PR NEO 0034 – Die Ehre der Naats
Wissenschaftler sein konnten.
»Selbst wenn wir kapitulieren, werden die Naats ein Exempel an uns statuieren«, sagte Tresk-Takuhn.
Er hätte Hisab mit Gewalt nach Topsid zurückschicken sollen. Das Kurierschiff wäre auf seinen Befehl sicher zurückgekehrt, aber nun war es zu spät. Das Schiff hatte inzwischen sicher Topsid erreicht, aber niemand aus dem Dunstkreis des Despoten hatte es für nötig befunden, nach dem aufmüpfigen Archäologen zu fragen.
»Allein der Gedanke an eine Kapitulation ist ein Frevel!« Reban-Terkh fauchte Hisab-Benkh an, als wäre er der Feind. »Ein Topsider ergibt sich nicht!«
Tresk-Takuhn konnte sich gut vorstellen, dass sein Adjutant bereits den nächsten Bericht an den Despoten abfasste. Er musste Reban-Terkh ablenken, damit er nicht auf noch dümmere Gedanken kam.
»Was ist mit der Software für die verteilte Infrastruktur?«, fragte er deshalb. »Hat Ihr Team die Fehler endlich gefunden?«
Die Schuppen an Reban-Terkhs Hals verfärbten sich. »Wir haben inzwischen siebenundvierzig Echsenjahre in die Fehlersuche investiert.«
»Und – hat es sich gelohnt?«, höhnte Hisab-Benkh, der von dem ungestümen Jungoffizier nicht viel hielt. »Oder haben Sie und Ihre Leute die Zeit totgeschlagen?«
»Derzeit läuft alles stabil«, antwortete der Adjutant, ohne auf Hisabs Spitze einzugehen. Seine zuckende Schwanzspitze verriet ihn. »Wahrscheinlich haben wir den Fehler mit dem letzten Update beseitigt.«
»Wahrscheinlich?«, echote Hisab-Benkh mit triefendem Sarkasmus in der Stimme.
»Ja, wahrscheinlich. Aber was verstehen Sie schon davon?« Reban-Terkh stülpte die Oberlippe nach oben und ließ seine Zähne angriffslustig hervorblitzen. »Sie haben einen Befehl des Militärrats missachtet, als Sie den Methan entkommen ließen ...«
»Ich ...«, begann Hisab. Tresk-Takuhn unterbrach ihn, ehe er sich um Kopf und Schnauze reden konnte.
»Dann wollen wir einmal hoffen, dass Sie recht haben«, sagte er an Reban-Terkh gerichtet. »Wenn es so bleibt, haben wir eine Chance, den Naats zu trotzen.«
»Ich kann es Ihnen beweisen.« Der Adjutant griff in die Luft und aktivierte ein Hologramm. Eine wohlgenährte Topsiderin aus seiner Softwareabteilung meldete sich.
»Wie sieht es aus?«, fragte Reban-Terkh.
»Bis jetzt hervorragend«, antwortete die Topsiderin. »Die Fluk...«
»Keine Details!«, unterbrach sie Reban-Terkh. »Haben wir noch Unregelmäßigkeiten im Zusammenspiel der Komponenten?«
Die Topsiderin zögerte.
»Ja oder nein?«, hakte Reban-Terkh nach.
»Äh, Reban-Terkh. Wenn ... wenn Sie so fragen: nein.«
»Gut, mehr wollte ich gar nicht hören.« Er beendete die Verbindung ohne Gruß und drehte sich zu Tresk-Takuhn. »Sie haben es gehört. Alles klar wie Eiklar!«
Pass nur auf, dass es dir nicht gerinnt , dachte Tresk-Takuhn.
Wie zur Bestätigung von Reban-Terkhs Optimismus kamen die Klarmeldungen der einzelnen Abwehrstationen auf den Monden rings um Rayold I, der überschweren Impulskanonen genauso wie der anderen Fallen im Labyrinth. Auch die an den Auslegern von Rayold I angedockten Kampfschiffe meldeten ihre Bereitschaft. Alles lief wie auf einer schiefen Ebene auf eine militärische Lösung des Konflikts hin, ob er wollte oder nicht. Der Despot hatte ihm jede diplomatische Handhabe verboten, und der Naat Novaal hatte wohl ähnliche Befehle vom Regenten.
Mit einem Mal wünschte sich Tresk-Takuhn weit, weit fort. Weg von der bevorstehenden Schlacht, weg von der Aussicht, die alles andere als rosig war, weg von der Verpflichtung, die er als Kommandant der topsidischen Raumsoldaten hatte, und weg von einer drohenden Niederlage, die den Tod von Tausenden seiner Soldaten bedeuten konnte.
Er fragte sich, wo seine eigenen Träume geblieben waren. Was war aus ihnen geworden? Jene Vorstellung von einer besseren Welt, in der die Technik als Mittel zum Zweck der gesellschaftlichen Weiterentwicklung der Topsider wurde. War sie wirklich auf dem Altar des Despotats geopfert worden?
Der Fortschritt hatte den Topsidern kilometerhohe Wohntürme und die interstellare Expansion gebracht, aber der Intellekt des Einzelnen hatte davon keinesfalls profitiert. Ganz im Gegenteil: Wenn er die Überheblichkeit eines Megh-Takarr betrachtete, so fürchtete er, dass ein Gutteil seines Volkes ähnlich denken könnte; dass die Mehrheit die rücksichtslosen Expansionsbestrebungen des Militärrats gutheißen würde.
»Du irrst dich«, sagte Hisab-Benkh.
»Kannst du seit Neuestem meine
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