PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
ausdehnen oder zusammenziehen. Jedenfalls bewegt er sich, ist alles andere als statisch, aber doch ortsgebunden.«
»Sind das die Fraktale auf den Schirmen?«
»Eine optische Adaption«, antwortete die Hyperphysikerin. »Nichts anderes als eine Hochrechnung der energetischen Sättigung im Schwerkraftfeld.«
»Etwas dringt von außen in unser Raum-Zeit-Gefüge ein?«, fragte Alaska Saedelaere.
Mit zwei Fingern rieb die Physikerin sich die Wange. Die Geste wirkte nachdenklich und irritiert zugleich. »Das — oder der Umkehrschluss«, sagte sie. »Möglicherweise versucht etwas, unsere Dimension zu verlassen.«
»Um bei Kopetzkys Vergleich zu bleiben«, warf der Major ein, »die Flüssigkeiten trennen sich?«
»Das war bestenfalls symbolisch gemeint.«
»Und nun?«
Theodorich Kopetzky deutete auf den Hauptbildschirm, auf dem mittlerweile auch der zweite Planet des nahen Sonnensystems als zunehmende Sichel zu sehen waren. »Wir fliegen Red Question Mark II an«, sagte er. »Deshalb sind wir schließlich hier.«
»Es sind unsere Köpfe, die Sie mit Ihren Flugkünsten aufs Spiel setzen«, erinnerte Meldrassan. »Vergessen Sie das nicht.«
Eine kurze Linearetappe brachte die Space-Jet in die Nähe des dritten Planeten. Wie ein düsterrotes Auge hing die Sonne im Raum. Mit dem vierzigfachen Durchmesser von Sol brachte es der Stern auf imposante sechsundfünfzig Millionen Kilometer. Seine Oberflächentemperatur betrug weniger als viertausend Grad, was ebenfalls den Grenzbereich zwischen den Spektralklassen K und M markierte. Starke Linien von Titanoxid verliehen dem Spektrum den ausgesprochen roten Farbton.
Die äußere Welt, kaum größer als der heimische Mars, erwies sich als unwirtlicher, schmutzig grauer Schneeball. Die rissige Oberflächenstruktur ließ kaum nennenswerte Höhenunterschiede erkennen.
»Eine sehr alte Welt«, stellte Kopetzky fest. »Falls sie je bessere Zeiten gesehen hat, liegen diese sehr weit zurück.«
Bis auf fünfzigtausend Kilometer führte der Kurs der DESTINY an ROM III vorbei. Selbst in der Direktsicht war das spröde graue Antlitz des Planeten gut zu erkennen.
»Keine Ortungen. Nichts, was auf Zivilisationsspuren hindeuten würde.« Saedelaere hatte das untätige Warten nicht ertragen und die Normalortungen übernommen. Noch schien Meldrassan seine latente innere Unruhe nicht bemerkt zu haben. Wiederholt ertappte er sich dabei, dass er sich beim Blick auf die Schirme in Gedanken verlor.
Dass er ausgerechnet jetzt, vierzehn Jahre nach seinem Transmitterunfall, dieses System anflog, konnte kein Zufall sein. Alaska argwöhnte, dass er das dem Schwarmgötzen Cryt Y’Torymona verdankte. Oder gar Kytoma. Jedenfalls trug er seit der Rückkehr des Cappin-Fragments diese unerklärliche Unruhe in sich.
Die DESTINY flog mit halber Lichtgeschwindigkeit. Bei einer Distanz der beiden äußeren Welten von ziemlich genau achteinhalb Astronomischen Einheiten bedeutete das eine Flugzeit von zwei Stunden und zwanzig Minuten, während der Red Question Mark II näher vermessen werden konnte.
Meldrassan beobachtete ihn unaufhörlich, aber auch Kopetzky ließ ihn nicht aus den Augen. Und seine medizinischen Daten wurden nach wie vor auf einen der Monitoren auf seiner Konsole überspielt. Das ging so lange gut, bis sich Saedelaere den Messstreifen mit einem Ruck vom Hals riss.
»Es reicht«, schimpfte er. »Ich bin kein Versuchskaninchen. Was immer meine Überreaktion ausgelöst hat, mittlerweile macht es mir nichts mehr aus.«
»Das Phänomen kann jederzeit wiederkommen«, warnte die Physikerin.
»Und wennschon ...« Saedelaere zuckte mit den Achseln. »Da ist ein blinder Fleck im Schwerkraftfeld des Planeten oder wie immer wir das bezeichnen wollen.«
»Ein latenter Einbruch n-dimensionaler Energien«, korrigierte Vivian DeBleue.
»Mit anderen Worten: ein natürliches Transmitterfeld.«
Überrascht hob die Physikerin den Blick. Hastig nahm sie neue Berechnungen vor.
»Wie Reginald Bull gelegentlich zu sagen pflegt: Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.« Saedelaere seufzte tief.
»Bitte?«
»Eine terranische Redensart aus der Zeit der ersten Mondlandung.«
Mit einem flüchtigen Blick durch die Kuppel auf den schon deutlich größer gewordenen Planeten schwang sich der Transmittergeschädigte aus dem Sessel. Am Servo tastete er sich ein Getränk. Durch die Maske behindert, trank er in kurzen, aber hastigen Schlucken. »Was haben wir wirklich angemessen?«, fragte
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