PR NEO 0039 – Der König von Chittagong
anstimmte.
Marshall sah fasziniert zu. Quiniu wirkte auf ihn, als wäre sie von einem anderen Wesen besessen – und vielleicht war es auch so.
Er erschrak. Griff Grek 691 auf ihr Wesen zu? Was wusste er schon über das im Tarkanchar festgesetzte Bewusstsein? Wenn es nun log und betrog und nur darauf aus war, sich von einem schwachen Geist zu nähren?
Was für abstruse Gedanken! Doch Marshall gelang es nicht, sie zur Gänze zu verdrängen. Er hatte dieses Experiment auf seine eigene Kappe genommen, ohne mit jenen Fachleuten Rücksprache zu halten, die sich mit Quiniu Soptor beschäftigt hatten.
Die Halbarkonidin baute mit seltsamer Verbissenheit an einer Landschaft aus Bauklötzen. Sie konzentrierte sich nicht auf ein einziges Gebäude, sondern schuf derer gleich mehrere. Ruinen. Verlassene Gehöfte oder Burgen, die auf Hügeln stehen. Dazwischen ein Tal, dessen tiefsten Punkt sie mit einer blauen Linie aus Steinen markiert hat. – Stehen sie für ein Gewässer, für einen Fluss?
Die Gedankentätigkeit, die Marshall fühlte, wurde reger und intensiver. Er meinte, Grek 691 zu erkennen. Er interagierte mit Quiniu, sie reflektierte seine Erinnerungen oder Ideen. Doch da war nichts, was einen Sinn ergab.
»Tarkanchar«, sagte sie zum wiederholten Male und dann: »Garten.«
Quiniu wandte sich ihm abrupt zu. Lächelte glückselig. Zeigte ihm ihr neues Spielzeug, stolz, als wäre es ihr wertvollster Besitz. Wie ein Kleinkind war sie, frei von schlechten Gedanken und frei von Falschheit. Alles, was sie sah und hörte und dachte, entsprach der Wahrheit.
Eine unverfälschte Gedankenwelt wie zu paradiesischen Zeiten, bevor Schlange und Apfelbaum ins Spiel kamen.
Doch die Schlange näherte sich, wie Marshall mit einem Mal fühlte. Sie war da. Dunkle Ideen, böse Ideen strömten auf Quiniu Soptor über. Womöglich Erinnerungen, die Grek 691 zutage förderte oder die die Frau selbst hochquirlen ließ.
»John«, murmelte sie, »halt es auf ...«
Er fühlte eine panische Grundstimmung und Angst. Etwas, das außer Kontrolle geriet.
Er stellte den Pod beiseite und trat auf Quiniu zu. Er wollte ihr das Tarkanchar aus der Hand nehmen, sie ließ es nicht zu. Wo eben noch freundliches Lächeln gewesen war, zeigten sich nun Wut und Verachtung. Beide Hände krampften sich um den Kristall. Sie wollte ihn partout nicht hergeben, auch wenn die Gedankenstrahlungen, die von ihm ausgingen, immer intensiver und gefährlicher wurden. Grek 691 jammerte, bat um Hilfe. Der Ideenstrudel rings um Marshall gewann an Dichte. Drohte auch ihn in einen Abgrund zu ziehen, in eine Schwärze, die kein Licht erlaubte.
»Fulkar!«, ächzte er, »helfen Sie mir!«
Da waren die langen, dünnen Finger des Aras. Sie waren unglaublich kräftig. Doch auch mithilfe des Arztes gelang es nicht, Quiniu das Tarkanchar wegzunehmen, das Gerät, das überhitzte, das zu bersten drohte, das alles ringsum in die Luft sprengen würde, mitsamt der Gedanken, die verborgen bleiben sollten ...
Ein lauter und schriller Ton durchdrang Marshalls Geist. Er schwoll an. Zerschnitt seinen Kopf. Seine Hände. Seinen Körper. War allumfassend.
Diese schreckliche Hitze!, dachte Marshall entsetzt. Er wollte sich losreißen, Fulkar packen und gemeinsam mit ihm flüchten – doch es war zu spät. Er fühlte, wie sich Schmerz von seinen Händen kommend ausbreitete. Das Tarkanchar explodierte wie in Zeitlupe und dennoch mit einer Wucht, die in keiner Relation zur Größe des Instruments stand.
Er wurde beiseitegeschleudert, meterweit, prallte mit dem Rücken gegen die Wand seiner Schlafnische, rutschte zu Boden, völlig betäubt, und blieb dort sitzen wie eine Puppe mit ausgerenkten Gliedern, fassungslos, dass er noch lebte.
Er hob eine Hand vors Gesicht und sah sie an. Warum war sie rot? Was quoll da für eine zähe Flüssigkeit hervor? Warum war ihm übel und schwindlig?
Marshall lachte. Es passt nichts zusammen, dachte er. Ich weiß nicht, was mit mir geschieht, fühle nichts, denke falsch, kann kein Wort mehr sagen. Ist es das, was Quiniu mitmacht?
Es spielte keine Rolle mehr. Er kippte zur Seite, ohne es verhindern zu können, und dann war nichts mehr.
13.
Mach's gut!
Sue kehrte in ihr Apartment zurück. Alles tat ihr weh, sie war völlig erschöpft. Dennoch fühlte sie sich gut, denn sie hatte heute gute Arbeit geleistet.
Als sie Marshall, Fulkar und Quiniu Soptor gesehen hatte, war ihr das Herz in die Hose gerutscht. Alle drei waren sie blutüberströmt gewesen,
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