PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche
Solange diese inaktiv waren, existierten sie für die Suchmaschinen nicht. Wenn sie jedoch »erwachten«, war es bereits zu spät... Die einzige Hoffnung bestand darin, den Weg nachzuvollziehen, auf dem Solina und Eniva den Konstrukten in regelmäßigen Abständen »Ent-schärfungs«-Befehle zukommen ließen. Doch war das bedeutend schwieriger, als es klang. Die beiden Verschwörerinnen berieselten nämlich, von ihrem umfunktionierten Spielautomaten im Kasino des Regenerationszentrums aus, das HistNet mit einem unaufhörlichen Strom von harm- bis sinnlosen Postings und Anfragen. Es gab hunderttausend und zwei Möglichkeiten, darin die Befehlskodes zu verbergen, die ihrerseits auf unzählige verschiedene Arten quantenmechanisch verschlüsselt sein konnten. Ihnen blieb nur, diesen Datenwust auf gut Glück zu durchsieben, ohne zu wissen, wonach sie eigentlich suchten. Der Befehl mochte in ultrakurzen, minimalen Impulsschwankungen stecken, die von den Servern normalerweise gar nicht registriert wurden, oder als Metastruktur auf einen minutenlangen, scheinbar unzusammenhängenden Datenfluss verteilt sein; sich viren- oder wurmartig erst nach Befall einer Reihe von Knotenrechnern manifestieren, oder oder oder... Die gesamte koordinierte Rechnerleistung der verbliebenen fünf Einheiten von Achabs kleinem Geschwader reichte nicht aus, um alle diese Eventualitäten in der gegebenen Zeitspanne systematisch durchzuexerzieren.
Manchmal hasse ich diese pervers hochgezüchtete Pikosyn-Technologie, dachte er. Eine bessere Haarnadel genügt, um ein ganzes Reich in Schwierigkeiten zu bringen! Und er ärgerte sich, weil er, ebenso wie seine Untergebenen, unterschätzt hatte, was Eniva mit dem scheinbaren Spielzeug, das zu ihrem extravaganten Aufzug gehörte, anzustellen vermochte.
Er schärfte den beiden Syntronikern ein, gleichwohl zu tun, was in ihrer Macht stand, und schickte sie an ihre Arbeitsplätze. Inzwischen war Mechtan aufgestöbert worden. Der Admiral vertrieb sich die Pause zwischen zwei Interviews in seinem privaten Fitnessstudio. Als Achab ihn davon unterrichtete, dass eine ernsthafte Krise drohte, verlangte er, dass sich der Maphan persönlich zu ihm begab, und nannte ihm die Transmitter-Kennung. Obwohl Achab in solchen Situationen ungern seinen Kommandostand verließ, fügte er sich widerspruchslos dem Wunsch des Takhans. Was sie zu besprechen hatten, war diffizil. Besser, sie standen sich dabei leibhaftig von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
Im Studio, einem kuppelförmigen Raum, war die Schwerkraft auf etwa zwei Zehntel g reduziert. Mechtan von Taklir schwebte, von Zugstrahlen gehalten, drei Meter über dem Boden. Er trug Sportkleidung. »Zieh dich um, mein Junge«, rief er beschwingt, »und trainiere mit mir! So lässt sich das Unangenehme mit dem Nützlichen verbinden.«
Achab, der seinen Admiral kannte und daher Turnzeug mitgebracht hatte, tat ihm den Gefallen. Danach nannte er dem Syntron die gewünschte Trainings-Intensität und wurde unter die Kuppel gehoben.
Derlei Studios erfreuten sich hoher Beliebtheit, weil in ihnen sämtliche Muskelgruppen des Körpers perfekt getrimmt wurden, und das bei geringem Zeit- und Raumaufwand. Es gab keine Maschinen wie früher einmal, nur eine Reihe von Projektoren für Antigravfelder, Formenergie und Traktorstrahlen. Gemäß dem gewählten Programm zwangen sie einem sanft, aber energisch die idealen Bewegungsfolgen auf; erzeugten Druck, der mit exakt dem richtigen Gegendruck erwidert werden musste, um die einzelnen Muskeln optimal anzureizen. Eine schlampige Ausführung der Übungen, die zu Verletzungen hätte führen können, wurde dadurch unmöglich gemacht. Wenige Wiederholungen der jeweiligen Kontraktionen reichten aus, um den erreichten Grad der Fitness und Körperausbildung zu erhalten oder, so man das wünschte, zu steigern.
Achab teilte Mechtans Freude an dieser sehr mechanisch ablaufenden Ertüchtigung nicht. Er fühlte sich von den hochtechnisierten Trainingsapparaturen entmündigt; wenn er die Wahl hatte, zog er traditionelle Gymnastik vor. Doch das behielt er für sich.
Während sie, wie Hampelmänner oder Marionetten an unsichtbaren Fäden, in verschiedenste Stellungen manövriert wurden, informierte er den Takhan über Solina Tormas und Eniva ta Drorars Alleingang. Mechtan war anzumerken, dass er vor Empörung an die Decke gegangen wäre, hätten ihn die Zugstrahler nicht daran gehindert.
»Was bilden sich diese Weiber eigentlich ein?«, donnerte er,
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