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PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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ein Lichtpunkt in den Himmel hochglitt, eine Liftkabine, die das Gebäude mit der ehemaligen Venus-Zuflucht im Orbit über Terrania verband? Oder interessierten sie die Menschen, die nahe einer Hügelkuppel Drachen steigen ließen und das papierene Werk kraft ihrer Gedanken dazu brachten, höher und höher zu steigen?
    War die Frau beeindruckt von den Anstrengungen, die unternommen wurden, um Wüstenland urbar zu machen? Von den Mutanten, die in Kleingruppen einfache Übungen machten, um ihre Gaben besser in den Griff zu bekommen?
    Nein. Sie hatte gewiss andere Dinge gesehen. Schönere und schlimmere und solche, die beides zugleich waren.
    Wenn er doch bloß in ihr lesen könnte! Doch da war nichts. Bloß Leere. Ein stumpfes Nichts, in dem ein Bodensatz bedeutungsloser Gedankenfetzen lagerte.
    Worte wie »bauen, errichten, sorgen, lagern« spielten womöglich eine Rolle. Doch Marshall war sich seiner Sache nicht sicher. Diese Frau war ... durchgeknallt.
    »Wie geht es dir?«, fragte er, wie er es gewiss ein Dutzend Mal am Tag tat. Er erwartete keine Antwort, und er erhielt auch keine. Alles, was die Betreuer und er für Quiniu Soptor tun konnten, war, sie am Leben zu erhalten und dafür zu sorgen, dass sie funktionierte.
    Marshall erledigte Anfragen von Agenten, die weltweit unterwegs waren und nach weiteren Mutanten suchten. Dies war ein angenehmer Teil seiner Pflichten. Andere, an die er nicht so gerne dachte, beschäftigten sich mit der Kostenkontrolle. Homer G. Adams saß ihm im Nacken und quälte ihn. Doch Adams saß jedermann im Nacken, der in Terrania etwas zu sagen hatte. Er war wie ein Bluthund, der ausschließlich auf finanzielle Aspekte ansprach.
    Eine Nachricht stach Marshall ins Auge, und er ärgerte sich, sie nicht schon viel früher bemerkt zu haben: Sue hatte sich in Terrania Central engagiert, wie so oft in letzter Zeit. Es gab Beschwerden über ihr Verhalten. Solche, die man durchaus ernst nehmen musste. Das Mädchen legte sich Lasten auf die Schultern, die viel zu schwer für es waren. Er würde Sue beizeiten ins Gebet nehmen müssen.
    Beizeiten ... Was für ein beschissenes Wort.
    »Kann ich dir beim Bauen helfen?« Er gesellte sich zu Quiniu Soptor. Die Arkonidin hatte ihre Blicke – Blicke aus silbernen Augen! In einem dunklen Gesicht! Eingerahmt von blauem Federhaar! – vom Fenster abgewandt und beschäftigte sich nun wieder mit den Bauklötzen, die man ihr zur Verfügung gestellt hatte. Geistesabwesend setzte sie einen Stein neben den anderen, errichtete eine Reihe und dann noch eine, aktivierte die Adhäsiv-Wirkung einzelner Klötze ohne erkennbaren Grund und ließ andere unbeachtet. Um nach einer Weile einen Teil der entstehenden Mauer niederzureißen und wieder von vorne zu beginnen.
    Marshall reichte ihr einen grellgrünen Baustein. Quiniu nahm ihn in Empfang, legte ihn auf einen roten, veränderte die Farbgebung ein ums andere Mal, ließ einen Flickenteppich entstehen, der seine Sinne verwirrte.
    »Sieht es so in dir drin aus?«, sinnierte er. »Ist alles durcheinander und bunt und unvollständig?«
    Keine Antwort, wie immer. Marshall hatte auch nicht damit gerechnet. Quiniu Soptors Therapeuten hatten ihm geraten, möglichst viel mit ihr zu reden. Um ihr Halt zu geben in einer Welt, der sie auf seltsame Weise entrückt war.
    »Was ist mit dir während dieser Reise durch die Zeit geschehen? Sind es die zehntausend Jahre, die du rückwärtsgewandt erleben musstest, die dich in diesen Zustand versetzt haben? Oder ist es etwas, das du während des Untergangs von Atlantis erlebt hast?«
    Quiniu hob den Kopf. Reagierte sie auf ein Reizwort, auf »Atlantis« zum Beispiel?
    Nein. Er existierte nicht in ihrer Welt. Sie nahm die neue Schachtel mit Bauklötzen in Augenschein, die ihr ein Ferrone dagelassen hatte. Sie griff danach, verfehlte einmal, zweimal und hielt sie schließlich in der Hand, um sie mit bemerkenswertem Geschick zu öffnen.
    »Du bist selbst ein Flickenteppich.« Marshall öffnete eine zweite Schachtel. »Nichts passt bei dir zusammen. Womöglich musst du so lange herumprobieren, bis die ganzen Steine richtig zusammenfallen und ein großes Ganzes ergeben.« Er seufzte. »Was noch eine Zeitlang dauern kann, wenn ich daran denke, wie leer und unsortiert dein Leben gerade ist.«
    Quiniu nahm seine Packung, betastete sie, ohne sie anzublicken, und stellte sie dann achtlos beiseite. Es war, als könnte sie zwischen guten und schlechten Steinen unterscheiden. Als fühlte sie etwas,

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