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PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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unter fließendes Warmwasser. Die aseptischen Handschuhe lösten sich langsam auf.
    »Du hattest recht. Ich bin noch nicht so weit, wie ich's gerne hätte. Ich muss lernen, meine Grenzen zu akzeptieren.«
    »Und weiter?«
    »Ich mache Fehler. Ich überschätze meine Kräfte.«
    Fulkar rubbelte Reste des gummiartigen Materials zwischen seinen Fingern ab, ohne Sue auch nur eines Blickes zu würdigen. »Und was noch?«
    »Du bist zweifellos der beste Arzt auf der Erde, und ich bin im Vergleich zu dir bloß eine Novizin.«
    »Warum nicht gleich so?« Fulkar zeigte ein freudloses Grinsen und beendete das Reinigungsprozedere. »Aber du hast dein Sprüchlein schön aufgesagt. Nun frage ich mich, ob du das alles ernst meinst oder du dich bloß bei mir einschmeicheln möchtest.«
    »Du bist das kaltherzigste Wesen, das ich jemals getroffen habe. Warum sollte ich mich bei dir einschmeicheln wollen?«
    »Etwa, weil ich ein gutes Wort bei Marshall für dich einlegen könnte? Damit ich dir wieder freien Zugang zu allen Abteilungen des Central gewähre?«
    »Ich werde mich eine Zeit lang von hier fernhalten. Um die Batterien wieder aufzuladen, zu lernen und im Lakeside Institute, na ja ...«
    »Um Spaß zu haben und das Leben eines irdischen Teenagers zu führen?«
    »Zumindest für einige Tage, ja.«
    Fulkar richtete seinen Blick endlich auf sie. Da war kein Gefühl, keinerlei Warmherzigkeit. »Du tust das Richtige, Sue Mirafiore. Als wir uns das letzte Mal sahen, befürchtete ich, dich verloren zu haben. Du warst so voll Zorn, voll gekränkter Eitelkeit. Ich frage mich nun, was diesen Sinneswandel bewirkt hat?«
    »Hast du schon mal was über die Pubertät gehört? Von Hormonen, die verrücktspielen? Ich kann's in mir drin rumoren spüren – und ich kann nichts dagegen unternehmen.« Sue schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich will stets das Richtige machen, und dann setzt mein Denken aus. Einfach so. Ich weiß besser als jeder Mensch, wie und warum. Aber ich bin hilflos dagegen.«
    »In meiner Heimat ist es selbstverständlich, Hemmer gegen dieses Phänomen zu verabreichen. Aber ich befürchte, dass man auf der Erde anders über dieses Thema denkt.«
    »Ja. Ganz sicher.« Meinte Fulkar es ernst, oder machte er böse Scherze auf ihre Kosten?
    »Wie auch immer: Ich bin einigermaßen zufrieden mit dir. Du lernst, wenn auch langsam.«
    »Danke!«
    »Fasse das nicht als Kompliment auf, sondern als Ansporn, es in Zukunft noch besser zu machen.« Leise, kaum hörbar, fügte er hinzu: »Es ist nicht nur deine Gabe, die dich zu einem ganz besonderen Menschen macht. Du besitzt Größe, Sue Mirafiore. Achte darauf, dass sie dir niemals verloren geht. Ich bin ohnedies von viel zu vielen Kleingeistern umgeben.« Er räusperte sich. »Und nun geh, bevor ich schwach werde und Dinge sage, die ich bereuen würde. Du musst wissen, dass ich zu Rührseligkeit neige.«
    »Aber natürlich, Fulkar.« Sue unterdrückte ein Grinsen.
    »Bevor du ins Lakeside Institute zurückkehrst, hast du noch etwas zu erledigen. Denk dran.«
    »Ich dachte ... hoffte, du würdest mir diesen Weg ersparen.«
    »Ich habe eben von Größe gesprochen. Möchtest du mich Lügen strafen?« Fulkars Stimme war mit einem Mal wieder schneidend und kalt.
    »N... nein. Du hast recht.« Sue nickte. »Und danke!«
    »Du hast allen Grund, dich zu bedanken. Mit anderen Menschen habe ich längst nicht so viel Geduld. Und nun geh!«
    Sue verließ den Raum. Ärzte, Koryphäen aus aller Herren Länder, starrten sie fassungslos an, als sie den Ara zum Abschied grüßte und der tatsächlich mit der Hand zurückwinkte.
    »Was ist?«, fragte sie feixend. »Habt ihr noch nie zwei Freunde gesehen, die sich voneinander verabschieden?«
     
    »Dharma? Dharma Liebevoll?« Das Behandlungszimmer war leer. Nur Sue und die einarmige Frau waren anwesend.
    »Hm?« Sie drehte sich um, benötigte einige Sekunden, bis sie Sue erkannte, und machte dann ein freundliches, ein freudig erregtes Gesicht. »Du bist gekommen! Ich wusste, dass du mir helfen wirst!«
    »Ich befürchte, ich muss dich enttäuschen.«
    Dharma runzelte die Stirn. »Aber ich irre mich doch nicht! Du bist das junge Mädchen, das im Lakeside wohnt und jedermann hilft. Du lebst dort, wo die Übermenschen zu Hause sind.«
    »Die Übermenschen?«
    »Ach, die halbe Stadt weiß doch, was am anderen Seeufer geschieht.« Dharma lächelte unsicher. »Aber niemand möchte darüber reden. Die Leute haben Angst vor euch. Aber ich habe keine

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