PR Lemuria 01 - Die Sternenarche
mir die Namen!«
Die Frau antwortete nicht. Sie lag nur da, steif vor Angst.
»Zwing mich nicht.!«
Der Pekoy setzte seine Instrumententasche auf der Arbeitsplatte ab. Sie war aus Leder und musste noch aus der Heimat stammen; an Bord gab es keine Tiere, aus deren Haut man sie hätte fertigen können. Der Gedanke, dass jemand bereits vor dem Aufbruch des Schiffs damit gerechnet hatte, dass das Schiff einmal einen Werkzeugkasten der Folter benötigen würde, ließ Übelkeit in Netwar aufsteigen.
Der Naahk wich zurück. Er wünschte sich, dass derSchmerz in seinen Gelenken zurückkehren, ihn ablenken würde von dem Schmerz, der diesem Menschen, der hilflos vor ihm lag, gleich zugefügt werden würde. Doch dieser gnädige Schmerz kam nicht. Netwar registrierte in aller Klarheit, was geschah.
Der Pekoy öffnete die Tasche, nahm eine Einlage heraus, in die klinisch sauber glitzernde Instrumente eingesteckt waren. Sie erinnerten an die Werkzeuge eines Chirurgen. Der Pekoy wählte eines der Werkzeuge aus, setzte es an.
Mika war stark. Sie hielt die Schreie lange zurück. Doch als sie kamen, waren sie wie eine Flutwelle, die sich Bahn brach und alle Sperren zur Seite fegten, die Netwar in seinem Geist aufgebaut hatte, um sie nicht an sich heranzulassen.
Schließlich nannte sie die Namen. Es waren über zwei Dutzend, mehr, als Netwar erwartet hatte. Vielleicht hatte die Zersetzung be-reits weitere Kreise gezogen, als er geglaubt hatte, vielleicht nannte Mika aus Todesangst Unschuldige. Aber die Tenoy würden sie festsetzen und die Wahrheit herausfinden. Mit der freien Hand gab der Pekoy die Namen in seinen Handcomputer ein, der sie übergangslos an das Netz weiterleitete.
Der Naahk verließ den Verschlag. Seine Aufgabe an diesem Ort war beendet. Alles Weitere würde der Pekoy übernehmen.
Auf dem Rückweg begegnete er niemandem. Falls die Tenoy oder Launt in der Nähe geblieben waren, trauten sie sich nicht, sich zu zeigen.
Gut so. Er wollte allein mit seinen Gedanken sein. Netwar spürte, dass er ein neues Kapitel in der Chronik des Schiffs aufgeschlagen hatte.
Er bezweifelte, dass er jemals die Kraft und den Mut finden würde, es niederzuschreiben.
Solina Tormas hatte es gründlich satt.
Seit Monaten kreuzte das akonische Forschungsschiff LAS-TOOR durch diesen verfluchten Nebel am Hintern der Galaxis, von einer toten Welt zur nächsten. Das einzige Leben hier - wenn man es so bezeichnen konnte! - waren Prospektoren aller Couleur und Zugehörigkeit. Akonen, Terraner, Blues, Angehörige von Völkern, deren Namen sie noch nie gehört hatte, geschweige denn aussprechen und auf deren unappetitlichen Anblick sie wirklich verzichten konnte.
Und was für eine Bande von Autisten diese Prospektoren waren! Sie hatten nur Geld im Kopf, Geld und wieder Geld. Für Solina und ihre Fragen nach dem Woher und Wohin, nach ihren Vor- und Vorvorfahren hatten sie bestenfalls ein höfliches »Oh, ich habe noch zu tun!« übrig, bevor sie sie stehen ließen und sich davonmachten. Eine Historikerin! Jemand, der sich mit der Vergangenheit beschäftigte! Der Prospektoreninstinkt sagte ihnen, dass aus ihr kein Geld zu schlagen war.
Nicht, dass ihre Kollegen Solina Tormas besser behandelten. Nein, sie waren nur raffinierter, die Damen und Herren Yidari. »Das ist wirklich furchtbar interessant«, beschieden sie ihr, die sich Wissenschaftler schimpften, wann immer das Thema auf Solinas Spezialgebiet kam, und das war ohnehin selten genug. »Wir müssen uns unbedingt in der Ruhe und mit der Zeit damit auseinander setzen, die deine wichtige Arbeit verdient. Leider muss ich dringend zu einer wichtigen Sitzung/wartet im Labor ein dringender Versuch/muss ich noch unbedingt meine Berichte schreiben, du kennst ja die Bürokratie. Aber bei Gelegenheit. «
Und das war es dann auch schon. Niemand interessierte sich für Solinas Arbeit. Lemurer! »Sind das nicht die, die seit 50.000 Jahren oder so tot sind?«, hatten ihre Mit-Yidari bei den obligatorischen höflichen Vorstellungen in den ersten Tagen nach dem Start der LAS-TOOR gefragt. »Unsere Vorfahren, die diese frechen Terraner für sich vereinnahmen wollen.?«
Nicht vereinnahmen wollen. Die Lemurer sind die gemeinsamen Vorfahren von Akonen und Terranern!, hätte Solina sie am liebsten belehrt. Und der Arkoniden und der Ferronen und von so ziemlich jedem humanoiden Volk der Milchstraße! Das wisst ihr so gut wie ich. Nur wollt ihr nicht wissen, wie sie wirklich waren, sondern sie als glorreiche
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