PR NEO 0038 – Der Celista
erst jetzt ausmachte. Sie war eindeutig eine Mehandor. Lockige rotbraune Haare umrahmten ein sommersprossiges Gesicht, das er im Seitenprofil sah. Ihre Nase war lang und gerade; die blauen Augen richteten sich weiter auf KE-MATLON. Er schätzte sie aufgrund der glatten, nahezu makellosen Haut auf vielleicht dreißig Jahre. Eine beigefarbene Uniform gab ihr einen militärischen Anstrich, der im Gegensatz zu ihrer legeren Haltung stand. Sie saß im Schneidersitz, die Handrücken locker auf die Knie gelegt, wie eine Meditierende.
Rhodan war unsicher, ob sie zum Bild gehörte. »Sind Sie ... ein Service-Avatar?«
Sie drehte sich zu ihm um. »Mitnichten. Ich bin so real wie der Boden, auf dem Sie stehen.«
»Ich habe eine Einzelkabine gebucht.«
Ihr Gesicht bekam einen verschmitzten Ausdruck. »Aber seine Hallon-Tá-Bé nimmt man nun einmal mit auf die Reise.«
Rhodan hatte keine Ahnung, was eine Hallon-Tá-Bé sein sollte, wollte es sich aber nicht anmerken lassen. Der implantierte Translator vermittelte ihm lediglich, dass es sich um eine bestimmte Art von Beziehung handelte, ohne ihm erklären zu können, was die Bindung beinhaltete. »Wir rufen Kommandant Talamon. Er wird das klären.« Seine Stimme behielt Ruhe, während Rhodan sie innerlich verlor. Er hatte das Schiff kaum betreten, und schon bahnte sich der erste Stress an.
Die Mehandor stand geschmeidig auf und kam auf ihn zu. »Das ist nicht nötig, Perry Rhodan. Ich bin sicher, wir werden uns einig.«
»Woher ...« Rhodan verstummte. Die Erkenntnis kam wie ein Schlag. Seine Lippen öffneten sich. »Belinkhar?« Nur sie konnte seinen Namen kennen. Rhodans Herzschlag beschleunigte sprunghaft. Erleichterung überkam ihn. Die Anspannung der Einschiffung fiel endgültig von ihm ab; fortgespült von Freude. »Sie leben! Ich kann Ihnen nicht sagen, wie froh mich das macht. Ich dachte, Sie seien meinetwegen umgekommen.«
Die ehemalige Matriarchin lächelte. »Es tut mir leid, Sie vorab im Ungewissen gelassen zu haben, Rhodan. Aber der Entschluss, meinen Tod zu fingieren, fiel sehr spontan. Er ließ keinen Raum für Kompromisse. Ich wollte nicht, dass Sie sich im Mam-Hallon durch irgendein Anzeichen von Wissen verraten. Im Gespinst gibt es überall Sonden.«
»Ich bin zu glücklich, um verärgert oder wütend zu sein.« Verblüfft erkannte Rhodan, dass diese höflich dahingesprochenen Worte der Wahrheit entsprachen. Obwohl er Belinkhar kaum kannte, hatte er das Gefühl, die Last eines Raumschiffs würde von seinen Schultern fallen.
»Standardmodus«, sagte Belinkhar mitten in den Raum und beschrieb dabei mit zwei Fingern einen Kreis. Das blauweiße Licht der Sterne wurde golden. Nach und nach verblassten die fernen Sonnen und der bunte Nebel. Eine trapezförmige, nach außen geweitete weiße Kabine blieb zurück, die sich an mehreren Stellen bewegte. Aus dem Boden fuhr ein Doppelbett, ausgestattet mit zahlreichen Kissen und Decken. Vor dem Fenster – dem letzten Teilstück der Illusion – zeigten Außenoptiken die IMH-TEKER in der Parkklammer mit Sicht auf das Gespinst. Ganz so, als blicke man tatsächlich hinaus.
Belinkhar drehte sich schwungvoll um. »Ich konnte nicht widerstehen, dieses Zusammentreffen zu inszenieren. Habe ich Sie überrascht?«
»Allerdings. Ich habe Sie um Ihre Hilfe gebeten. Aber ich hätte niemals von Ihnen zu sterben verlangt.«
»Es war an der Zeit. Ich bin zu einer Belastung für das Gespinst geworden. Das Imperium hat nicht vergessen, dass meine Kooperationsbereitschaft zu wünschen übrig gelassen hat. Der innerste Kreis übt Druck auf meine Sippe aus.«
»Der Regent hat angeordnet, Sie zu töten?«
»Nein. So weit reicht sein Einfluss nicht. Aber die Sippe weiß, was gut für sie ist. Und ich weiß es auch.« Sie blickte zum Gespinst hin. »Spüren Sie es? Wir fliegen gleich ab. Die Klammern lösen sich.«
Rhodan fühlte das leichte Vibrieren unter den Füßen. Nervosität überkam ihn wie ein Anflug von Reisekrankheit. Es gab kein Zurück mehr.
Auf dem Fensterholo lösten sich die zangenartigen Verschlüsse, gaben das Walzenschiff frei und entließen es in den Weltraum.
Belinkhar trat an die Wand. Ihr Blick heftete sich mit wehmütiger Intensität auf das Gespinst, als sähe sie es zum letzten Mal.
»Es ist Ihr Zuhause«, sagte Rhodan. Seine Stimme war leise. Belinkhar musste zutiefst traurig sein. »Sie lassen alles hinter sich, was Ihr Leben ausmachte, oder?« Er wusste, dass Belinkhar ihre Aufgabe sehr ernst genommen
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