PR NEO 0055 – Planet der Stürme
es sie doch. War da Kirtol auf sie aufmerksam geworden und floh deswegen? Ausgeschlossen.
Julef überholte einen schmal geschnittenen, gepanzerten Kleinwagen, dass das Wasser aufspritzte. Obwohl sich in der Fahrbahn Löcher befanden, die den Regen nach unten hin ablaufen ließen, standen die Pfützen knöchelhoch. »Vielleicht hat es mit der Rede zu tun. Die Ansprache des Regenten. Sie ist das Gesprächsthema in Iringtai.«
Ageare hatte sich die Rede angehört, wusste jedoch bisher nicht, wie sie die Ankündigung des Regenten und das Ausrufen des Kriegsrechts einordnen sollte. Sie wollte sich keine Angst einjagen lassen, wenn es vielleicht um ein politisches Kalkül ging. Warum der Regent die Rechte der Aras und der Mehandor genau zu diesem Zeitpunkt beschneiden wollte, stellte für sie kein großes Rätsel dar.
Der Regent wollte mehr Macht, sich endlich zum Imperator krönen und seinen Nachkommen ein ganzes Sternenreich vererben. Wie fädelte man das besser ein, als eine alte Bedrohung wieder zum Leben zu erwecken und sich selbst als den Retter des Imperiums zu präsentieren?
»Sie glauben, da Kirtol hat etwas zu verbergen?«
Julef konzentrierte sich auf die Fahrbahn. »Wer auf Thersunt hat das nicht?«
»Und was verbergen Sie?«, fragte Tineriaan von hinten.
Ageare hob das Handgelenk leicht an, dass auch Tineriaan im Laderaum da Kirtols Vorsprung erkennen konnte. »Schneller! Wenn er den Planeten verlässt, müssen wir unbedingt vorher mit ihm reden. Vielleicht verkauft er uns sein Geheimnis, wenn wir genug bieten.«
Tineriaans Feueraugen warfen ihr einen bewundernden Blick zu.
Ageare lächelte. Im Improvisieren und bei einer Notlüge war sie schon immer eine Meisterin gewesen.
Julef beschleunigte, dass der Motorenlärm durch die dicke Panzerung drang. Sie rasten auf der Straße dahin. Der Regen wurde stärker und prasselte auf die Frontscheibe. Der Wind nahm zu, doch der schwere Wagen trotzte den Gewalten mühelos. Irgendwo in der Ferne über den Senkgraswäldern zuckte ein weit verästelter Blitz.
Sie hatten den Raumhafen fast erreicht, da zeigte Tineriaan auf die graue Wolkendecke. »Es landen Beiboote! Viele!«
»Die Methans?«, fragte Julef alarmiert.
Er sah so wächsern im Gesicht aus, dass Ageare sich bereit machte, im Notfall in die Fahrzeugkontrolle einzugreifen.
»Nein. Die würden nicht landen, sondern das Feuer aus dem Orbit eröffnen. Das sind welche vom Imperium. Militär, nehme ich an. Sie müssen einen Flottenverband im All stehen haben. Sieht so aus, als wären die ersten Schiffe schon gelandet.«
Das verkomplizierte alles. Es erklärte, warum da Kirtol plötzlich fliehen wollte. Irgendjemand musste ihn gewarnt haben. Aber warum besetzte der Regent Thersunt? Wegen der strategisch günstigen Lage? Oder ließ er alle Marginalwelten innerhalb des Imperiums überprüfen, vielleicht sogar unter Aufsicht stellen? Was für ein riesiger logistischer Aufwand ...
»Da kommt eine Straßensperre.« Julef fuhr langsamer. Er klammerte die Finger um die halbmondförmige Lenkstange.
»Biegen Sie ab!«
Julef hielt genau auf die Straßensperre zu, obwohl er die Möglichkeit hatte, eine Ausfahrt zu nehmen. Schon kamen sie der abzweigenden Spur gefährlich nah. Sie würden daran vorbeischießen.
Ageare richtete sich im Sitz auf. »Übergeordnete Sprachkontrolle! Rechts abbiegen!«
Die Fahrzeugpositronik gehorchte im letzten Moment, bremste, dass es Ageare in das Haltefeld presste, und lenkte den Wagen auf die abzweigende Fahrbahn.
»Was ...« Überrumpelt starrte Julef zu Ageare. »Sie machen mich zum Fahrschüler in meinem eigenen Farunk?«
Ageare lächelte entschuldigend. Sie überließ die Dinge ungern dem Zufall. »Wir mussten der Kontrolle ausweichen.«
»Sie haben mein Fahrzeug manipuliert?«
»Ja. Nachdem ich es nach Waffen und unzulässigen Mechanismen durchsucht habe. Sie haben es doch selbst gesagt: Auf Thersunt muss man aufpassen, an wen man gerät. Es hätte ja sein können, dass Sie versuchen, mich und Tineriaan zu entführen, um Lösegeld zu fordern. Es gibt Raubüberfälle, bei denen die Fahrer Gas in ihr Fahrzeug leiten, gegen das sie sich schützen.«
»Wer ist so lebensmüde, einen Naat ...«
»Da vorn!« Aufgeregt streckte Tineriaan den Arm aus. »Ein Weg zum Raumhafen!«
Vor ihnen zweigte ein Weg von der Straße ab, der von der erhöhten Lage hinunterführte und sich rasch in eine Schlammbahn verwandelte.
Julef zögerte. »Wir könnten einstürzen. Die Wurzelhöhlen
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