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PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

Titel: PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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können nichts daran ändern.«
    Ich schaute wieder zu den Sternen auf. Die Welten da oben schienen nicht besser zu sein als unsere. Crest hatte von fürchterlichen Kriegen gesprochen, die im Weltraum tobten. Demnach war eine Aufnahme in die Völkerfamilie der Milchstraße wenig erstrebenswert. Wer hatte schon Interesse daran, vom Regen in die Traufe zu geraten?
    Trotzdem glaubte ich, den Ruf der Sterne zu hören, ein Gefühl innerer Unruhe und Abenteuerlust, das mich ruhelos vorwärts trieb. So wie ich in diesem Moment blickten seit Jahrtausenden Menschen in den Nachthimmel und spürten dessen grenzenlose Verlockung.
    Zum erstenmal hatten wir wirklich die Chance, unsere Träume wahr zu machen. Ich hatte mich längst entschieden. Nicht mit dem Verstand, sondern aus dem Bauch heraus, indem ich meinen Gefühlen folgte.
     
     
    Peking, 12 Uhr mittags. 22. Juli. Die Hand verharrte über einem roten Knopf. Sie zögerte Sekundenbruchteile, die über Leben und Tod entscheiden konnten. Dann berührte der Daumen das kühle Plastik und drückte es ruckartig tief in die Fassung.
    Silberne Torpedos jagten auf Flammenbündeln in den strahlend blauen Himmel. Ihre ballistischen Flugbahnen zielten auf die großen Metropolen der Welt, auf Militärbasen und gegnerische Atomsilos.
    Langsamer folgten die Bomber, die mit ihrer tödlichen Last hoch in die Stratosphäre stiegen und ebenfalls programmierten Kursen folgten.
    Flottenverbände änderten ihren Kurs und liefen unter Vollast feindliche Gewässer an.
    Exakt eine Minute und achtzehn Sekunden nach den Chinesen öffnete der amerikanische Präsident seinen Atomkoffer und befahl den Gegenschlag. Wie Sternschnuppen zogen die Interkontinentalraketen ihre Flammenbahnen durch die Nacht — ein grausiges Arsenal, das ausreichte, die Menschheit viele Dutzend Male auszulöschen. Gleichzeitig stiegen die Abfangjäger auf. Jeder Pilot wusste, daß es ein Flug ohne Rückkehr sein würde. Wer wollte schon in verbranntem, strahlenverseuchtem Territorium landen? Die Männer und Frauen waren ausgebildet worden, dem Tod ins Auge zu schauen — in der Gewissheit, daß jede frühzeitig zerstörte Rakete einem kleinen Landstrich des Vaterlandes den unmittelbaren Feuersturm ersparte.
    Am längsten zögerten die Verantwortlichen im Ostblock. Erst als die Radartaster die auseinanderstrebenden Raketen wie Asteroidenschwärme auf die Weltkarte projizierten, ihre Ziele in Moskau und Leningrad, Berlin, Paris, London und entlang den nordamerikanischen Küsten, starteten auch die russischen Todesboten.
    »Hol's der Teufel, Brüderchen.« Iwan Martinowitsch Kosselow, sowjetischer Geheimdienstchef, drehte die bauchige Flasche in seiner Hand so, daß er das handgeschriebene Etikett lesen konnte, dann schlug er ihr an der Kante seines Schreibtisches den Hals ab. »Mit Wodka in der Kehle ist jeder gute Kommunist gegen Strahlung immun.«
    Und stand nicht in den Kirchenbüchern geschrieben, »Die Letzten werden die Ersten sein?« Sowjetische U-Boote kreuzten längst in den flachen Küstengewässern vor Nordamerika, Europa und China. Die Einheiten der modernen, nuklear angetriebenen Yankee-Klasse hatten ihre jeweils sechzehn ballistischen SS-N-6-Flugkörper bereits abgefeuert, jeder bei einer Reichweite von 2.950 Kilometern mit einem nuklearen Gefechtskopf bestückt.
    Kosselow lächelte und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. Der Wodka schmeckte ihm nicht. Er entsann sich seiner Ausbildung auf einem dieselangetriebenen Angriffsunterseeboot der Foxtrott-Klasse. Achtundsiebzig Mann Besatzung in einer Konservendose von 91,5 Metern Länge, das war schon immer eine qualvolle, stickige Enge gewesen, ohne Platz für falsche Romantik. Aber gerade die Mannschaften an Bord der Unterseeboote würden den weltweiten Atomschlag am längsten überleben. Eine verflucht zweifelhafte Ehre.
    Die Hand um den zersplitterten Flaschenhals verkrampft, trat Kosselow ans Fenster und blickte starr in die Dämmerung hinaus. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die ersten Explosionen ihre Rauchpilze in die Atmosphäre schickten.
    Inzwischen war es zu spät, um zu bedauern.
    Viel zu spät.
     
     
    Ich hörte, wie Dr. Haggard neben mir scharf einatmete. Dann erstarrte er schier, den Blick auf den Monitor gerichtet, der völlig konfus die Hektik im Studio eines amerikanischen Nachrichtensenders wiedergab. Niemand hielt noch auf Konventionen. Ich hörte hysterisches Schreien und zorniges Gebrüll. Da waren totenblasse Gesichter mit Tränen

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