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PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

Titel: PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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mulmig, als sie das kochende Etwas musterte, in das sie beinahe gefallen wäre. »Aber warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    »Ich habe es eben zum ersten Mal gespürt, als ich dich nicht erreichte und ... na ja, dich eben doch erreicht habe.« Sid lief los, den Hügel hoch. »Wir müssen weiter.«
    Gemeinsam erreichten sie die Kuppe, und auf der anderen Seite sahen sie Mirage.
    Das Mädchen lag auf dem Boden, und es wand sich wie eine Schlange. Das schwarze Haar hing ihm verdreckt und verschmiert ins Gesicht.
    »Mirage!«, rief Sue dem Kind entgegen. Wir helfen dir, hatte sie sagen wollen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken.
    Das Mädchen hatte den Mund zu einem lautlosen Schrei geöffnet, aber das Einzige, was Sue und Sid hörten, war ein Knacken und Knirschen. Es klang, als würden Mirage sämtliche Knochen im Leib zermalmt, doch die Geräusche entstanden nicht durch Verletzungen. Die Glieder des Kindes dehnten sich und wuchsen rasend schnell. Ihre Proportionen verschoben sich auf bizarre Weise, und die Haare hingen ihr immer länger um den Kopf. Die überlangen Nägel brachen ab, als Mirage sich am Boden wälzte.
    »Was ist das?«, fragte Sid.
    Sue sprach das Offensichtliche aus: »Sie ... altert.« Sue rannte los. »Ihre Fähigkeit schlägt auf sie selbst zurück! Sie kann es nicht stoppen!«
    Mirage wimmerte. Der Rücken streckte sich, dass die Wirbel krachten. Die Hüfte rundete sich, ihr wuchsen Brüste. Blut drang zwischen ihren Beinen hervor. Sie durchlebte einen normalerweise viele Jahre dauernden Alterungsprozess in rasender Geschwindigkeit.
    Sue warf sich neben der Mutantin auf den Boden, packte sie an der Schulter. Sie spürte ihre eigene Kraft stark in sich, und wenn sie auch kein Gott sein mochte, so war sie doch eine Heilerin. Sie schaute in den Körper hinein, in die Zellen, die sich explosiv teilten. Es war wie in einem gigantischen Kraftwerk aus Milliarden einzelner Teile. Sue wühlte sich tiefer bis zur eigentlichen Ursache für die anormale Veränderung. Sie fand die Entartung instinktiv, ohne dass sie beschreiben konnte, wonach sie konkret suchte. Sie musste nicht in die Parafähigkeit selbst eingreifen, sondern nur deren schädliche Auswirkung stoppen.
    Von da an war es nur noch ein einfacher Schritt, es zu beenden. Rückgängig machen konnte sie die bereits erfolgte Alterung allerdings nicht.
     
    Mirage lag gekrümmt auf dem Boden. Die Kleider hingen viel zu klein an ihr, der Hosensaum der extrem gedehnten Leggins war ebenso gerissen wie das Shirt, das als Fetzen über ihrem Oberkörper baumelte.
    Jeder, der sie ansah, musste sie für einen etwa sechzehn, vielleicht auch achtzehn Jahre alten Teenager halten, eine junge Frau in voller Blüte. Abgerissen und womöglich krank vor Erschöpfung, aber zweifellos wunderschön, mit einer perfekten Figur. Sie sagte kein Wort, als sie sich aufsetzte und an sich hinabschaute.
    Sue fragte sich, wie es wohl sein mochte, als Kleinkind traumatische Erlebnisse zu durchleiden und danach körperlich den Rest der Kindheit zu überspringen. Sie schauderte bei der Vorstellung. »Hol ihr irgendwelche Kleider«, bat sie Sid, setzte sich neben Mirage und sprach sie an.
    Aber das Mädchen – falls man es überhaupt noch so nennen durfte – reagierte nicht. Also legte Sue ihren Arm um Mirage und wartete stumm ab. Immerhin wehrte sie sich nicht dagegen.
    Sue kam der Gedanke, ob sie Mirage vielleicht heilen könnte, doch ihr wurde rasch klar, dass es keine Entartung der Zellen gab, denen sie etwas entgegenzusetzen hatte. Der Körper war lediglich gealtert, ein natürlicher Prozess, der viel zu schnell abgelaufen war. Die einzige Krankheit war wohl die, die ihre Psi-Gabe befallen hatte, und in dieser Hinsicht blieb Sue wie blind. Sie versuchte es, entdeckte jedoch auch bei Mirage keinen Ankerpunkt, an dem sie ansetzen könnte.
    So schauten die beiden zusammen ins Leere, und jede hing ihren Gedanken nach. Es gab nur noch wenig Licht, die Schatten weiteten sich abseits der Straßen und Wege immer mehr aus. Die Laternen auf dem Gelände brannten – ein seltsames Zugeständnis daran, dass nicht alles im Chaos versunken war. Dennoch wunderte es Sue, dass die zentrale Stromversorgung des Instituts bei all den Explosionen noch funktionierte.
    Einige Minuten später kam Sid zurück. Er hielt einen weißen Kittel, wohl aus einem der Labors entwendet. »War gar nicht so einfach, etwas zu finden«, meinte er. Den Blick heftete er wie magnetisch angezogen auf den

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