PR Ara Toxin 6 Der Unlichtplanet
Vielleicht ein Lagerort, der noch vor Kurzem genutzt worden war.
»Eine Richtung ist so gut wie die andere«, sagte Seidenkratz altklug. »Ich hoffe, du hast einen Plan?«
»Selbstverständlich.« Er setzte eine Fühlhand vor die andere und hob den Kernstamm so vorsichtig wie möglich hinterher.
»Und wie lautet der?«
»Wir finden deine Mutter, ganz einfach. Danach wurzele ich.«
»So einfach ist das?«
»Tja. es könnten sich ein paar Schwierigkeiten ergeben.«
»Das hab ich mir gedacht. Du hast keine Ahnung, was du tust. Ich wäre wohl besser dran, wenn ich allein weitergehen würde.«
»Man sagte mir, dass die weiblichen Exemplare eurer Gattung manchmal zänkisch seien. Jetzt verstehe ich, was damit gemeint ist.«
»Typisch Erwachsener! Egal ob Tefroder oder Busch - ihr redet groß daher und wisst eigentlich gar nicht, was ihr tut. Steht dein Angebot noch, mich aufzufressen? Dann müsste ich mich nicht mehr mit dir herumärgern.«
»Du erlaubst es mir tatsächlich?« Samtscharf blieb stehen und sah sich nach der Kleinen um. »Oder redest du in - wie sagt man bei euch? - in Scherzen? Indem du das Gegenteil von dem sagst, das du eigentlich willst?«
»Scheint so, du Blitzgneißer.«
»Hömm. Hömm. Sehr. lustig. Wenn ich nur wüsste, was ich tun muss, um ein Lachgeräusch zu erzeugen. Ist es so vielleicht richtig?« Samtscharf presste einen Teil der in seinem Leib gespeicherten Luft durch Entsorgungsöffnungen aus. Ein Ton, der ihn an einen kläglich gescheiterten Ineinandergleitungs-Versuch erinnerte, war die Folge.
»Nein, das war gar nicht gut«, rief Seidenkratz. Sie hielt sich die Forschhände gegen die holzlosen Hörverstärkungslappen. »Wenn du sofort aufhörst, laut zu rülpsen, verspreche ich dir, dass ich nie mehr einen Spaß mache. Einverstanden?«
»Ja.« Er senkte als Zeichen seines Einverständnisses alle Forschhände. Das Kleine hatte also doch ein Einsehen und verzichtete auf unklare Aussagen, die ihn verwirren würden.
Sie kamen nun rasch voran. Samtscharf meinte, diesen Teil des Trümmerstegs vor Kurzem gereinigt zu haben. Tiefe Kratzspuren an der Decke und den Seitenwänden wiesen darauf hin, dass hier ein Zatyske am Werk gewesen war.
Ein kreisrundes Loch im Boden erschwerte ihnen das Weiterkommen. Ja, hier hatte er die Reste eines Lagers mit getrockneten Glücksfäkalien weggeräumt. Der Mehandor hatte ihm ein besonders dickes Trinkgeld für seine gründliche Arbeit zukommen lassen, das er stolz und mit Freude in die Gemeinschaftskasse seines Volkes einbezahlt hatte.
Er hob Seidenkratz über das Loch hinweg. In unmittelbarer Nähe befand sich ein positronischer Knotenpunkt, wie er sich erinnerte. Dort würde er die dringend benötigten Auskünfte erhalten.
Ein Lautsprecher des Bordkoms sprang unvermittelt an. Eine fistelnde, unangenehm hohe Stimme meldete sich zu Wort. »Hier spricht Kommandant Schopsna«, sagte die Stimme. »Ich bitte alle einsatzbereiten Tefroder auf ihre Posten. All diejenigen, die die Reise der MO irrtümlich mitgemacht haben, werden gebeten, sich unverzüglich mit Standortangabe über Rufkode Neunneunneun zu melden. Keine Angst, es besteht keinerlei Gefahr für euch. Wir müssen lediglich so rasch wie möglich die Ordnung an Bord der MO herstellen.«
»Der Mann lügt!«, rief Seidenkratz aus. »Das kann ich an seiner Stimme hören. Ich bin zwar Tefroderin, aber diesem Schopsna traue ich nicht so weit, wie ich spucken kann. Der kann mir sicherlich nicht sagen, wo meine Mami steckt.«
Die Instinkte eines Kindes. Jungwurzler besaßen ein außerordentlich gutes Gespür für Falschheit und Lügen. Nicht nur deshalb nahmen jüngere Zatysken einen besonders großen Stellenwert in ihrer Gesellschaft ein.
»Ich befürchte, du hast recht«, meinte Samtscharf. »Unsere Probleme sind größer als angenommen.« Auch er hatte durch die vielen persönlichen Kontakte mit den Tefrodern ein einigermaßen brauchbares Gefühl dafür entwickelt, was die Tefroder wie sagten. Mochten ihm die Zusammenhänge innerer sozialer Strukturen der Wenig-gliedler auch verborgen bleiben - er spürte, wenn etwas nicht so war, wie es sein sollte.
Doch konnte er Seidenkratz das Zusammentreffen mit Angehörigen ihrer Art vorenthalten?
Ja. Solange er nicht wusste, was hier vor sich ging, beabsichtigte er, niemandem als sich selbst und dem »Mädchen« zu trauen.
»Kennst du noch einen Ort, an dem wir uns verstecken könnten?«, fragte er.
»Nein.« Seidenkratz umarmte eine seiner
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