PR NEO 0044 – Countdown für Siron
hierbleiben, werden Sie sterben.«
Woher willst du das wissen?, dachte Bahroff. Woher, zum Teufel, willst du das wissen?
Die Zeit schien stillzustehen. Ihm war auf einmal trotz des Mantels kalt. Vielleicht sollte er es gleich hier und jetzt tun. Warum war er nur so unentschlossen? Warum fiel es ihm so schwer, einen klaren Gedanken zu fassen? War das eine weitere Auswirkung der Impulse des Zellaktivators?
Er spürte den prüfenden Blick Santeks. Der Ara beobachtete ihn. Er ahnte etwas! Als der Mediziner die rechte Hand in die Tasche seiner Jacke schob, reagierte Bahroff nicht. Er wollte etwas tun, die Waffe ziehen, sich wehren, doch stattdessen stand er einfach nur da. Wie gelähmt musste er zusehen, wie der Arzt die Hand langsam wieder aus der Jackentasche zog. Warum wartete Santek nicht, bis sie auf Aralon waren? Hatte ihn die Gier nach der Unsterblichkeit übermannt? Wollte er das Gerät hier und jetzt an sich bringen und dann mit der ALKHARA fliehen?
Fassungslos starrte Bahroff auf die Hand des Mediziners. Sie hielt keine Waffe, sondern eine dünne Plastikkarte. Der Ara schob die Karte in einen Schlitz des Kodeschlosses, und das Schott öffnete sich lautlos.
»Nun kommen Sie schon«, zischte Santek. »Wir haben nur noch eine knappe Minute.«
Stiqs Bahroff sah das Flimmern vor seinen Augen. Das durfte nicht wahr sein. Eine weitere Vision. Ausgerechnet jetzt.
Er zog den Strahler aus seinem Gürtel. Santek und er standen am Rand eines ausgedehnten Landefelds inmitten eines der großen Außenhangars des Geflechts. Vor ihnen ragten die Aufbauten eines Arafrachters in die Höhe. Die kupferfarbene Hülle des Schiffes war von unzähligen Kratzern und Schrammen übersät. Offenbar war die ALKHARA nicht mehr die Jüngste.
»Was ... was machen Sie da?« Santek hatte sich umgedreht. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Mündung des Strahlers. »Sind Sie wahnsinnig?«
»Ich ...«, setzte Bahroff an, brachte den Satz jedoch nicht zu Ende.
Tu es!, schrie es in ihm. Tu es jetzt, oder alles ist verloren!
Er sah den Ara auf sich zukommen, beide Arme nach vorn gestreckt. Der Hangar wich vor ihm zurück, und die Gebäude einer großen Stadt erschienen – zunächst nur als verschwommene Schemen, doch mit jeder verstreichenden Sekunde deutlicher werdend.
Bahroff schoss. Er hörte ein leises Zischen, dann ein Geräusch, als würde etwas Schweres und Weiches zu Boden fallen.
Der Halbarkonide sank auf die Knie. Die Zeit. Er hatte keine Zeit mehr. Mit letzter Kraft griff er sich in den Nacken, packte ein Büschel seines Federkleids, das er dort anstelle von Haaren trug, und riss es sich mit einem Ruck aus der Kopfhaut.
Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen, doch die Trugbilder verschwanden. Sein Blick klärte sich. Vor sich sah er den auf dem Hangarboden liegenden Santek. Der Waffenstrahl war auf Höhe des Herzens in die Brust des Mediziners eingedrungen. Er musste augenblicklich tot gewesen sein.
Bahroff packte den leblosen Santek unter den Achseln und zerrte ihn zu dem Schott zurück, das sie gerade erst passiert hatten. War die Minute bereits verstrichen? Nein, er hörte keine Sirenen. Wenn die Kameras wieder aktiv gewesen wären, hätte die Geflechtspositronik sofort Alarm ausgelöst. Er hatte also noch eine Chance.
Kalter Schweiß lief ihm über das Gesicht und in die Augen, als er den Ara durch das nach wie vor geöffnete Schott schleppte. Für einen dürren alten Mann war der Kerl erstaunlich schwer. Allerdings war Stiqs Bahroff auch alles andere als im Vollbesitz seiner Kräfte. Sein Nacken brannte wie das Feuer der Hölle. Der Zellaktivator auf seiner Brust schien zu pulsieren und sandte seine Impulse als hämmerndes Stakkato durch seinen Körper. Dennoch hatte Bahroff das Gefühl, jeden Moment das Bewusstsein zu verlieren.
Irgendwann hatte er es geschafft. Ein Druck auf das Kontaktfeld unter dem Kodeschloss, und das Schott fuhr zu. Minutenlang saß Stiqs Bahroff einfach nur da. Dann fiel sein Blick auf Santek. Der Kopf des Aras war zur Seite gerutscht, die gebrochenen Augen starrten ihn an.
Entschlossen beugte sich Bahroff nach vorn, schloss die Lider des Toten mit der flachen Hand und verständigte das Sicherheitspersonal.
»Das sind ausgesprochen bedauerliche Entwicklungen«, sagte Sergh da Teffron. Er wirkte äußerlich ruhig, doch Stiqs Bahroff kannte ihn lange und gut genug, um zu wissen, dass ihn sein Bericht aufgewühlt hatte. Seine Ahnung hatte ihn also nicht getrogen. Zwischen
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