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PR NEO 0044 – Countdown für Siron

PR NEO 0044 – Countdown für Siron

Titel: PR NEO 0044 – Countdown für Siron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Schäfer
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schwarzes Tuch gebunden.
    »Wo bei allen Sandgeistern bleibst du denn? Wir stehen uns hier schon seit einer halben Stunde beinahe die Beine in den Bauch!«
    »Tut mir leid«, sagte Stynn Jariharatan. »Ich wurde ... aufgehalten. Die Meinigen der Sonnengärten haben auf den mittleren Ringstraßen ihre Jahresparade abgehalten, und viele der Ausfahrten waren immer noch gesperrt. Ich habe ...«
    »Vergiss es«, unterbrach ihn Angech. »Hauptsache, du bist da. Los jetzt! Wenn wir noch länger warten, werden die Wachen vielleicht nervös.«
    Die Gruppe setzte sich in Bewegung. Wie üblich war die unmittelbare Umgebung des Heiligtums nur von einigen Strahlern beleuchtet. Lediglich das Wrack selbst lag im gleißenden Licht Hunderter Scheinwerfer. Das graubraune, vernarbte Metall der Außenhülle sah aus, als würde es von innen heraus leuchten.
    Eigentlich sträubte sich Angech dagegen, das Schiff als Heiligtum zu bezeichnen, doch der Name hatte sich über die Jahrtausende eingebürgert und war längst in den allgemeinen Sprachschatz übergegangen. Einst hatte er eine Berechtigung gehabt, denn in der Frühphase ihrer Geschichte hatten die Sironer den notgelandeten Raumer tatsächlich angebetet. Mit der voranschreitenden technischen und kulturellen Entwicklung und der damit einhergehenden Aufklärung hatte man jedoch irgendwann begriffen, dass die riesige Metallkugel kein Relikt irgendwelcher Götter, sondern ein Raumschiff war – jenes Raumschiff, mit dem die Vorfahren der Sironer vor langer Zeit ziemlich unsanft auf Siron gestrandet waren.
    Wenn es heute unter den zahlreichen Denkschulen und religiösen Strömungen etwas gab, was alle akzeptieren konnten, war das die Tatsache, dass die sironische Zivilisation aus der Besatzung eines fast achthundert Meter durchmessenden Kugelraumschiffs hervorgegangen war, was vor mindestens zehntausend Jahren auf dem Wüstenplaneten hatte notlanden müssen. Damit erschöpften sich die Gemeinsamkeiten der diversen Weltanschauungen dann aber auch.
    Angech hatte die Führung der Gruppe übernommen. Im Gänsemarsch überquerten sie den ausladenden Tempelhof und gingen die Steintreppen zu den Meldekammern hinauf. Für einen zufälligen Beobachter sahen sie aus wie eine der vielen Pilgergruppen, die sich täglich in diesem Bereich des Heiligtums aufhielten und die sich lediglich besonders zeitig aufgemacht hatte, um den Massenansturm am Morgen und am Nachmittag zu vermeiden.
    Hinter Angech ging Iessa. Sie hatte ihre langen blonden Haare nach hinten gebunden. Mit der Kapuze des Pilgermantels über dem Kopf sah es aus, als hätte sie einen großen, unförmigen Auswuchs im Nacken.
    Ghard, der sich ebenfalls einen gewaltigen Rucksack auf den Rücken geschnallt hatte, wischte sich immer wieder über die schweißnasse Stirn. Im Gegensatz zu Eineo war er ein eher schmächtiger Typ, doch er hatte vehement darauf bestanden, einen Teil der benötigten Ausrüstung zu tragen. Angech vermutete, dass er vor Iessa nicht als Schwächling dastehen wollte. Wenn dem so war, musste er nun mit den Konsequenzen leben.
    Yoel, das sechste und letzte Mitglied ihrer verschworenen Gemeinschaft, sprach selten, doch wenn er etwas sagte, dann hatte es Hand und Fuß. Er arbeitete als Datenanalyst bei einer der großen Bankhäuser im Mittelring, nach Angechs Auffassung ein ebenso schlecht bezahlter wie geisttötend langweiliger Job, doch Yoel schien ihn über alles zu lieben.
    Sie alle hatten sich während der regelmäßigen Treffen ihrer Meinigen kennengelernt und schnell gemerkt, dass sie trotz mancher Unterschiede grundsätzlich die gleichen Ansichten vertraten: Sie waren Freidenker.
    Die politische Lage auf Siron war bereits aufgeladen gewesen, als Angech noch als junger Mann in Torasao, einer kleinen Stadt im Süden der Großen Kraterplatte, Ingenieurwesen studiert hatte. Irgendwie gewöhnte man sich an die ständigen Spannungen, an die Drohgebärden und angriffslustigen Reden in den Abendnachrichten, auch wenn stets ein unangenehmes Gefühl zurückblieb. Lediglich Keless genoss aufgrund des Heiligtums eine gewisse Ausnahmestellung. Die Stadt galt sozusagen als Pufferzone zwischen den großen Machtblöcken, zumal sich der Rat offiziell zu einer dauerhaften Neutralität verpflichtet hatte. Nachdem die Heelon-Allianz im vergangenen Winter jedoch einen erfolgreichen Test mit zwei atomaren 50-Kilotonnen-Bomben absolviert und die Ergebnisse der Weltöffentlichkeit stolz auf mehreren Pressekonferenzen präsentiert hatte,

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