PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis
verschwand.
Die Art und Weise, wie sie das Wort nofamilia ausgesprochen hatte, ging über bloße Unfreundlichkeit weit hinaus. Es klang eher wie eine Beleidigung. Garcia kümmerte es nicht. Er war dergleichen gewohnt. Dass sie Delgado kaum freundlicher behandelte, gab ihm zu denken.
»Meine Nachfolgerin im Bett des padre «, klärte Delgado ihn unverblümt auf.
»Daher also die gegenseitige Abneigung.«
»Nein, wir konnten uns schon vorher nicht ausstehen. Und vergiss bitte nicht - ich habe den Kerl in die Wüste geschickt. Normalerweise würde ich meine Nachfolgerin eher bedauern. Aber ich denke, sie passt recht gut zu ihm. Sie ist genauso. materiell eingestellt.«
Ob sich die Bemerkung nur auf Glaubensdinge bezog, vermochte Garcia nicht zu beurteilen. Allerdings geriet seine anfängliche Einschätzung von Janita immer mehr ins Wanken.
Der padre machte keine Umstände und empfing sie sofort. Lena, die wohl gern der Unterredung beigewohnt hätte, schickte er wie einen Hund mit einem knappen Befehl hinaus, als sie in der Tür zu seinem Amtszimmer verharrte.
Als die beiden Polizisten in den Raum traten, kehrte Miguel y Gasset ihnen den Rücken zu. Er stand an der Kom-Konsole seines Büros und deaktivierte den Holoschirm. Dann wandte er sich um, nickte Delgado knapp zu, ohne auch nur die Andeutung eines Lächelns, und musterte Garcia. Seine Miene zeigte weder Freundlichkeit noch Ablehnung. Er hatte sich gut im Griff.
»Am Ende also doch noch die policia alianza. Du weißt, dass ich mich dagegen gewehrt habe, den Fall abzugeben?« Dabei machte er eine Handbewegung in Richtung einer Sitzgruppe, die aus einem Sofa und drei Sesseln bestand, alle ledergepolstert, wobei das Leder aus zusammengenähten, verschieden geformten Stücken in unterschiedlichen, aber immer fröhlich bunten Farben bestand.
»Das ist mir bekannt«, erwiderte Garcia und aktivierte mit der Zunge das Aufzeichnungsmodul seines Implantats. Er nahm den Hut ab, feuerte ihn in die eine Ecke des Sofas und setzte sich in einen der Sessel. Delgado nahm neben seinem Hut auf dem Sofa Platz, als wollte sie auf ihn aufpassen. Die Mütze behielt sie auf. Wie geistesabwesend spielte sie an ihren elekes herum, als wollte sie die Götter des Voodoo bitten, ihr zu helfen.
»Ich bin immer noch der Meinung, dass die Sache die PA nichts angeht. Aber selbstverständlich werde ich mit dir kooperieren.« Der padre schlenderte zu ihnen und nahm in einem der anderen Sessel Platz. Er ließ sich provozierend viel Zeit, machte überhaupt nicht den Eindruck, der gehetzte Manager einer dem Untergang geweihten Hacienda zu sein. Er beugte sich zur Seite, öffnete eine große hölzerne Zigarrensortimentschachtel, die sich auf dem Beistelltisch befand, wählte bedächtig eine Zigarre im Coronaformat aus und entzündete sie wie in Zeitlupe mit einem altmodischen langen Streichholz. Den Besuchern bot er keine Zigarren an.
Garcia klopfte ein eigenes cigarillo aus der Pappschachtel und entzündete es mit seinem elektronischen Feuerzeug. Er nutzte die Zeit, um den padre im trüben Licht der vier runden, dreckverschmierten Klarsichtfenster zu betrachten, die wie die Bullaugen eines Ozeanschiffes aussahen. Manchmal huschten Farbreflexe der Fahnenholos über y Gassets Gesicht und schienen es teuflisch zu verzerren.
Hätte Janita ihn nicht darauf vorbereitet, dass dieser padre einer Hacienda nicht in das übliche Bild passte, wäre Garcia überrascht gewesen. Y Gasset war schlank und drahtig, hatte volles, lockiges, mittellang geschnittenes schwarzes Haar und wirkte wie ein sportlicher, gut trainierter Enddreißiger. Auf der linken Wange trug er ein kleines farbenfrohes Tattoo, das einen Feuer speienden Drachen zeigte. Er sah gut aus, schien puertoricanische Vorfahren zu haben, war fast der Prototyp eines Latin Lovers. Garcia konnte nicht nachvollziehen, was Frauen an solchen Männern fanden, aber deren Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht war ihm bekannt. Von daher war es wohl kein Wunder, dass sich Janita in ihn verliebt hatte.
Ansonsten wirkte y Gasset ein wenig schrill und manieriert, fast wie einer der vielen Modedesigner in Habana Nuevo, die sich in dieser Beziehung andauernd zu überbieten versuchten. Allerdings wusste Garcia, dass ein solches Outfit in letzter Zeit auch bei reichen Geschäftsleuten in Mode gekommen war, zumindest bei den jüngeren.
Der padre trug einen figurbetonten, wahrscheinlich maßgeschneiderten pinkfarbenen Anzug, der aus einer Seidenhose und
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