PR NEO 0055 – Planet der Stürme
zur Wartehalle.
Im Raumhafen herrschte ungewöhnlich viel Betrieb. Die Atmosphäre erschien Epherem angespannt, sowohl aufseiten der Sicherheitsmitarbeiter als auch auf der der Passagiere. War die Nachricht von der Ankunft eines Flottenverbands durchgesickert? Hatten andere genau wie er Warnungen erhalten? Das wäre nicht verwunderlich.
Thersunt gehörte den Glücksrittern und Ausgestoßenen, den Randsubjekten der Gesellschaft, die zusammenhielten. Selbst Mörder und andere Schwerverbrecher versteckten sich auf der Welt der Stürme, doch die kleineren Ganoven machten um sie einen weiten Bogen, wenn sie sie erkannten.
Die Wartehalle war zur Hälfte gefüllt. Sie sah so schäbig und notdürftig aus wie der Rest des Gebäudes: schiefer Boden, vernarbte graue Wände, verfärbte, zerschlissene Formschaumpolster.
Die GARTIHNK-NAHK würde das nächste Schiff sein, das abflog. Durch die Glassitkuppel konnte Epherem die Walze in der Nähe einer Sturmwarnanlage am Boden liegen sehen. Sie maß mit gut zweihundert Metern weniger als die meisten Mehandorraumer. Gerade wurden erste Container verladen.
Eine Halbarkonidin streichelte fahrig über den Kopf ihres vielleicht vier Jahre alten Sohns. Sie war ausgesprochen attraktiv, hatte volles braunes Haar und eine üppige Figur. Ein Leberfleck auf ihrer Stirn fiel Epherem auf. Er erinnerte ihn an den Fleck, den die Xirdorforscherin Ageare auf dem Kinn hatte. Eine kleine Pigmentstörung, über die die Ara vermutlich nicht einmal groß nachdachte.
Epherem starrte die Halbarkonidin an und spekulierte unwillkürlich über ihre Geschichte. War sie eine Harink'Tur? Eine unwürdige Mutter, die mit ihrem Kind geflohen war, weil der arkonidische, adelige Vater zwar das Kind, aber nicht die Gespielin, die es ihm gezeugt hatte, in seinem Khasurn haben wollte?
Stellte die Flotte Thersunt unter ihre Kontrolle, drohte allen geflohenen Verbrechern die Bestrafung. Für eine solche Frau wäre es wohl das Schlimmste, ihr Kind niemals wiederzusehen. Für das Kind dagegen hätte es Reichtum und eine glorreiche Zukunft bedeutet, in der beruflich jede Tür offen stand.
Sein eigener Bruder war der Sohn einer Harink'Tur, doch für Epherem spielte das keine Rolle. Wenn der Vater es akzeptierte, war das Kind gleichgestellt. Dasselbe galt für eine Mutter, die ihr minderwertiges Kind annahm und den rangniedrigeren Vater verstieß.
Epherem überlegte, die Frau anzusprechen, und schreckte dann doch zurück.
Die Angst kroch in ihm hoch, gewann an Raum. Gewaltsam kämpfte Epherem sie nieder.
Er kniff die Augen zusammen und starrte hinaus in den schwefelgelben Himmel über der Mehandorwalze. Helle Lichter blinkten in der Wolkendecke. Erst waren es einige wenige, dann nahmen sie rasch zu wie ein Schwarm Blutfliegen, die Nahrung gerochen hatten. Beiboote. Ihr Strom riss nicht ab. Mit jeder Minute tauchten neue Flimmerpunkte auf.
Unten auf dem Boden leuchteten Positionssignale. Der Raumlaser wechselte auf Gelb. Sein strahlendes Licht schnitt wie ein Messer kilometerhoch in den Himmel. Eine Landung war möglich.
Noch befanden sie sich in der Luft.
Eine Durchsage ließ Epherem aufhorchen. »Verehrte Fluggäste, bitte haben Sie Verständnis, dass sich die Abflüge um eine unbestimmte Zeit verschieben. Es werden einige Landungen vorgezogen. Wir bitten Sie, in den Wartesälen zu bleiben, bis Sie zum Einstieg aufgerufen werden.«
Er war zu spät geflohen. Als ehemaliger Soldat kannte Epherem die Taktik, mit der das Militär vorging. Man würde die Fluggäste nach einer Wartezeit zwar an Bord lassen, aber abfliegen würden die Schiffe nicht, ehe jeder Einzelne genauestens überprüft worden war.
Die Halbarkonidin mit dem Kind wandte sich nervös zur Tür. Sie zog den Jungen mit sich, der zu weinen anfing. Auch andere Gäste wurden unruhig. Wenn er die Wartehalle verlassen wollte, dann sofort. Das Erste, was die ankommenden Schiffe tun würden, war, Soldaten auszuspeien. Vorwiegend Naats. Und die würden den Raumhafen abriegeln.
Ihm blieb keine andere Wahl. Er musste in die Wälder fliehen und sich dort verstecken.
Das bedeutete Plan B.
Epherem verließ unbehelligt die Wartehalle und ging mit raschen Schritten zu einem der oberirdischen Ausgänge. Ein Sicherheitsmitarbeiter stellte sich ihm in den Weg. Auf dem Namensschild las Epherem: Sektan da Istinur.
»Ich habe es eilig«, sagte Epherem mit barscher Stimme. »Gehen Sie mir aus dem Weg!«
»Personenkontrolle.«
»Ich bin Farmer und will zu meiner
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