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PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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darunter.
    Die Ärzte, Pfleger und Schwestern arbeiteten mit der ihnen eigenen Routine einen Fall nach dem anderen ab. Den meisten Menschen konnte geholfen werden. Nur für wenige kam jede Hilfe zu spät.
    Sue betrachtete traurig den Mann, dem eine faustgroße und zwei Meter lange Stahlschiene durch die Brust gefahren war. Er zuckte hilflos und starrte mit wachsbleichem Gesicht gegen die Decke. Trotz Morphium durchlitt er Höllenqualen. Er war in einem Zustand eingeliefert worden, der keine Hilfestellung mehr zuließ.
    Sue tat ihre Arbeit. In die Menschen hineinkriechen. Sie ertasten. Den normalen Prozess des langsamen, kriechenden Todes, der mit dem Leben eines jeden Organismus einherging, von den Besonderheiten trennen. Diese erkennen und markieren. Bekämpfen. Beseitigen.
    Weitere Wartesäle. Weitere Patienten. So viel Schmerz, so viel Angst und Trauer. Sue allein verbreitete Hoffnung und mitunter Glückseligkeit. Sie erreichte, dass sich die Menschen besser fühlten, ohne dass sie ahnten, was mit ihnen geschah.
    »So etwas kann einem durchaus zu Kopf steigen«, hatte John Marshall vor einigen Tagen gesagt. »Sei dir dessen bewusst, dass auch du nicht unfehlbar bist und Grenzen hast.«
    Wo waren diese Grenzen? Wer würde sie ihr aufzeigen?
    »Verzeihung.«
    Eine Frau hielt sie auf. Sie war mittleren Alters. Ungepflegtes Haar hing ihr wirr in die Stirn, und sie stank nach Schweiß. Sie trug eine Jacke. Merkwürdig, angesichts der angenehmen Temperaturen im Terrania Central.
    »Ja?«
    »Ich kenne dich.«
    Mehr sagte sie vorerst nicht. Sie stand bloß da und starrte Sue an. Die Unterlippen der Frau bebten, als wollte sie gleich losheulen.
    »Ich wüsste nicht, dass wir uns schon einmal über den Weg gelaufen wären.«
    »Ich bin Dharma Liebevoll. Aus New York. Brooklyn. Ich bin eine Freiwillige. Ich lebe seit sechs Monaten hier.« Dharma trat näher, kam ihr unangenehm nahe. Streckte einen Arm aus, berührte sie.
    Sue fühlte Pein. Sie saß sehr tief, und sie stand in keinerlei Relation zu den körperlichen Gegebenheiten, denn diese waren durchaus akzeptabel. Offenbar litt Dharma an einer psychischen Erkrankung, die für sie nach wie vor ein schwer erklärbares Rätsel darstellten.
    »Ich habe viel zu tun«, sagte Sue abweisend. »Wenn du mich bitte entschuldigst ...«
    »Lauf nicht davon! Bitte!«
    Dharma hielt sie fest. Nicht so, dass es schmerzte, aber auf eine unangenehme Art und Weise. Die Frau zeigte eine Penetranz, die Sue nicht mochte. Am liebsten hätte sie sich losgerissen und wäre davongeeilt; doch sie beherrschte sich. Geduld war eine Tugend, die sie sich mühsam hatte aneignen müssen.
    »Solltest du Hilfe brauchen, dann rede bitte mit der Stationsschwester. Ich weiß, dass hier jedermann überfordert ist, aber ...«
    »Ich brauche dich! Nur du kannst mich heilen. Niemand sonst.«
    »Wie kommst du darauf, dass ich ...«
    »Sag, dass du mir helfen kannst! Ich weiß es doch, ich habe von dir gehört, habe mir von deinen Wunderheilungen erzählen lassen ...«
    Sue erschrak, ließ sich aber nichts anmerken. Sie war nicht vorsichtig genug gewesen. Irgendjemand hatte die Wahrheit erkannt und Gerüchte verbreitet. Oder aber einer ihrer Freunde hatte den Mund zu weit aufgerissen. Sid vielleicht ... Er war zwar ein guter Freund, aber auch labil, und er neigte zur Impulsivität.
    »Du irrst dich. Rede bitte mit den Ärzten, was auch immer dein Problem ist.«
    »Das ist mein Problem!«, kreischte Dharma so laut, dass mehrere der wartenden Patienten ringsum aufmerksam wurden. Sie ließ Sue los und zog sich mit einem Ruck die Jacke vom Oberkörper. Sie tat es mit einer Hand. Denn der andere Arm, der linke, fehlte.
    »Ein Unfall«, sagte sie knapp. »Ich arbeite im Hochbau, in der Konstruktion. Drüben beim Arkturus Tower, der in den nächsten Wochen fertiggestellt werden soll. Ich war auf Besichtigung und fuhr mit dem Aufzug hoch, obwohl der Käfig noch nicht geschlossen gewesen war. Ich konnte den Arm nicht mehr rechtzeitig zurückziehen, und er wurde an einem Querträger abgetrennt wie mit dem Rasiermesser.« Tränen schossen ihr aus den Augen, während sie weitererzählte. »Es war meine eigene Schuld. Ich bin unter normalen Umständen übervorsichtig, aber ich hatte mehr als zwanzig Stunden nicht geschlafen. Ich habe für eine Sekunde nicht aufgepasst, für einen winzigen Augenblick. Ab war er, einfach weg! Einfach so!«
    Sue starrte die Frau entsetzt an. Sie wusste, dass sie etwas sagen musste. Ihr Bedauern

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