PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit
zu den meisten anderen Arkoniden ignorierten sie Rhodan nicht. Im Gegenteil: Sie wandten ihm – immerhin freundlich lächelnd – ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu. Rhodan hatte keine andere Wahl, als an den Tresen zu treten.
»Willkommen bei IPAR, Herr«, begrüßte ihn die junge Dame mit samtener Stimme. »Sind Sie in Ordnung? Sie sehen ein wenig ... derangiert aus.«
»Mir geht es gut«, sagte Rhodan. »Ich hatte lediglich einen kleinen ... Unfall ...«
»Benötigen Sie medizinische Hilfe?«, erkundigte sich der Partner der jungen Frau besorgt.
»Nein, nein«, gab Rhodan zurück und lächelte – wie er hoffte – beruhigend. »Es wäre allerdings schön, wenn ich Ihre ... äh, Waschräume benutzen könnte.«
»Aber selbstverständlich. Folgen Sie mir.«
Der Arkonide führte Rhodan durch einen breiten Flur in den hinteren Abschnitt des Gebäudes. Dort deutete er auf eine Schwingtür, auf der ein Schriftzeichen angebracht war, das Rhodan kannte. Es stand für das arkonidische Wort Arbtan , was nichts anderes als Mann bedeutete.
Die sanitären Anlagen erweckten einen ebenso schwelgerischen Eindruck wie die Vorhalle. Auch hier verströmten der mit silbernen Platten ausgelegte Boden, die weiße Decke und die verspiegelten Wände behagliches Licht.
Rhodan verlor keine Zeit. Auch wenn ihn das Pärchen mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt hatte, konnte er nicht sicher sein, was in den Köpfen der beiden Arkoniden vorging. Womöglich alarmierten sie in dieser Sekunde die Sicherheitskräfte.
Er war problemlos als Nichtarkonide zu erkennen, und ob ihm das Duo seine dünne Geschichte mit dem Unfall abgekauft hatte, durfte bezweifelt werden.
Rhodan trat an eines der wannengroßen Waschbecken heran, das sich schon bei seiner Annäherung automatisch mit kühlem, klarem Wasser füllte. Er brauchte nur wenige Minuten, um sich zu waschen, die zerzausten Haare in Ordnung zu bringen und seine zerrissene und fleckige Uniform wenigstens so weit herzurichten, dass er erst auf den zweiten Blick wie ein hergelaufener Bettler aussah.
Nach einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel trat er an die Schwingtür, öffnete sie einen Spalt, spähte hinaus – und zuckte erschrocken zurück!
Von seiner Position konnte er den Empfangstresen nicht sehen; dafür hatte er einen umso besseren Blick auf die beiden schwarz uniformierten Männer, die sich breitbeinig und mit vor die Brust gehaltenen Strahlengewehren auf der rechten Seite der Vorhalle platziert hatten.
6.
Das kann unmöglich dir gelten, zuckte es durch Rhodans Kopf. So schnell dürften selbst die Elitetruppen des Regenten nicht sein.
Vorsichtig ließ er die Schwingtür zurückgleiten und sah sich um. An den Waschbereich schlossen sich zwei weitere Räume an, die die entsprechenden Installationen für kleine und größere Geschäfte beherbergten. Er brauchte kaum zwei Minuten, um seine Umgebung gründlich zu untersuchen. Danach stand fest, dass es keinen zweiten Ausgang gab.
In seinem Kopf jagten sich die Gedanken. Er durfte das Gebäude keinesfalls durch den Haupteingang verlassen, solange die Uniformierten draußen warteten. Zwischen all den gut gekleideten Arkoniden fiele er sofort auf. Ein Abwarten war auch mit einem hohen Risiko verbunden. Womöglich plapperte das Pärchen am Empfang, oder der Mann kam zurück, um nach ihm zu sehen.
Er hob den Kopf – und bemerkte die flache Abdeckung, die sich in gut zwei Metern Höhe über ein Teilstück der Wand erstreckte.
Ein Lüftungsschacht?, dachte er und hätte beinahe laut gelacht. Das älteste Klischee der Welt, wenn es um die Flucht aus einem geschlossenen Raum geht. Das glaubt mir keiner, wenn ich es erzähle.
Die Ernüchterung kam nur Sekunden später, denn egal wie heftig er auch an der Abdeckung zerrte: Sie bewegte sich keinen Millimeter. Ohne passendes Werkzeug war da nichts zu machen.
Es half alles nichts – er musste es riskieren.
Einer der beiden Uniformierten drehte den Kopf, als Rhodan die Schwingtür aufstieß und den Waschraum verließ. Rhodan nickte ihm wie beiläufig zu und bewegte sich dann in Richtung Antigravschacht. Dabei schritt er nicht eilig aus, sondern bewegte sich langsam und gemächlich, gerade so, als hätte er alle Zeit der Welt.
Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass vier weitere Männer – allesamt in die auf Ghewanal verbreitete schwarze Soldatentracht gehüllt – vor dem Empfangstresen standen und auf das Arkonidenpärchen einredeten.
»... unmittelbar am IPAR-Trichter
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