ein zweifacher: Zum einen erschwerte er damit potentiellen Attentätern das Werk, zum anderen bildete diese Unberechenbarkeit eine der Säulen seiner Autorität. Die Kopfjäger konnten sich nie sicher sein, dass ihr Anführer nicht unvermittelt auftauchte und sie zur Rechenschaft zog.
    Ein potentieller Attentäter musste demnach ein engmaschiges Netz gespannt haben. Damit sein Anschlag Aussicht auf Erfolg haben konnte, musste er Dutzende von Spiegeln angebracht haben, vielleicht sogar Hunderte. In diesem Fall hätte Takegath es nicht mit einem Einzelnen zu tun, sondern einer Gruppe.
    So beunruhigend diese Aussicht sein mochte, es war eine weitere Schlussfolgerung, die Takegaths Droc-induzierte Hochstimmung rasch verfliegen ließ: Der oder die Attentäter hatten ihn durchschaut. Sie mussten seine Unsicherheit gewittert haben - und sie wussten, was der Anblick seines eigenen Antlitzes in ihm auszulösen vermochte.
    In den Jahrhunderten, seit er das Kommando der KHOME TAZ an sich gerissen hatte, war Takegath viele Male mit Bedrohungen seiner Stellung konfrontiert worden, doch noch nie mit einer derart subtilen.
    Er musste diese Bedrohung beseitigen. Und dazu musste er sie an der Wurzel anpacken. Die Attentäter waren nur ein Symptom, es würde nie einen Kommandanten geben, dessen Stellung unbestritten war. Dieser Zustand war Teil des vom Gelben Meister gewollten Systems des fortwährenden Wettkampfs, der nur die Besten überdauern ließ. Die Wölfe hatten seine Schwäche gerochen - wollte er überleben, musste er sie ausmerzen.
    Als der Kommandant die Zentrale betrat, herrschte gespanntes Schweigen. Vieles sprach dafür, dass es auf die konzentrierte Arbeit zurückzuführen war, die die Zentralebesatzung verrichtete, aber Takegath konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Gespräche in dem Augenblick verstummt waren, in dem er den Raum betreten hatte.
    Das kann ein Zufall sein !, ermahnte er sich in Gedanken. Zieh keine voreiligen Schlüsse, sonst wird dich dein Misstrauen zu Fehlern verleiten!
    Viele der Plätze waren unbesetzt. Die KHOME TAZ, ein 1100 Meter langer Kastun-Raumer, der im Lauf seiner Dienstzeit einer Vielzahl von Modifikationen unterzogen worden war, verfügte bereits in normalen Zeiten nur über eine kleine Mannschaft. Jetzt, da die Besatzung des Schiffs von 120 Mitgliedern auf weniger als 70 abgesunken war, blieb nur noch ein Notbetrieb möglich. Die noch lebenden Kopfjäger waren erschöpft und übermüdet, und das Droc, das ihre

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