PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
er, ich komme nicht mehr allein zurecht? Oder fürchtet er, ich könnte die Milchstraße aus den Angeln heben?« Sein Brustkorb hob und senkte sich unter tiefen Atemzügen. »Falls die Strahlung latent vorhanden ist, habe ich mich inzwischen daran gewöhnt. Welche Distanz?«
»Zehn Lichtminuten.«
»Bringen Sie die DESTINY in einen geostationären Orbit über der Anomalie. Einhundert Kilometer Höhe.«
»Und dann?«, fragte Meldrassan.
»Dann sehen wir weiter. Wäre ich allein an Bord, würde ich sofort landen.«
»Was, glauben Sie, Mr. Saedelaere, erwartet uns?«
Alaska schwieg eine Weile. Als er dem Kosmopsychologen endlich antwortete, sagte er nur ein Wort: »Ärger!«
15.
»Ungefähr so habe ich mir immer den Vorhof zur Hölle vorgestellt.« Arnold Meldrassan handelte sich eine Reihe verweisender Blicke ein. Nur Saedelaere reagierte nicht. Seit Minuten hatte der Transmittergeschädigte für nichts anderes Augen als für den Hauptbildschirm, auf dem eine in der Sonnenglut flirrende, bizarre Landschaft zu sehen war.
Der Planet war eine Fels- und Sandwüste. Deutlich sichtbar erstreckten sich weit mäandernde Flussläufe, die einst gewaltige Wassermassen einem fernen Meer zugeführt hatten. Die schräg stehende Sonne zeichnete ein kontrastreiches Panorama, eine Orgie aus brennendem Licht und kantigen Schattenrissen, die dem langsamen Lauf des Planeten folgten.
Die Messwerte stützten die zwiespältigen Empfindungen, die jeder an Bord der Space-Jet beim Anblick dieser Welt hatte. Zum einen die ausgedörrte, lebensfeindliche Wüste, in die stete Winde ihre Spuren eingruben, zum anderen Schwerkraft und Atmosphäre, beide nur wenig von der Norm abweichend.
»Die Luftzusammensetzung entspricht weitgehend der Norm«, meldete Kopetzky. »Lediglich ein etwas geringerer Sauerstoffanteil, dafür eine Beimischung, die in der Spektralanalyse als Metalloxid erscheint. Keine schädlichen Bestandteile.«
»Mrs. DeBleue?« Saedelaere wandte den Blick nicht vom Schirm ab. Er hoffte, irgendeine markante Geländeformation wieder zu erkennen. Doch seine Erinnerung blieb vage, beschränkte sich eher auf die Schemen aus den Albträumen als auf wirkliche Eindrücke. Sie verwischten umso schneller, je intensiver er versuchte, die vermeintlichen Bilder festzuhalten.
»Sie quälen sich unnötig, Mr. Saedelaere«, platzte Meldrassan heraus, bevor die Physikerin zu einer Antwort ansetzte. »Warum wollen Sie Ihre Erinnerungen mit Gewalt ausgraben? Damit beseitigen Sie die Blockade nicht.«
»Die ausgedehnte Ebene vor uns wurde einst von einem Kranz hoher Gebirge umgeben«, sagte die Physikerin. »Inzwischen sind die Gipfel kaum mehr höher als fünfzehnhundert Meter, und die Massetaster zeigen einen lockeren Unterbau. Bis zu fünfzig Meter hoch wurde das Tal mit Erosionsschutt aufgefüllt. Sollten hier jemals Gebäude oder technische Einrichtungen gestanden haben, liegen sie unter Millionen Tonnen Gestein begraben.«
»Die Ortungen lassen keine Rückschlüsse zu«, ergänzte Kopetzky.
Vivian DeBleue hatte mittlerweile das optische Bild auf dem Hauptschirm mit den gespeicherten Ortungsdaten verknüpft. Ein unregelmäßiger Schatten lag seitdem auf einem eng begrenzten Bereich im Mittelpunkt des lang gestreckten Tales. Im Zeitraffertempo begann die Überblendung zu pulsieren.
»Aktuell messen wir ein Strahlungsminimum an. Die Emissionen erstrecken sich über ein kreisrundes Areal mit fünfundzwanzig Metern Durchmesser. Die Ausdehnung erfolgt unregelmäßig, während des Höhepunktes betrug die Überlappung zwischen dreieinhalb und fünf Kilometern.«
»Hat jemand Einwände gegen eine Landung?«, fragte Alaska. Er wartete sekundenlang, dann nickte er zufrieden. »Gut. — Mr. Kopetzky, bringen Sie die Jet nach unten. Landeplatz südöstlich des Zentrums, außerhalb des markierten Bereichs.«
Rostbrauner Sand wirbelt dir entgegen, doch die Bö fällt ebenso jäh in sich zusammen, wie sie sich erhoben hat. Winzige Kristalle bedecken danach den Boden der Schleusenkammer und haften als feine Staubschicht an den Wänden. Mit dem Sand bricht die Hitze über dich herein. Du hast das Gefühl, einen Backofen zu betreten.
»Ich verlasse jetzt die Schleuse«, sagst du, um die anderen zu informieren. Deine Zunge klebt bereits am ausgedörrten Gaumen, und deine Stimme klingt heiser. Aber vielleicht sind daran auch nur die Staubfilter schuld, die in deinen Nasenlöchern stecken.
Du hast viele Extremwelten kennen gelernt.
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