PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit
sind offenbar Nachtseher wie irdische Katzen, schoss es durch Rhodans Kopf. Katzen besaßen in oder hinter der Netzhaut eine reflektierende Zellschicht, die das Licht ein zweites Mal durch die Retina leitete und so auch in der Dämmerung eine einwandfreie Sicht ermöglichte. Für Außenstehende sah es dann so aus, als würden die Augen leuchten.
»Der Raumhafen«, wiederholte Shy leise. »Bist du mit einem Raumschiff gekommen? Stimmt es, dass jedes Licht am Himmel ein Stern wie Artekh ist? Du bist kein Arkonide, nicht wahr? Kommst du von einer anderen Welt? Erzählst du mir ...«
»Shy, Shy!«, rief Rhodan und hob beide Arme. »Ich werde deine Fragen beantworten, aber zuerst brauche ich deine Hilfe. Du lebst hier, richtig? Du kennst alle Verstecke und Schleichwege, oder?«
»Natürlich«, bestätigte der Kleine. »Meine Geschwister und ich leben alle unter der Stadt. Die Arkoniden mögen uns nicht. Sie haben uns verboten, die Stadt zu betreten.« Bei den letzten Worten hatte Shy kurz den Kopf gesenkt, doch schon einen Lidschlag später stahl sich wieder ein Lächeln in sein Gesicht. »Das macht aber nichts«, sagte er. »So schön ist es hier oben auch wieder nicht.«
»Da bin ich völlig deiner Meinung, mein Freund.« Rhodan nickte. »Hör zu, ich würde mich gerne ein paar Stunden ausruhen. Vielleicht weißt du auch, wo ich etwas zu essen und zu trinken auftreiben kann.«
Der Missk war einen Schritt zurückgetreten und starrte sein Gegenüber mit offenem Mund an.
»Was ist los, Shy?«, fragte Rhodan. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
»Meinst du das wirklich?«, brachte der Weißhäutige zaghaft hervor. »Bist du ... mein Freund?«
Rhodan lächelte. »Aber ja«, sagte er dann. »Wenn du willst, bin ich sehr gerne dein Freund.«
8.
Als Sergh da Teffron in sein Quartier zurückkehrte, wusste er sofort, dass etwas nicht stimmte. Männer wie er entwickelten für so etwas einen sechsten Sinn – und oft genug hing sogar ihr Leben davon ab.
Die Parade war genauso verlaufen, wie es der Regent und seine Zeremonienmeisterin Ihin da Achran geplant hatten. Da Teffron kannte die Frau, die es von einer gewöhnlichen Palasthure bis zur Rudergängerin im Tross des Herrschers gebracht hatte, nur zu gut. Ihre Pfade hatten sich schon früh am Hof des damaligen Imperators gekreuzt. Zunächst war sie ihm sowohl als Gespielin wie auch als Verbündete im Dschungel der höfischen Ränkespiele sehr nützlich gewesen. Am Ende hatte er jedoch lernen müssen, dass auch sie nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht war, und die Enttäuschung darüber hatte tiefe Spuren hinterlassen; Spuren, die man nicht sah, die aber umso mehr schmerzten.
Ihin da Achran hatte ihre gerechte Strafe erhalten – und ihm bittere Rache geschworen. Es nötigte ihm ein gutes Maß an Bewunderung ab, dass sie über die Jahrzehnte in eine Position gelangt war, in der sie ihm gefährlich werden konnte.
Sergh da Teffron betrat den großen Wohnbereich, dessen Fenster auf den Platz des Glanzes blickten. Irrte er sich? Spielten ihm seine überreizten Nerven einen Streich? Der für die Verhältnisse eines Militärstützpunkts verschwenderisch ausgestattete Raum lag still und leer vor ihm, doch seine Unruhe wollte sich nicht legen.
Die Hand des Regenten war sich nicht sicher, wie es nun weitergehen sollte. Das Imperium stand vor einem Krieg, der tief greifende Veränderungen mit sich bringen würde. Nicht nur für die Arkoniden, sondern für alle Zivilisationen, die unter dem Schutz des Sternenreichs wuchsen und gediehen. Im Angesicht einer so elementaren Bedrohung, wie sie die Methans zwangsläufig darstellten, musste jeder Opfer bringen, musste jeder seinen Teil zur Abwendung der Gefahr beitragen. Das würde naturgemäß Widerstand provozieren, denn beileibe nicht jeder war sich der wahren Größe des Imperiums sowie des Maßes an Respekt und Dankbarkeit bewusst, das er ihm schuldete.
Sergh da Teffron selbst sah diesen Entwicklungen mit großer innerer Aufregung entgegen, auch wenn das Schicksal mit ihm persönlich eher rüde umgesprungen war. Immerhin schien ihm der Regent die Misserfolge der letzten Wochen nicht nachzutragen. Selbst wenn man in Betracht zog, dass dessen Handeln nicht unbedingt im Einklang mit seinem Denken stehen musste, glaubte da Teffron, dass er zunächst erst einmal frei atmen konnte. Der Regent hatte keinen Grund, an der Loyalität seiner Hand zu zweifeln. Die Kriegsvorbereitungen würden zahlreiche Kritiker auf den Plan rufen, und
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