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PR NEO 0050 – Rhodans Weg

PR NEO 0050 – Rhodans Weg

Titel: PR NEO 0050 – Rhodans Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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den Helm auf.
    »Du bleibst hinter mir, Perry!«, zischte Deb. »Sieh mir genau zu – und bau keinen Mist. Du wirst noch gebraucht, Bruder!«
    Tin Can fuhr los, überquerte die abschüssige Wiese, schlug einen Haken und verschwand im Wald. Deb folgte ihm, dann Perry. Er war froh, hinten zu sein. Perry zitterte, konnte nur mit Mühe den Lenker halten. Er ging aus dem Sattel.
    Bleib locker!, ermahnte er sich in Gedanken. Beine nicht durchdrücken, sonst kannst du die Stöße nicht abfedern!
    Perry tauchte in den Wald ein. Dreißig Meter weiter fegte Tin Can wie ein glitzernder Ritter über den Trail. Sein Bike schluckte mühelos die Stöße, die Perry hart durchschüttelten.
    Perry kannte den Wald von Case Mountain beinahe so gut wie den Garten seines Elternhauses. Ihre Eltern hatten Deb und ihn von klein an auf Wanderungen dorthin mitgenommen. Später, als sein Vater den Laden verloren und nicht mehr gut zu ihm und Deb gewesen war, durchstreifte Perry den Wald auf eigene Faust. Anfangs zu Fuß, bald auf dem Bike. Der Gedanke hatte auf der Hand gelegen. Case Mountain war eines der ältesten Mountainbikerreviere in Connecticut. Trails zogen sich über seine Hänge wie Adern über einen Handrücken und verästelten sich. Laufend entstanden neue, ergaben sich neue Kombinationen. Die Bäume waren übersät mit farbigen Markierungen in unterschiedlichen Stadien des Ausbleichens.
    Auch Tin Can kannte die Trails – und er folgte zu Perrys Verwunderung dem orangenen. Ein Einsteigertrail. Perry hatte ihn schon oft gefahren, anfangs. Inzwischen war er ihm längst zu lasch geworden.
    Immerhin, Tin Can hatte Tempo drauf. Deb blieb dran. Und Perry an seiner Schwester. Der Knoten in seinem Magen löste sich, als sie Spitzkehre um Spitzkehre die Höhe abbauten. Tin Can war nicht so schlimm, wie man sagte. Und er würde es ihm zeigen!
    Dann, unmittelbar oberhalb der ersten Reihe von Häusern, die sich an den Hang schmiegten, stieg Tin Can in die Bremsen. Deb schrie spitz auf, rammte beinahe in ihn hinein. Tin Can machte mit dem stehenden Rad einen Hüpfer nach rechts und brach durch das Unterholz.
    Auf einem mit Moos bedeckten Fels hielt er an.
    Tin Can setzte den Helm ab. »Wie geht's der Hose, Knirps? Alles trocken?«
    Perry bekam keine Entgegnung heraus. Sein Magen drohte den Donut herauszuwürgen, den er in seinem Zimmer genascht hatte.
    »Hast du etwa gedacht, der Chicken Run wäre alles gewesen?« Tin Can stieg vom Rad, winkte dem Jungen zu. Perry folgte ihm wie in Trance. An der Felskante blieben sie stehen. Der Fels brach unvermittelt ab wie beim Tisch einer Skisprungschanze. Doch unter dem Fels wartete kein geglätteter, schneebedeckter Hang, sondern ein Geröllfeld ohne Neigung.
    »Schicker Drop, nicht?«, sagte Tin Can. »Drei Meter mindestens, schätze ich. Was meinst du, Knirps?«
    »Das ist nicht dein Ernst, Tin Can«, sagte Deb. Sie war bleich geworden.
    »Dein Bruder wollte mit uns biken, nicht?« Tin Can drehte sich um. »Simple Sache, das Ganze. Genug Anlauf, schön glatt – und ein Drop ist so ziemlich das Einfachste, was man sich vorstellen kann. Einfach nur den Lenker im richtigen Moment hochziehen. Na ja, und man muss sich trauen. Traust du dich, Knirps?« Tin Can musterte ihn herausfordernd.
    »Denk nicht mal dran, Perry«, sagte Deb. »Das ist Wahnsinn!«
    Sie hatte recht. Deb kannte sich mit Wahnsinn aus. Seit sich Perry erinnern konnte, hatte seine Schwester verrückte Dinge angestellt. Er sollte es lassen. Er war der Vernünftige.
    Aber da war dieses herausfordernde Glitzern in Tin Cans Augen, es förderte etwas in Perry zutage, dessen Existenz er nicht geahnt hatte.
    »Klar. Wenn du dich traust, Tin Can«, hörte er sich sagen.
    »Klar.«
    Tin Can ging zu seinem Bike, schob es den Hang hinauf, soweit es das dichter werdende Unterholz zuließ. Er senkte den Sattel ab, setzte den Helm auf und stieß sich ab. Er raste geduckt zwischen Perry und Deb durch. Kurz vor der Kante streckte er sich, riss den Lenker zu sich. Tin Can sprang. Einen Herzschlag später kam er im Geröllfeld auf. Der Dämpfer fing den Großteil der Wucht ab, trotzdem wäre er um ein Haar über den Lenker gegangen. Doch Tin Can fing sich ab. Er kam zum Stehen, riss sich den Helm vom Kopf und rief: »Jetzt du, Knirps!«
    Deb sah ihn flehend an. »Tu es nicht, Bruder. Du bist ein Dickkopf, ich weiß, aber sei kein Hohlkopf.«
    Perry konnte sie nur mit Mühe verstehen. Das Pochen seines Pulses überlagerte beinahe alle anderen Wahrnehmungen.

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