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PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt

PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt

Titel: PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Windschatten der höchsten Gebäude. Ihre Mikrofone übertrugen ein ständig anschwellendes Heulen und Pfeifen, Rauschen und Röhren; ihre Bilder zeigten die Verwüstungen, die der Sturm anrichtete. Zu Hunderten wurden die Gorthazi von den Brücken gefegt. Werkzeuge, kleine Bodenfahrzeuge, Antennenmasten wirbelten durch die Luft. Gleiter wurden gegen Hauswände gedrückt und explodierten. Dächer und Aufbauten krachten herab und zermalmten weitere Gorthazi unter sich.
    Doch ihre Artgenossen blieben untätig wie zuvor. Keiner versuchte, sich in Sicherheit zu bringen. Sie hielten sich nicht einmal fest, sondern standen ungeschützt da, wo der Sturm sie überrascht hatte, die Saurierköpfe gen Himmel gerichtet, die Arme ausgebreitet. Regungslos und ungerührt, als sei, was um sie und mit ihnen geschah, das Selbstverständlichste auf der Welt - obwohl immer wieder welche davon geweht und über die Brüstungen in den sicheren Tod geschleudert wurden.
    Es war gespenstisch.
    Nach einigen Minuten ließen die Böen nach. Der Orkan verebbte so plötzlich, wie er begonnen hatte.
    Viele Gebäude waren beschädigt, aber nur wenige eingestürzt. Überall lagen Trümmer, Schutt und Leichen. Doch die Gorthazi, die von der brachialen Gewalt des Sturms verschont worden waren, rührten sich auch weiterhin nicht.
    »Worauf warten sie?«, fragte Perry. Kiriaade, die sich immer noch vor und zurück wiegte, gab keine Antwort. Er sprang zu ihr, packte sie am Arm. »Kiriaade! Sprich zu mir! Was geht hier vor?«
    »Au! « Sie starrte ihn zornig an. »Halt dich im Zaum! Und mach es mir nicht noch schwerer, mich zu konzentrieren.«
    »Entschuldige«, raunte er kleinlaut. Er setzte sich, spürte, dass seine Wangen glühten. Ihre Zurechtweisung schmerzte, umso mehr, als er sie vor der gesamten Zentralecrew hatte einstecken müssen. Obwohl alle taten, als hätten sie nichts mitbekommen und müssten ihre Aufmerksamkeit sowieso - und derzeit ganz besonders intensiv - ausschließlich ihren Instrumenten widmen.
    Fehlt nur noch, dass sie betont unauffällig vor sich hin pfeifen, dachte Rhodan. Und musste dann doch wieder schmunzeln.
    »Gleich«, sagte Kiriaade in einer Art träumerischem Singsang. »Gleich kommt die nächste Welle.«
    Über den Himmel, der nach dem Sturm in klarem, metallisch schimmerndem Lila erstrahlt war, schoben sich rasend schnell, wieder von Norden her, dunkelgraue, fast schwarze Wolken. Ballten sich zusammen, bis kaum mehr Licht durchdrang. Es wurde so düster in der Schlucht, dass Zim und Cita Restlichtverstärker und Infrarot-Optiken einsetzen mussten.
    Unbeweglich standen die Gorthazi da, wie zu Statuen erstarrt.
    Dann begann es zu schneien. Aber es war kein gewöhnlicher Schnee. Die Vergrößerungen und Makro-Aufnahmen zeigten keine Flocken, sondern ... Körner. Doch kein Hagel; sie waren viel kleiner. Wie Sand in einer Sanduhr rieselten sie herab. Bald waren alle ebenen Flächen damit bedeckt. Schwarze Wächten bildeten sich, an manchen Stellen meterhohe Dünen, die zahlreiche Saurierwesen unter sich begruben. Stoisch, wie Marionetten, deren Verbindung zum Puppenspieler gekappt worden war, ließen die Gorthazi auch das über sich ergehen.
    Erneut trat eine Pause ein. Die dunklen Wolkengebirge zogen in südliche Richtung weiter. Die golden gleißende Bahn des schwerelosen Zuges wurde wieder sichtbar. Immer noch stand die endlose, stahlblaue Kette der Waggons still.
    Kiriaade summte leise vor sich hin. Rhodan hütete sich, sie anzusprechen. Er war unschlüssig: Sollten sie nicht versuchen, so schnell wie möglich die Nordpolregion zu erreichen? Oder sollten sie die weitere Entwicklung abwarten - den »Quantensprung«, wie es die überirdisch schöne Frau, die er so sehr liebte, bezeichnet hatte?
    Vorhin, beim Anflug auf den Planeten, konnte es ihr gar nicht schnell genug gehen, rief er sich in Erinnerung. Nun aber lässt sie keinerlei Ungeduld erkennen, im Gegenteil. Also scheint die Zeit doch nicht so zu drängen - oder einfach der richtige Augenblick, der »kairos«, wie die Griechen der Antike sagten, noch nicht gekommen. Aber was, wenn sie sich täuscht? Wenn wir unsere Chance, unsere letzte und einzige, schlichtweg vertrödeln?
    Er grübelte, überlegte hin und her, kam aber zu keinem befriedigenden Ergebnis. Schließlich beschloss er, sich in Geduld zu üben und seiner spröden Geliebten, der Manifestation des Nukleus, zu vertrauen. Das ungestüme Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand bei ihrem letzten Vorstoß nach Taupan hatte

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