PR Odyssee 03 - Das Energie-Riff
»Irgendwie total quappig. Gefällt mir nicht. Um welche unglückliche Welt soll diese Hässlichkeit kreiseln?«
»Um einen würdigen Planeten im Schwarm.« Seine Arme schlenkerten mit dem gelbgrün marmorierten Pullover; ein häßliches, viel zu weites Kleidungsstück, das niemals in Mode gewesen war. »An prominenter Stelle. Im Glanz reifer Sonnen.«
»Und wer soll ausgerechnet dir einen Mond schenken?« Shimmi duckte sich, als eine Bewegung von Quarts Bauch die Brille am Halsband in ihre Richtung wirbeln ließ.
»Ein Planetenvolk, das meine Kunst würdigt - nicht wie du. Du verstehst nichts von Skulpturen; dafür bist du noch zu jung.« »Das wird’s sein.«
Shimmi begann wieder die Katze zu kraulen, grinste Quart ins Gesicht und gähnte. Ihre Haare standen in vielen kleinen Spitzen ab und rochen unziemlich. Quart Homphe blickte mit allergie-tränenden Augen aus seiner Höhe von fast zwei Metern in den Katzenkorb und schüttelte sich. Die türkisblaue Schikago säugte ihre blinden Jungen. Widerliches Katzenvieh! Er drehte sich um, nieste ausdauernd und stapfte an seinen Platz zurück. Shimmi verstand, was er murmelte: »Niemand versteht mich. Und in dieser abstrus fernen Zukunft finde ich auch niemanden, der mich versteht.« Homphe zuckte mit den Achseln. Er fühlte sich eingesperrt, unterfordert, maßlos gelangweilt. Die weiten rötlichen, grünen und wasserblauen Landschaften des Mars, in denen seine Skulpturen stehen sollten - sie waren seit dem Tag ihres Kidnappings in der Vergangenheit verschwunden. Die anderen waren auch eingesperrt: Bull, Fran Imith, Shimmi, Pratton Allgame, der Angeber, aber er, Homphe, litt am meisten darunter. Wahrscheinlich schlug dieses Gefühl so stark auf seine Psyche ein, dass er kurzsichtig wurde.
Er tastete nach seiner Brille und blickte prüfend, mit dem unbestechlichen Auge des Künstlers, das Hologramm über seinem Platz an, das sich langsam drehte und die Gesichter wechselte. Ein wahres Meisterstück, obwohl ja eigentlich holografische Installationen seine
Stärke waren. Aber so sehr er darüber nachdachte, fiel ihm nicht die geringste Möglichkeit ein, dieser kulturlosen Galaxis die Kunst, seine Kunst, nahezubringen. Die Vorstellung, mit dem leuchtenden Hologramm durch das dunkle Schiff zu laufen und in einer Sprache, die den Quochten ebenso fremd war wie eine Mondskulptur, für seine Kunst zu werben, war grotesk. Undurchführbar. Er würde nur verständnisloses Knurren ernten. Was bleibt mir?
Quart Homphes kritische Künstleraugen prüften das Modell, das sich in der Scheibe spiegelte. Er stellte es sich vieltausendfach größer vor und von einer Schwarmsonne angeleuchtet; welch ein einmaliges, begeisterndes Kunstwerk! Sein Kunstwerk! Alle Völker des Schwarms würden es bewundern!
*
Der Raumschiff-Wassermeister Oah Qongh begann sich zu fürchten. Vor sich selbst, der Auflösung seiner Persönlichkeit. Vor den Holo-Bildern, die er überall im Schiff sah: Sie zeigten den offenen, weiten Weltraum. Vor der Auflösung von Wänden, Boden und Decke, die ihn herausfallen lassen würde auf einen großen, weiten, hellen Platz.
Er kannte keinen quochtischen Begriff dafür. Als sich der Terraner mit einem Offizier in gelber Uniform unterhalten hatte, verstand er, dass sie über die Quochten-Furcht gesprochen hatten; über Agoraphobie. Der
Druck, der auf Oah Qonghs Verstand lastete, wurde mit jedem weiteren Linearsprung unerträglicher.
Als Wassermeister war er an keinen festen Arbeitsplatz in der QUORISH gebunden. Im Gegenteil, sein Tätigkeitsfeld umfasste nahezu sämtliche Verbindungen aller Hohlräume. Er hatte für die einwandfreie Funktion sämtlicher Räume und die Bewohnbarkeit aller Quartiere und Höhlungen zu sorgen. Und als er entdeckte, dass kurz nach dem Start ein Feuchtner-Rohrsystem samt allen Sprühern abgedrosselt worden war, hatte ihn der Vorgang alarmiert. Dem Rohrgefüge folgend war er in den Haupthangar geraten, in dem der große silberne Kasten eingeschleust und festgeklammert worden war.
Ein festes, starkes Behältnis in einem Höhlenraum, der sich innerhalb der schützenden Umhüllung des Schiffs befand. Dreifacher Schutz! Könnte er sich dorthin zurückziehen, würde der Außendruck von ihm weichen. Druck und Gegendruck, gleiche Wasserstände in miteinander verbundenen Systemen! Die innere Kondition, die sich gegen den Außendruck stemmte, weichte mit jedem weiteren Linearmanöver auf. Er fühlte sich wie ein Präparat in einem Druckkessel - von
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