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PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

Titel: PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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schaute er sich um. »Da drüben!«
    In etwa dreißig Metern Entfernung erstreckte sich eine schmale Hängebrücke im Zwielicht über die Schlucht. Es war der einzige Weg, der von diesem Vorsprung wegführte – abgesehen von dem, über den wir gekommen waren. Wir rannten los, doch ehe wir die Brücke erreichten, hatten die Flugapparate uns erreicht und schnitten uns den Weg ab.
    Sie erinnerten tatsächlich an Helikopter, jedoch bestanden sie fast nur aus offenem Gestänge, mit einer großen Glaskuppel in der Mitte und Stummelschwingen links und rechts, dass sie wie zyklopenhafte Fliegen aussahen. Ich konnte nicht erkennen, was die Rotoren antrieb, bemerkte nur das wirbelnde Auf und Ab glänzender Bolzen.
    Der erste Apparat setzte zwischen uns und der Brücke auf, der andere blieb mangels Platz in der Luft hängen, richtete aber eine dicke Waffe unter dem Bug auf uns, die mich an die Gatling Guns des Wilden Westens erinnerte. Ich meinte das leise Klicken von Zahnrädern zu hören.
    Dann klappte die Kuppel des gelandeten Fluggeräts auf, und heraus kletterte ein kleines Wesen, das nun auf den Felsen sprang und auf uns zustolzierte. Es war nicht viel größer als ein Kind und hielt eine Art Revolver auf uns gerichtet. Etwas stimmte nicht mit seinem Gesicht.
    »Ruhig, Herr!«, sagte Rico, als hätte ich und nicht er gerade fast den Verstand verloren, und nahm mich am Arm. Das kleine Wesen ließ er nicht aus den Augen.
    Als es näher trat, sah ich im Schein der großen Monde auch, was mich an seinem Gesicht gestört hatte: Es bestand nur aus einer konturlosen Fläche. Die Gesichtszüge wirkten wie aufgemalt, so als trüge das Wesen eine Maske oder wäre aus Holz geschnitzt.
    Doch als es dann sprach, bewegte sich sein Mund, steif und ungelenk ... wie bei einer Puppe. »Wir hatten Callibso erwartet.«
    Der Name sagte mir nichts. Bevor ich aber etwas erwidern konnte, antwortete Rico: »Callibso wird sehr bald eintreffen. Er hat uns vorausgeschickt.«
    Bei diesen Worten weiteten sich die Augen des Wesens. Sie blieben perfekt kreisförmig und völlig schwarz dabei und wirkten erschreckend leblos. Dann wurden sie wieder kleiner. »Wir werden sehen, ob ihr die Wahrheit gesagt habt, wenn er eintrifft. Bis dahin könnt ihr bleiben. Folgt uns!«
    Und mit diesen Worten eskortierte es uns an seinem Fluggerät vorbei auf die Brücke. Das andere mechanische Insekt gaukelte weiterhin in der Luft und hielt seinen mehrläufigen Stachel auf uns gerichtet.
    »Spiel mit, Herr!«, flüsterte Rico zerknirscht. »Für den Moment ist das unsere beste Option.«
    »Für den Moment?«
    »Es wird sich eine Möglichkeit bieten. Vertrau mir!«
    Wir betraten die schwankende Brücke. Sie hatte eine Länge von über hundert Metern und führte zu einem größeren Vorsprung auf der anderen Seite, jenseits dessen, wie ich nun sah, sich mehrere kleine Gebäude an den Hang schmiegten.
    Die Schlucht erinnerte mich an die großen Canyons des nordamerikanischen Kontinents. Sie bestand aus Sand- und anderen Sedimentgesteinen, die im Licht der silbrig rötlichen Monde die verschiedensten Schattierungen von Anthrazit bis Burgunder aufwiesen.
    Auf der anderen Seite nahmen uns mehrere der kleinen Wesen in Empfang. Sie trugen farbenfrohe Hosen und Westen und einfaches Schuhwerk und hätten sich, abgesehen von ihrer Größe, mühelos unter die Bewohner einer beliebigen Stadt des europäischen Mittelalters mischen können – wären da nicht die starren, künstlichen Gesichter und die steifen Bewegungen gewesen, die mir von Minute zu Minute unheimlicher wurden. Waren es Apparate? Roboter? Doch ihre Hände schienen aus Fleisch und Blut zu sein, ihre Kleider handgeschneidert ...
    Die meisten von ihnen trugen nur Mistgabeln und Fackeln mit sich, doch ich sah auch einige messingglänzende Projektilwaffen mit teils abenteuerlichen Aufbauten und Fadenkreuzen. Und trotz ihres offensichtlichen Misstrauens und ihrer Feindseligkeit konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie sich über unser Eintreffen freuten, so als hätten sie nur auf etwas Abwechslung gewartet.
    Sie nahmen uns in ihre Mitte. Mit einem skeptischen Blick zu Rico ließ ich es zu. Du kannst ihm nicht trauen, sagte mein Logiksektor. Aber er weiß anscheinend mehr über diesen Ort und ist über diese Entwicklung genauso wenig erfreut wie du. Wenn er also der Meinung ist, ihr solltet euch einstweilen nicht widersetzen, dann folge seinem Rat.
    Die Menge führte uns vom Vorsprung an den Gebäuden vorbei

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