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PR Lemuria 01 - Die Sternenarche

PR Lemuria 01 - Die Sternenarche

Titel: PR Lemuria 01 - Die Sternenarche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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nicht gelingen würde. Die Schreie würden sich zu den vielen anderen gesellen, die ihm nachts aus dem Schlaf rissen.
    Die Tenoy hatten ein Elektrodreirad mitgebracht und bedeuteten ihm höflich, auf dem breiten, gepolsterten Sitz Platz zu nehmen. Der Naahk lehnte ab. Wenn er schon nur wenige, teuer erkaufte Stunden hatte, in denen er über seinen Körper verfügte, wollte er sie nicht mit Herumsitzen verschwenden, auch wenn er seine Gelenke damit geschont hätte. Außerdem würde die Ablehnung seinen Status festigen. Die Tenoy würden jede Einzelheit ihrer Begegnung mit dem Naahk berichten, selbstverständlich auch von seiner Bescheidenheit.
    Sie brachen auf. Der Marsch führte sie durch die Stahllandschaft des Innendecks. Netwar wusste, dass viele Metach diesen Sektor des Schiffs nur mit Widerwillen aufsuchten. Sie vermissten das Grün, das die beiden anderen Decks des Schiffs prägte, doch vor allem bedrückte sie die Enge. Das Innendeck hatte einen so geringen Durchmesser, dass es keine Illusion eines Himmels zuließ. Hob man den Kopf, traf der Blick die gegenüberliegende Seite des Decks, auf der die Anlagen und Menschen auf dem Kopf standen, von derselben Fliehkraft gehalten, die einen selbst am Boden hielt. Sogar dem Naahk fiel es selbst nach all den Jahren noch schwer, das Gefühl abzuschütteln, im nächsten Augenblick der Decke entgegenzustürzen.
    Aber Netwar sah nicht auf, konzentrierte sich ganz auf das Wunder seiner Beine, die ihn mit der Mühelosigkeit und Kraft vorantrugen, die eigentlich einem jungen Mann zu Eigen waren.
    Der Marsch dauerte fast eine halbe Stunde. Zu lange für die Tenoy, die sich in der Gesellschaft des schweigsamen, geheimnisvollen Naahk zunehmend unwohl fühlten, zu kurz für Netwar, der seine flüchtige Illusion von Gesundheit bis zur Neige auskosten wollte -und sich sträubte, ihr Ziel zu erreichen.
    Aber es half nichts. Die kleine Gruppe gelangte an einen niedrigen Verschlag aus Plastiklatten. »Da sind wir, Naahk«, sagte einer der Tenoy.
    Netwar musterte den Verschlag, von dessen Sorte es Dutzende auf dem Innendeck gab. Sie dienten als Ersatzteillager für die Aggregate der NETHACK ACHTON, die hier im geschützten Innern des Schiffs konzentriert waren. Als die Tenoy erfahren hatten, dass der Naahk bei dem Verhör anwesend sein würde, mussten sie die Gefangene hierher gebracht haben. Zwischen den vom Alter verformten Plastiklatten schien Licht heraus; ein Schatten bewegte sich langsam, ein weiterer, liegender verharrte an Ort und Stelle.
    Sie werden jedes Wort hören, dachte Netwar. Jeden Schrei.
    Als sich die Tür des Verschlags öffnete, wollte er sich an die Tenoy wenden, sie wegschicken. Ein großer Mann mit hageren Zügen trat heraus.
    »Launt, was tust du hier? Wieso hast du dich nicht wie die anderen Tenarchen rar gemacht?«
    »Ich will mit dir sprechen, Naahk. Allein.«
    »Natürlich.« Launt war vielleicht der Intelligenteste der Tenarchen, ein kluger Verwalter. Und ein mutiger Mann: Kein anderer hätte es gewagt, mit dem Naahk so respektlos zu sprechen.
    »Geht!«, wandte Netwar sich an die Tenoy: »Ihr habt eure Aufgabe vollbracht. Ich benötige euch nicht mehr.«
    Zögernd zogen sich die Tenoy zurück. Netwar hoffte, dass sie aus Pflichtgefühl nicht heimlich in der Nähe blieben. Es war nicht nötig, dass sie sein Gespräch mit dem Tenarchen belauschten. Und schon gar nicht, dass sie die Schreie hörten.
    »Sprich!«
    »Ich habe eine Bitte, Lemal. Sie mag ungewöhnlich klingen, vielleicht sogar empörend, aber ich muss sie vorbringen.« Launt räusperte sich. »Lass sie. Die Verräter, die Frau dort drin und alle Übrigen. Sie können das Schiff nicht gefährden.«
    Die Bitte war in der Tat ungewöhnlich. Aber empörend? Netwar horchte in sich hinein. Ja, empörend. Umso mehr, als sie seine eigenen geheimsten Wünsche widerspiegelte. Er wollte nicht tun, was vor ihm lag, doch das änderte nichts daran, dass er es tun musste. Zum Wohl des Schiffs.
    »Sie persönlich nicht«, sagte der Naahk. »Und weder heute noch morgen, das ist richtig. Doch was würde geschehen, wenn wir sie ungeschoren ließen? Sie würden versprechen, nie wieder von den Sternen zu träumen. Ein wertloses Versprechen. Die Verräter konnten nicht von ihnen ablassen. Andere würden sich ihnen anschließen, würde bekannt, dass sie nichts zu befürchten haben. Innerhalb von Jahrzehnten wäre die Ordnung des Schiffs zusammengebrochen. Und das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen in

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