PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
technische Realisierung finden. Davon bin ich überzeugt. Dann wird sich das Leben aus vielen Galaxien gemeinsam weiterentwickeln — vielleicht hin zu einem Sinn, den wir heute noch nicht einmal erahnen. Das Universum hat Platz für alle, es ist die einzige und größte Herausforderung.
Das ist mein Traum — ein Traum vom Frieden und der friedlichen Erforschung der Unendlichkeit. Ich bedauere nur, dass ich Jahrtausende zu früh geboren wurde. Die Realisierung dieser Visionen werde ich nicht mehr erleben.«
Seit Positroniken und Biopositroniken ihren Siegeszug begannen und Kristallspeicher zum erschwinglichen Wirtschaftsgut wurden, hat sich die Informationsflut potenziert. Konservative Gruppierungen prangern die Datenfülle als neue Geißel der Menschheit an. Sie fürchten, dass schon in absehbarer Zeit der Mensch als solcher überflüssig wird und ein Zeitalter »vernetzter Immobilität« beginnt.
Diese Gruppen, sie haben politisch so gut wie kein Gewicht, verteufeln die stete Verfügbarkeit, fürchten um die Individualität und sehen eine unnatürliche »Vermassung« des Homo sapiens.
Dennoch gibt es Menschen, die im Grunde ihres Herzens einsam sind, die sich mit Barrieren umgeben und ihre Emotionen niemals wirklich zeigen.
Einer dieser Einsamen ist Alaska Saedelaere, der Transmittergeschädigte. Vielleicht wird ihn die Geschichtsschreibung eines Tages feiern. Als den Mann, der ein schlimmes Schicksal erduldete. Als Held und Beispiel menschlicher Anpassungsfähigkeit.
Alaska Saedelaere wurde zum Außenseiter gestempelt. Auch wenn es niemand zugeben wird, in seiner Nähe fühlen sich die meisten Menschen unwohl. Sie haben Angst vor dem glühenden Gewebe unter der Maske.
Da mag es wie eine ausgleichende Gerechtigkeit erscheinen, dass Saedelaere bedeutende Begegnungen vorbehalten sind. Eine dieser Begegnungen ist Kytoma, die weit mehr ist, als es zunächst den Anschein hat. (Der Verfasser dieses Statements behält sich die Frage vor, welche Konfrontationen dem Transmittergeschädigten noch bevorstehen. Ein kosmisches Bewusstsein ist dem ehemaligen Techniker schon heute nicht mehr abzusprechen.)
Die zweite von Alaska Saedelaere persönlich angefertigte Datensequenz entstand im April des Jahres 3444. Sie bekgt auf eindrucksvolle Weise, wie sehr der Transmittergeschädigte schon zum Bezugspunkt bedeutender Mächte geworden ist. Namhafte Kosmospsychologen unterstellen ihm nach diesem Zeitpunkt eine unterschwellige Erwartungshaltung, die seine körperliche Veränderung kompensieren wird.
Es ist wie immer. Auf dem Weg in deine Kabine begegnest du Besatzungsmitgliedern. Doch fast jeder geht auf Distanz und grüßt dich nur scheu. Die Blicke flattern und wandern zur Seite. Du spürst sogar das erleichterte Aufatmen, wenn du niemanden ansprichst.
Dabei würdest du am liebsten hinter jedem herrufen, dass du kein Aussätziger bist! Aber du schweigst. Weil es sinnlos ist, gegen die Natur des Menschen anzukämpfen. Wir mögen noch so aufgeklärt und fortschrittlich sein — die unterschwellige Furcht vor dem Unheimlichen bleibt.
Daran denkst du, als du deine Kabine betrittst ...
... im nächsten Moment durchfährt es dich siedend heiß. Du starrst die Person an, die einige Schritte vor dir steht, und weißt nicht, wie dir geschieht. Niemand kann ohne deine Zustimmung die Kabine betreten. Du schluckst, willst etwas sagen, aber du bringst kein Wort über die Lippen.
»Ich wollte dich nicht erschrecken, mein Freund«, sagt das Mädchen und streift lächelnd das lange schwarze Haar über die Schulter zurück. »Ich bin auch kein Geist, sondern so real wie du.«
Du hast das Gefühl, dass dein Magen versteinert. Zugleich spürst du eine eisige Kälte. Du bist Kytoma zum letzten Mal im Schwarm begegnet, hast geglaubt, dass sie längst mit der wandernden Kleingalaxis in der Unendlichkeit des Weltraums verschwunden sei. Aber du träumst nicht. Mit ihren großen, ausdrucksvollen, blinden Augen schaut Kytoma dich an, und ihr Blick dringt bis in dein Innerstes vor.
Sie ist real. Das akzeptierst du endlich, als sich das Schott hinter dir schließt.
»Du fragst, weshalb ich gekommen bin«, sagt Kytoma leise. Sie macht eine Pause und fügt eine Spur betonter hinzu: »Die Suche nach meinem Volk ist für mich schwer geworden. Ich ertrage die Einsamkeit der Dimensionen nicht mehr und brauche einen Bezugspunkt. In deiner Nähe, Alaska, gefällt es mir.«
Du träumst. Es ist ein phantastischer Traum. Denn
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