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PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

Titel: PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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Intranet, auf den allgegenwärtigen Holowänden, die früher Werbung oder die Botschaften der Regierung verbreitet hatten - zu sehen waren, am meisten in ihm auslöste.
    Vielleicht war es der des Mannes, der aufbrach, einen Langzahntiger mit bloßen Händen zu erlegen.
    Der Mann ließ seine Blüte zurück, all die Menschen, die glaubten, sie hätten ein Anrecht auf seine Zeit, auf seine Aufmerksamkeit; seine Nächsten, die doch nur Schmarotzer waren und von den Früchten seiner Arbeit lebten. Der Mann ging allein, lediglich mit einer Penishülse bekleidet. Sein makelloser Körper glänzte im Licht der ersten Sonnenstrahlen silbern, er hatte ihn mit Öl eingerieben. An einer Schnur, die er um die haarlose Brust trug, baumelte ein Dolch, in der Linken trug er einen Speer.
    Das Klagen der Blüte, die spürte, dass sie ohne ihn keinen Bestand haben würde, war das Lied, das ihn aus dem Dorf hinaus und in den dichten Wald begleitete. Unter den Bäumen war es dunkel und feucht. Der Mann fröstelte einen Augenblick lang, dann straffte er sich, als ein letztes Mal das Gejammer der Blüte an seine Ohren drang. Ihm war, als hätte er eine Haut abgestreift, die ihm zu eng geworden war - vielleicht schon immer zu eng gewesen war. Er beschleunigte seine Schritte, sie waren federnd und ausdauernd. Die Pfade, denen er folgte, waren nur schwer zu erkennen. Schon lange war kein Jäger mehr auf ihnen gestreift, hatte es kein Mann mehr gewagt, die Bestie herauszufordern. Der Energiezaun um das Dorf hatte seine Bewohner geschützt - und sie zu Gefangenen gemacht. Genug davon!, sagte jede Bewegung des Mannes, das mühelose Spiel seiner Muskeln. Ich will endlich frei sein!
    Schließlich fand er die Bestie. Sie trank sorglos aus einem Bach, als sein Speer ihren Hinterleib aufspießte. Der Kampf gegen den verletzten Tiger war hart, doch schließlich rang der Mann ihn nieder, mit einem Stein, den seine Hände fanden, zerschmetterte er ihm den Schädel, als er ihm die Kehle durchbeißen wollte. Der Tiger hatte ihn unterschätzt, war ihm doch schon lange Zeit kein Mann mehr begegnet, nur Schwächlinge, die ihr Heil vergeblich in der Flucht gesucht oder sich auf die vermeintliche Überlegenheit ihrer Strahler verlassen hatten. Der Mann nahm das Messer, bohrte es in die Brust des Tieres und schnitt das Herz heraus. Es war größer als ein Menschenkopf. Er hob es mit beiden Armen über den Kopf und drückte zu. Leuchtend rotes Blut spritzte hervor, lief seine Arme herunter. Die dampfende Flüssigkeit rann über seinen Körper, hüllte ihn in ihre Wärme. Der Mann öffnete den Mund und schrie. Nichts war ihm verwehrt. Er konnte alles erreichen, wenn er sich nur nicht beirren ließ.
    »Und was ist mit dir?«, setzte an dieser Stelle der Sprecher wieder ein.
    »Wann hast du das letzte Mal eine Bestie erlegt?«
    Masquin spürte seinen hämmernden Puls, den Schweiß, der ihm auf der Stirn stand, und wartete auf die letzte Einstellung des Clips.
    »Hmm«, erklang eine weiche Stimme, »wenn er mich so fragt, vorgestern Nacht. Und die Bestie hat sich gewehrt, als ginge es um ihr Leben. Aber am Ende habe ich sie doch flachgelegt und ihr Herz verspeist.«
    »Amheret!« Röte schoss ihm ins Gesicht. Wie konnte sie es wagen, ihn zu stören? Gleichzeitig fühlte er sich ertappt - ohne zu wissen, wobei. »Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?«
    Amheret, die neben ihm kniete, grinste schief. »Dieses Apartment hat nur 24 Räume, da war nicht viel Auswahl.« Das Grinsen verschwand. »Nein, im Ernst, seit die Gorthazi das Netz mit diesem Propagandastuss fluten, hast du für nichts anderes mehr Augen. Wann hast du das letzte Mal gegessen?«
    »Gestern früh ... glaube ich.«
    »Das dachte ich mir.« Amheret hielt ihm eine Schale mit gedünstetem Gemüse hin. »Hier, iss.«
    Angerührt von der Geste nahm Masquin die Schale und biss in eine der Knollen. Verwundert stellte er fest, dass sein Magen knurrte. Er nahm eine zweite Knolle und schlang sie herunter.
    Amheret deutete auf das Holo in der Mitte des Raumes. Der Clip war bei ihrem Eintreten erstarrt. Das Bild zeigte den Jäger, der im Licht der untergehenden Sonne auf einem Gipfel stand und den Blick über sein Reich streifen ließ. Sein Körper war makellos wie der eines Gottes. »Was ziehst du dir diesen Mist rein? Steckt in dir irgendwo ein unterdrückter Schwuler?«
    Masquin schüttelte den Kopf. Der Gedanke, dass ihn eine homoerotische Komponente zu den Clips zog, war ihm früh gekommen. Zu viele von

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