PR NEO 0035 – Geister des Krieges
musste.
»Sprechen Sie, Kerool!«, sagte Tirkassul.
Der Offizier trat ungefragt ein und an den kleinen Tisch in der Mitte des Besprechungsraumes. Dort aktivierte er eine Konsole. Einen Sekundenbruchteil später erschien ein holografisches Bild, schwebend über der Tischmitte.
Toreead stockte der Atem, als er begriff, was er da sah.
»Die Menschen, Kommandant«, soufflierte Kerool unnötigerweise, als wolle er die Erkenntnis in Toreeads Geist einhämmern. »Wir können es uns bislang nicht erklären, aber wie diese Überwachungsaufnahmen klar belegen, ist eine kleine Gruppe von ihnen ihrer Gefangenschaft entkommen und bewegt sich frei an Bord der ITAK'TYLAM.«
Da war Rhodan. Neben ihm der Dunkelhäutige. Toreead schwieg, obwohl er Kerools Antworten wusste.
»Aufspüren!«, befahl Tirkassul. »Alle verfügbaren Besatzungsmitglieder durchkämmen umgehend das Schiff. Verstärkte Kontrollen an den Hangars und ...« Er verstummte, als Kerool mit unglücklicher Miene die Hand hob.
Es kommt noch mehr , begriff Toreead.
»Sie ...« Kerool hatte sichtlich Mühe, sich in Gegenwart seines Vorgesetzten derartige Freiheiten zu gestatten, schien aber zu wissen, dass er es musste. »Kommandant, sie haben bereits einen Soldaten getötet.«
Was?
Toreead war, als zöge Kerool ihm gerade den Boden unter den Füßen weg. Mit weit aufgerissenen Augen betrachtete er die Holos. Sie zeigten inzwischen, wie Rhodan, der mysteriöse Tschubai und einige andere Personen einen Korridor entlangliefen und sich dabei vorsichtig umsahen. Dann wechselte die Darstellung zu der eines Naats, der regungslos am Boden einer kleinen Kabine lag. Toreead musste kein Heiler sein, um den Kameraden als tot zu erkennen. Dazu genügte schon der Blick auf den von Strahlerschüssen entstellten Kopf des Unglücklichen.
»Wie konnte das geschehen?«, knurrte Tirkassul leise in die Schockstille, die sich im Besprechungsraum ausgebreitet hatte.
»Wir wissen es noch nicht«, antwortete der Offizier kleinlaut. »Durch das Geschehen außerhalb des Schiffes war die Bordsicherheit wohl zu sehr abgelenkt, um auf alles zu achten, was sich innerhalb der ITAK'TYLAM abspielte. Ich bin mit diesen Aufnahmen zu Ihnen gekommen, sowie sie mir vorlagen.«
Ein toter Naat. Rhodan und sein dunkelhäutiger Helfer auf der Flucht. Toreead konnte es kaum fassen. War das etwa die Bedenkzeit, die der Mensch ihm angeboten hatte? Füllte Rhodan sie wirklich mit Taten, die seinen Worten von Hoffnung und friedlichen Lösungen Hohn sprachen?
Die Bilder schienen es zu beweisen. Und doch ...
»Sie haben meine Befehle gehört, Kerool«, sagte Tirkassul fest. »Alle verfügbaren Kräfte widmen sich umgehend der Suche nach diesen Flüchtlingen. Sollte Gewalt nötig sein, sie dingfest zu machen, ist diese hiermit autorisiert, verstanden?«
Kerool nickte gehorsam – und ein wenig erleichtert – und desaktivierte die Holoaufnahmen. Dann machte er kehrt und verließ den Raum.
Toreead starrte auf die Luft oberhalb des Tisches. Die Bilder waren verschwunden. Trotzdem sah er sie im Geist noch immer.
»Was wollten Sie mir sagen, Soldat?«, fragte Tirkassul.
Toreead blinzelte. »Was? Oh, es ... es kann warten, Kommandant. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, werde ich mich umgehend an der Suche nach den entflohenen Menschen beteiligen.«
Tirkassul sah ihn fragend an, widersprach aber nicht. Gemeinsam traten sie zurück in die Zentrale. Dort verabschiedete sich Toreead vom Kommandanten der ITAK'TYLAM und eilte in Richtung Korridor. Die Zeit, das wusste er, lief gegen ihn. Verfluchter Rhodan!
Keuchend ließ sich Novaal gegen die Kraterwand sinken und streckte die Beine aus. Die Pause war dringend nötig, das spürte er mit jedem schmerzenden Muskel seines überanstrengten Körpers.
Hier solltest du in Sicherheit sein, meinte die fremde Stimme. Zumindest für den Moment. Er »hörte« sie schon die ganze Zeit über; sie war ihm ein viertes Auge, wies ihm den Weg und hatte ihn mit erstaunlicher Sicherheit zwischen den topsidischen Kampftruppen hindurchgeführt.
Novaal wollte nicht von der Front flüchten. Die Festung war unter Beschuss, die Naats brauchten jeden Mann. Doch ein Reekha, der sich seines eigenen Verstandes nicht mehr gewiss sein konnte, war niemandem eine Hilfe – das wusste er. Bevor er zur Schlacht zurückkehrte, musste er begreifen, was mit ihm los war. Er musste sich und seinem Urteilsvermögen, an dem er gewaltig zweifelte, wieder vertrauen können.
Einmal mehr sah er zu
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